Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck
fürchte ich.« Sie sah den Sergeant nervös an. Dann ging sie zum Sideboard und nahm ein Album heraus. »Wozu brauchen sie das?«
»Es würde uns bei den Ermittlungen helfen, Mrs. Leathers.«
»Hat das was mit den ganzen Autos drüben am Dorfanger zu tun?«, fragte Pauline.
»Das ist das Neueste.« Mrs. Leathers reichte dem Sergeant ein Foto von einem cholerisch aussehenden kleinen Mann, der finster in die Kamera blickte. Er hatte eine Schrotflinte in der Hand, und zu seinen Füßen lagen mehrere tote Vögel. »Ist ungefähr acht Jahre her.«
»Danke.« Der Sergeant steckte das Foto in seine Brieftasche.
»Ich hab Sie was gefragt«, sagte Pauline.
»Ja, das hat damit zu tun.« Es hatte keinen Sinn, es zu leugnen. Vermutlich hatte das halbe Dorf gesehen, wie die Bahre aus dem Wald getragen wurde. Die nächsten Worte wählte der Sergeant mit Bedacht. »Wir haben nämlich im Wald die Leiche eines Mannes gefunden. Wer er ist und wie er gestorben ist, können wir im Augenblick noch nicht sagen.«
Mrs. Leathers versuchte zu sprechen, doch ihre Lippen waren plötzlich ganz starr. Sie bekam kein Wort heraus. Sie starrte Pauline an, die nach ihrer Hand griff und sie fest drückte.
»Ich bring sie zur Tür, Mum. Bin gleich zurück.« Im Eingang sagte sie: »Er ist's doch, oder?«
»Wir sind uns noch nicht ganz ...«
»Dann sollten wir uns also nicht zu früh freuen, was? Nur mal die Daumen drücken.«
»Wie bitte?«, sagte die Polizistin.
»So wie der Scheißkerl ihr das Leben zur Hölle gemacht hat. Ehrlich gesagt, ich hätt es selbst schon vor Jahren getan, wenn ich geglaubt hätte, ungeschoren davonzukommen.«
Valentine und Louise aßen auf der oberen Etage ihres Kristallpalastes zu Abend. Das Haus war äußerst flexibel, es war fast überall möglich, zu speisen oder zu schlafen.
Betten gab es in allen Räumen, schmale Diwane mit bunten Tagesdecken aus Seide oder Fell. Die Küche war im Erdge-schoss auf einer Ebene mit der Garage. Manchmal aßen sie dort. Doch häufiger benutzten sie den Speiseaufzug, ein eleganter beheizter Kubus aus Edelstahl, der an schwarzen Gummikabeln hing. Dieser glitt geschmeidig in einem durchsichtigen Schacht auf und ab, der wie ein mächtiger Obelisk im Zentrum des Hauses emporragte.
An den meisten Tagen kochten sie gemeinsam, doch heute hatte Valentine soviel Zeit damit verbracht, sich um Mrs. Leathers zu kümmern, dass Louise eingekauft und das Essen vorbereitet hatte. Es gab Perlhuhn in Weißwein mit Kroketten und Kressesalat. Als Nachtisch gebratene Pfirsiche mit Amaretto und selbst gebackenen Löffelbiskuits. Der Wein war ein Riesling von Kesselstatt.
Normalerweise plätscherte die Unterhaltung locker dahin, man plauderte über Bücher, Musik und Theater. Manchmal wurde ein wenig über abwesende Freunde gelästert. Früher, bevor beide durch das eigene Unglück etwas nachsichtiger gestimmt worden waren, wurden solche Freunde gnadenlos niedergemacht.
Manchmal redete Val über seine Arbeit, doch das kam recht selten vor. Barley Roscoe, der Junge, mit dem Val sein Vermögen gemacht hatte, war erst sieben, und folglich waren seine täglichen Erlebnisse, obwohl viel phantastischer und abenteuerlicher als die eines durchschnittlichen Kindes in diesem Alter, kein Thema für eine längere Unterhaltung unter Erwachsenen.
Doch an diesem Abend ließen sich Val und Louise wie alle anderen im Dorf (außer den Lawrences) über den grausigen Fund im Carter's Wood aus. Und wie alle anderen waren auch sie davon überzeugt, dass es sich bei dem Toten um Charlie Leathers handelte.
»Erstens wird er vermisst.« Valentine zählte die einzelnen Punkte an den Fingern ab. »Zweitens wurde sein Hund übel zugerichtet ganz in der Nähe gefunden. Und drittens kann ihn absolut niemand leiden.«
»Jemanden nicht leiden können ist doch kein Grund ...«
»So was Lästiges. Jetzt müssen wir auch noch jemand anderen für den Garten finden.«
»Er kommt - kam doch nur ein paar Stunden pro Woche. Das kann ich auch noch schaffen. Im Pfarrhaus werden sie es viel stärker spüren. Da fällt mir ein ...« Sie erzählte Valentine von ihrer gestrigen Begegnung mit Ann, wo sie über Carlottas Verschwinden gesprochen hatten.
»Völlig undenkbar, dass sie bloß wegen eines Streits so fertig war. Sie schlotterte am ganzen Leib - und konnte kaum sprechen.«
»Vielleicht hat sie Charlie abgemurkst.«
»Das ist
Weitere Kostenlose Bücher