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Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Titel: Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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empfinden, wenn sie unmittelbar nach einer größeren Katastrophe reisen. Sie sind sich nicht nur bewusst, dass die Chance astronomisch gering ist, dass so schnell hintereinander ein zweites Unglück passiert, sondern haben auch das Gefühl, dass sich alle im Cockpit tausendprozentig konzentrieren.
      Die weite Strecke zwischen ihr und dem Aufzug war mit Autos vollgeparkt, aber offenbar menschenleer. Ann schaute sich im Gehen immer wieder um. Wie hässlich doch Beton war. Die kahlen grauen Wände waren bereits voller dunkler Streifen, wie schwarze Tränenspuren.
      Sie merkte, wie sie die Fahrzeuge zählte. Zwei, drei, vier ... Bei sieben - Glückszahl sieben - war ein Geräusch hinter ihr. Ein Quietschen, als ob jemand eine Tür öffnete. Ann fuhr herum. Nichts. War jemand aus einem der scheinbar leeren Autos ausgestiegen? Schlich er genau in diesem Moment hinter ihr her, im Gleichschritt mit ihren Bewegungen? Oder kam er immer näher und hatte sie gleich eingeholt?
      Sie schüttelte verärgert den Kopf über ihre Ängstlichkeit. Wo war der ganze Mut, der ihren Kopf und ihr Herz erfüllt hatte, als sie vor nur einer halben Stunde diese Worte gesungen hatte? Sie holte tief Luft, schob ihr Kinn vor und beschleunigte ihre Schritte. Elf, zwölf, dreizehn - fast die Hälfte geschafft.
      Er musste Schuhe mit leisen Sohlen tragen, oder gar keine Schuhe. Jedenfalls hörte sie nichts, sondern nahm nur einen plötzlichen weiten Sprung aus den Augenwinkeln wahr. Dann war er auf ihr. Sie spürte sein Gewicht, hörte den keuchenden Atem. Sein Arm drückte so stark gegen ihre Kehle, dass sie trotz ihrer Panik nicht schreien konnte.
      Sie wurde zum nächsten parkenden Auto gezerrt. Bevor sie noch begriff, was passierte, packte er ihr Haar, hielt es fest umklammert und riss ihren Kopf nach hinten. Dann stieß er ihn mit voller Wucht gegen den Rand der Motorhaube.
     
    Valentine Fainlight arbeitete. Das heißt, er tat so, als arbeite er. Die Korrekturfahnen von Barley Roscoe and the Hopscotch Kid waren endlich gekommen. Val blätterte mechanisch die Seiten um und dachte, dass sie ganz in Ordnung aussähen. Früher einmal, in einem anderen Leben wie es ihm manchmal schien, wäre ihm aufgefallen, dass die Ränder auf mehr als einer Seite nicht ganz gleichmäßig waren und dass Barleys magische Kappe in der Szene, wo er die Quadrate eines Hüpfspiels in Blöcke aus Honigbonbons verwandelt, zu dunkel war. (Die Kappe, die von einem zarten Blau ist, wenn Barley seinen alltäglichen Angelegenheiten nachgeht, wird immer dunkler, je nach dem, wie schlimme Katastrophen er mit seinen Zaubereien auslöst.)
      Valentine bemerkte nichts davon. Er sah nur Jaxs Gesicht vor sich - grausam, schön, rätselhaft. Er hatte sich gestern Abend dabei ertappt, wie er darüber nachdachte, wie denn jemand, der nicht allzu intelligent war, es schaffen konnte, rätselhaft auszusehen, und sich sofort dafür geschämt. Schon einmal hatte Val solche Gedanken gehabt und sich snobistisch und ungerecht gescholten. Und außerdem waren diese Gedanken irrelevant. Denn wer war je durch objektive Analyse von einem Fieber geheilt worden?
      Er hatte ein schlechtes Gewissen wegen Louise. Er liebte seine Schwester und wusste, dass seine offenkundige Zurückweisung sie verletzte. Das Einzige, was er zu seiner Verteidigung sagen konnte, war, dass sie noch mehr verletzt werden würde, wenn sie weiter mit ihm zusammenlebte, noch viel, viel mehr.
      Manchmal, in Augenblicken wie diesem, wenn Val sich eingestand, dass das Wort Beziehung bedeutungslos war und er eigentlich an einer tödlichen Krankheit litt, da dachte er an Bruno. Val hatte das Glück gehabt, sieben Jahre mit einem interessanten, begabten, schwierigen, humorvollen, liebenswürdigen und absolut loyalen Mann zusammenzuleben. Sexuell war es phantastisch gewesen, ihre Auseinandersetzungen niemals bösartig. Brunos Tod hatte ihn schwer getroffen.
      Die Eltern seines Partners, ein oder zwei sehr enge Freunde, seine Arbeit, aber vor allem Louise hatten ihn ins Leben zurückgeholt. Und jetzt, wo sie versuchte, sich von einer niederschmetternden Erfahrung zu erholen, warf er sie hinaus. Noch vor einem Monat hätte er nicht geglaubt, dass er zu so etwas in der Lage wäre. Heute morgen als sie in der Küche geweint hatte, hatte er sich so schrecklich gefühlt, dass er beinahe seine Meinung geändert hätte. Doch dann war ihm ein wunderbarer Gedanke gekommen. Vor einer Woche, als Louise für einen Tag

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