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Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Titel: Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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nicht besonders lustig, Val.«
      »Mord soll ja auch nicht lustig sein.«
      »Sondern wohl eher ...«
      Louise verstummte, merkte aber sofort, dass es zu spät war. Sie hätte nachdenken sollen, bevor sie die Worte aussprach. Und dabei war sie die ganze Zeit so vorsichtig gewesen. Hatte jedes Wort auf die Goldwaage gelegt. Seit jenem Abend vor einigen Monaten, als sie zum ersten Mal zu dem fraglichen Thema ihre Meinung gesagt und Val dann mit seiner Meinung gekontert hatte und offenkundig wurde, dass sie sich in diesem Punkt niemals würden einigen können. Sie hatte ihren Bruder noch nie so erlebt wie in jenem Augenblick. Er führte sich auf wie ein Besessener. Was er natürlich auch war. »Sondern wohl eher?«
      Die Worte trafen sie wie Peitschenhiebe mitten ins Herz. »Es tut mir Leid, Val.«
      »Ein einziger Fehler, und dafür soll er den Rest seines Lebens büßen, ist es das?« Er stand auf, nahm seine Lederjacke von der Stuhllehne, fuhr mit einem Arm hinein und warf sich die Jacke über die andere Schulter.
      »Tu's nicht!« Sie lief um den Tisch. Nachdem der Schaden einmal angerichtet war, achtete sie nicht mehr darauf, was sie sagte. »Geh nicht da rüber. Bitte. »
      »Ich gehe, wohin ich will.« Er lief die gewundene gläserne Treppe hinunter. Unten drehte er sich noch einmal um und starrte zu ihr hinauf. Sein Gesicht war ziemlich ausdruckslos, doch die Augen glühten. »Wenn du nichts weiter kannst als den einzigen Menschen zu kritisieren, der mir das Leben lebenswert macht, dann schlage ich vor, du solltest dir dafür einen anderen Ort suchen.«
     
    Natürlich hatte jemand im alten Pfarrhaus angerufen. Die Anruferin schien zu glauben, dass Lionel Lawrence, den sie penetrant mit »Ehrwürden« anredete, in seiner Rolle als »Vertreter unseres Herrn, der Trost und Kraft spendet« doch sicher Mrs. Leathers besuchen wolle.
      Überhaupt war zu Lionels großem Verdruss die allgemeine Meinung im Dorf offenbar, einmal Geistlicher, immer Geistlicher. Er wurde immer noch häufig als Pfarrer angesprochen und von Zeit zu Zeit um Hilfe in schwierigen Situationen gebeten, mit denen er seiner Meinung nach absolut nichts zu tun hatte. Er lehnte das stets ab, doch die Leute konnten sehr, manchmal sogar unangenehm hartnäckig sein. Im vorliegenden Fall fühlte sich Lionel nach ein paar vorsichtigen Fragen geradezu verpflichtet abzulehnen. Anscheinend war die Leiche noch nicht mal eindeutig identifiziert worden. Lionel war nicht leicht in Verlegenheit zu bringen, doch einer Witwe Trost zu spenden, deren Mann jeden Augenblick den Kopf durch die Tür stecken könnte, das war selbst ihm zuviel.
      Seine Hauptsorge galt im Augenblick seiner Frau. Als er ihr von dem Vorfall erzählte, hatte Ann zutiefst verstört reagiert. Sie sprang auf, packte ihn am Arm und fragte immer wieder, wo der Tote gefunden worden sei und wann genau das alles passiert wäre. Sie geriet in einen fiebrigen Zustand, starrte wild um sich, und ihre Haut fühlte sich so heiß an, dass er vorschlug, den Arzt zu rufen. Daraufhin hatte sie sich etwas beruhigt. Oder zumindest so getan. Er sah, wie sie sich bemühte, ruhiger zu wirken, doch ihr angsterfüllter Blick irrte nervös durch den Raum.
      Schließlich konnte er sie überreden, ins Bett zu gehen. Darauf begab er sich in sein Arbeitszimmer, legte sorgsam einige Apfelholzscheite auf das Feuer und vertiefte sich in die Briefe des Paulus. Doch seine Gedanken schweiften schon bald wieder zu dem, was er den ganzen Tag über gemacht hatte, und er fragte sich zum tausendsten Mal, wo Carlotta jetzt sein mochte und was sie wohl tat. Hatte sie sich nach London abgesetzt und war dort unter die Räuber gefallen? Hatte sie zu trampen versucht und war an einen Mann geraten, der junge Mädchen missbrauchte? Lag sie in diesem Moment etwa leblos irgendwo im Gebüsch, die Kleider zerrissen, den Rock über den Kopf...
      Lionel stöhnte entsetzt auf über die lebhafte Vorstellung, die diese Überlegung auslöste, und drehte seinen knallroten Kopf vom Feuer weg. Dann wandte er sich sichererem Terrain zu und dachte über die Zeit nach, die das Mädchen in seinem Haus verbracht hatte. Über die Gespräche, die sie während ihrer Spaziergänge im Garten geführt hatten oder in dem absoluten Chaos ihres Zimmers. Er hatte seiner väterlichen Besorgnis freien Lauf gelassen, und die nach Zuwendung lechzende Carlotta hatte sein Mitgefühl gierig wie ein Schwamm aufgesogen. All you need is love -

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