Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck
ihr und dem alten Pfarrhaus immer größer wurde, stieg auch ihr schwindelerregendes Hochgefühl ... Sie war dabei, sich loszureißen. Sich von diesem nörglerischen und egozentrischen Mann freizumachen, um den sie so viele Jahre ihr Leben organisiert hatte, und von diesem großen, zerbröckelnden Haus, das ihr wie ein Klotz am Bein hing. Ein finanzielles Problem, seit sie sich erinnern konnte. Um einen Titel aus Lionels großer Sammlung Trost spendender Werke zu zitieren: Heute war der erste Tag vom Rest ihres Lebens.
Während sie die letzten Meilen bis zum Stadtrand von Causton fuhr, stellte sie sich vor, wie ihre Gespräche mit den Immobilienmaklern wohl verlaufen würden. Und wie schnell sie in der Lage sein würden, ihr eine Schätzung vorzulegen. Sie würden sich bestimmt auf diese seltene Gelegenheit stürzen. In Martyr Bunting war vor einer Woche ein Haus von der gleichen Größe wie ihres, wenn auch zugegebenermaßen in besserem Zustand, für dreihunderttausend Pfund verkauft worden.
Ann näherte sich einem Kreisverkehr und begann, sich auf die Straße zu konzentrieren. Sie fuhr um das Kriegerdenkmal auf dem großen Marktplatz herum und dann die Causton High Street entlang, vorbei an Boots, Woolworths und Minnie's Pantry. Sie beschloss, um vier zum Tee dorthin zu gehen, dann brauchte sie zu Hause nichts mehr zu essen. Sie könnte fast bis zur letzten Minute wegbleiben, bis die Polizei kam. Sie hoffte, es würde der große, kräftige Polizist sein, der auch gekommen war, nachdem Charlie getötet worden war. Sie hatte ihn gemocht, und das nicht nur, weil er nicht auf Lionels affektiertes Verhalten eingegangen war. Ann hatte den Eindruck, dass dieser Mann sich nicht von Gefühlen irreleiten ließ, aber trotzdem verständnisvoll war. Solide, distanziert und mit einem leidenschaftlichen Interesse für alles, was um ihn herum vorging.
Am Rathaus bog sie nach links ab und kam zu dem neuen dreistöckigen Parkhaus. Es war erst vor zwei Jahren gegen heftigsten Widerstand gebaut worden. Die Bevölkerung von Causton, die laut der letzten Wählerliste siebenundzwanzig-tausenddreiundachtzig Seelen umfasste, war der Meinung, dass sie kein öffentliches Parkhaus wollte und auch nicht brauchte. Als darüber debattiert wurde, gingen Tausende mit Fahnen auf die Straße und bestürmten das Causton Echo mit Beschimpfungen oder stark ironischen Briefen ä la warum nur, warum? Sit-ins fanden in städtischen Gebäuden statt, und als das Amt für Stadtplanung mutig eine öffentliche Anhörung organisierte, endete die in einem Tumult. Als die Bagger kamen, legten sich mehrere Leute auf die Straße. Natürlich wurde es trotzdem gebaut, und sobald es eröffnet war, ließ der Stadtrat überall im Zentrum und auf den Zufahrtsstraßen doppelte gelbe Linien ziehen. Also hatten die Leute keine andere Wahl, als das Parkhaus zu benutzen.
Um drei Uhr an einem Wochentag war es fast voll. Ann fuhr langsam durch die erste und die zwei Etage, doch es war kein einziger Platz frei. Auf der dritten fand sie schließlich einen zwischen einem Land Rover und einem Robin Reliant, meilenweit vom Ausgang entfernt.
Ann benutzte das Parkhaus nicht gern außer im Erdgeschoss, wo es reichlich natürliches Licht gab und nur wenige Schritte von einem entfernt draußen Leute vorbeigingen. Das übrige Gebäude war zwar mit künstlichem Licht ausgestattet, doch das funktionierte oft nicht. Manchmal aufgrund mangelnder Wartung, aber häufiger wegen Vandalismus.
Wie so viele öffentliche Räume, die frei zugänglich sind, hatte das Parkhaus aufgrund mangelnder Überwachung und der Möglichkeit, sich zu verstecken, schon häufiger Leute angezogen, die etwas zu verbergen hatten. Erst letzte Woche waren mehrere Männer erwischt worden, die dort eine sehr spezielle Verkaufsaktion durchgeführt hatten, sozusagen von Auto zu Auto. Sie hatten nämlich kleine Beutel mit Traumpulver gegen große Beutel mit benutzten Geldscheinen getauscht. Dabei hatten sie übersehen, dass in einem Auto nur wenige Schritte von ihnen entfernt ein Liebespaar abgetaucht war. Das Paar hatte sich, nachdem es seine Leidenschaft ausgetobt hatte, die Nummer des Dealers eingeprägt, bevor es klugerweise die Köpfe wieder einzog und auch unten ließ.
Ann hatte in der Zeitung darüber gelesen. Als sie nun ausstieg und alle vier Türen abschloss, gab ihr die Erinnerung an die Festnahme der Drogenhändler ein gewisses Gefühl der Sicherheit, so wie es auch Flugpassagiere
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