Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck
diese naive Hymne aus seiner Jugend - war nichts als die reine Wahrheit. Und er hatte so viel zu geben.
All diese quälenden Gedanken schlugen ihm auf den Magen. Lionel ging in die Küche und machte sich ein wenig Milch warm. Nachdem er wieder in seinem Ohrensessel Platz genommen und betrübt festgestellt hatte, dass seine Frau über ihm immer noch auf und ab ging, wandte er sich wieder den keuschen und schmucklosen Betrachtungen des Paulus zu.
Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig...
Die Liebe hört niemals auf ...
Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.
Es war doch gut zu wissen, dass man auf dem richtigen Weg war.
Evadne Pleat bereitete sich ebenfalls zur Nachtruhe vor. Sie hatte die Hunde ein letztes Mal draußen herumtollen lassen, den ein oder anderen ernsten Gruß mit Dorfbewohnern getauscht, die noch unterwegs waren, und dann die Pekinesen zur Ruhe gebettet. Sie schliefen in diversen Bettchen und Körben in der Küche. Der Versuch, sie in ihrem Schlafzimmer schlafen zu lassen, war leider gescheitert. Sie waren zu eifersüchtig aufeinander. Alle wollten gleichzeitig unter die Bettdecke. Und dort ging dann das Gerangel um eine gute Position los. Nachdem man sich mehr oder weniger mürrisch darüber geeinigt hatte, fing einer von ihnen an, sich zu putzen, ein anderer stand auf, um einen Schluck Wasser zu trinken. Es war schlimmer als vor der Jury auf Crufts Hundeausstellung in London.
Nachdem sie ihre Gebete gesprochen hatte, in die sie diesmal Hetty und ihren kleinen Hund einschloss, ließ sich Evadne in ihre Kissen sinken und kuschelte sich unter die schöne selbst gemachte Steppdecke. (Eine Daunendecke wäre für sie nicht in Frage gekommen. Das war für sie lediglich eine schicke Bezeichnung für einen unnützen Sack, in den man Federn gestopft hatte.)
Ausnahmsweise konnte sie nicht gleich einschlafen. Der Gedanke an die im Wald gefundene Leiche ließ ihr keine Ruhe. Noch mehr quälte sie, in welch schrecklichem Zustand Candy ganz in der Nähe aufgefunden worden war-mehr tot als lebendig. Außerdem beschämte es Evadne, dass sie sich offenbar in Mr. Fainlight geirrt hatte, den sie immer für einen äußerst zynischen Mann gehalten hatte. Er war in der Stunde der Not ja so freundlich zu Hetty gewesen.
Mondlicht durchflutete das Zimmer. Obwohl der kalte weiße Lichtschein Evadnes Nippsachen und ihre Bilder sehr schön hervorhob, fühlte sie sich dennoch ein wenig gestört und stand auf, um die Vorhänge zuzuziehen.
Auf der anderen Seite der kleinen Straße lag der Garten des alten Pfarrhauses in hellem Licht da. Irgendein herumstreunendes Tier musste die Halogenlampe ausgelöst haben. Das kam häufig vor. Ann Lawrence hatte, wie Evadne sich erinnerte, mal davon gesprochen, dass das ziemlich lästig sei, sie es aber um der Sicherheit willen in Kauf nähmen.
Evadne kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Immer häufiger war während der letzten Wochen nachts ein Mann gekommen und hatte sich unter die Zeder gestellt. Jetzt war er wieder da. Selbst aus der Entfernung konnte sie erkennen, wie angespannt sein Körper war. Straff wie eine Bogensehne. Sie fragte sich, wie lange er wohl diesmal warten würde. Plötzlich ging ein Fenster auf, nicht das von Carlotta, wie Evadne erwartet hatte, sondern eines in der Wohnung über der Garage. Der junge Mann, der dort wohnte, lehnte sich hinaus. Evadne hörte Gelächter, und kurz darauf wurde die dunkelblaue Tür aufgeschoben. Zu ihrer Verblüffung rannte die Gestalt unter dem Baum fast über die Einfahrt und ging hinein. Als der Mann sich umdrehte, um die Tür zu schließen, fiel das Licht auf sein Gesicht, und sie erkannte Valentine Fainlight.
Evadne schloss das Fenster, schlenderte zu dem kleinen mit Samt bezogenen Stuhl neben ihrem Bett und setzte sich hin. Sie hatte ein unbehagliches Gefühl, ohne dass sie so richtig hätte erklären können, warum. Sie hatte mit dem Mann, der Lionel Lawrence chauffierte, kaum gesprochen, doch sie wusste, dass er im Haus unerwünscht war, und konnte nicht glauben, dass Ann Lawrence so etwas ohne guten Grund anordnen würde. Und Hetty Leathers, die gütigste Seele überhaupt, hatte tatsächlich gesagt, dass sie ihn hasste.
Schließlich legte sich Evadne wieder ins Bett, fand aber keine Ruhe. Es war, als hätte sich ein dunkler Schatten auf ihr Gemüt gelegt. Sie wünschte, sie hätte diesen
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