Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck
nach London gefahren war, hatte er Jax eingeladen, sich das Haus anzusehen. Es war warm gewesen, und sie hatten im Garten Wein getrunken und Sandwiches gegessen. Jax war begeistert von Fainlights gewesen und hatte sich kaum losreißen können. Wenn Louise fort war, könnte Jax ihn nicht nur besuchen, er könnte bei ihm einziehen.
Das Telefon klingelte. Val riss den Hörer hoch und rief: »Ja, ja?«
»Hallo, Val.«
»Jax! Was willst ...« Er unterbrach sich und atmete heftig ein. »Ich meine, wie sieht's aus? Wie geht es dir}«
»Ich wollte eigentlich gerade duschen.«
O Gott, wenn der mich aufzieht, geh ich rüber und bring ihn um.
»Bist du einer von diesen Grünen?«
»Was?«
»Du weißt schon, spar Wasser, dusch mit einem Freund.«
»Soll das heißen, du möchtest...«
»Nur wenn du willst.«
Louise sah ihn gehen. Sie hatte auch das Telefon klingeln hören - einmal. Nun beobachtete sie, wie ihr Bruder, ihr liebenswerter und intelligenter Bruder, vor Erregung hüpfend am Eingangstor hantierte und auf die Straße lief. Er hing an der Leine dieses widerlichen Kerls wie ein trauriger Tanzbär.
Als Valentine durch die blaue Tür und die Treppe hinauf eilte, fiel ihm ein, dass er kein Geld mitgenommen hatte. Doch das könnte er später regeln. Er könnte es erklären.
Die Tür zur Wohnung stand einen Spalt offen. Er konnte die Dusche rauschen hören. War Jax bereits da drinnen? Oder schlich er sich vielleicht auf dem cremefarbenen Teppich lautlos an ihn heran, um ihn anzuspringen. Um Val fest an der Kehle zu packen, wie er es schon einmal getan hatte. Erregt wie er war, drehte Val absichtlich nicht den Kopf.
Doch dann spazierte Jax in einem lose zugebundenen Frotteemantel aus dem Badezimmer. Er kam direkt auf Val zu und drückte ihm das Ende des Gürtels in die Hand. Dann riss er mit beiden Händen Vals Hemd auf, so dass die Knöpfe flogen.
Hetty Leathers, die mittlerweile Datum und Uhrzeit für die Beerdigung ihres Mannes bestätigt bekommen hatte, bat Evadne, in die Kirche zu kommen, und lud sie zu einem anschließenden leichten Mittagessen bei sich zu Hause ein.
Und so legte sich Evadne ihre schwarzen Sachen zurecht. Es war keine Farbe, die sie gerne trug, also hatte sie nur wenig Auswahl. Doch da man sie dazu erzogen hatte, Formalitäten zu wahren, hätte sie sich nicht vorstellen können, zu einem solchen Anlass eine andere Farbe zu tragen.
Eine Menge hing vom Wetter ab. Ein später Augusttag konnte extrem warm, aber auch unerwartet frisch sein. Evadne nahm einen leichten Wollrock mit Jacke aus dem Kleiderschrank und schüttelte beides kräftig. Die Jacke roch nach Mottenkugeln und einem Hauch von Coco, ihrem Lieblingsparfüm. Dann griff sie zu einer langärmligen anthrazitfarbenen Samtbluse mit dazu passender Hose und betrachtete beides nachdenklich. Die Sachen waren gewiss dunkel genug und äußerst elegant, aber ihre Mutter wäre bei dem Gedanken, dass eine Frau in der Kirche Hosen trägt, vor Entsetzen in Ohnmacht gefallen. Da sie wusste, dass sich die wohlwollenden, aber strengen Augen ihrer Eltern jederzeit unangekündigt nach unten richten konnten, hängte Evadne die Kombination zurück in den Schrank.
Der Hut war kein Problem. Nun ja, je nach dem, wie man es betrachtete. Sie hatte einen Flut, und der hatte auch die richtige Farbe, aber er war nicht so ganz das Richtige für eine Beerdigung. Sie hatte dieses Organzateil vor einem Jahr für die Hochzeit einer ihrer Lieblingsnichten gekauft. Es war ein hoher Hut mit einer breiten, nach unten gebogenen Krempe, und er war mit dunklen herabhängenden Rosenblüten aus glänzender Seide verziert. Doch da man eine Kirche ebenso wenig ohne Hut wie in Männerkleidung betreten konnte, würde er reichen müssen.
Evadne trug die Sachen nach unten und hängte sie in der Küche neben ein offenes Fenster, um sie zu lüften. Dann machte sie sich eine Tasse Verbenentee mit Zitrone, den sie immer gerne zu ihrer Morgenzeitung trank.
Schon bald war ein Kratzen an der Haustür zu hören. Evadne öffnete sie, um Mazeppa hereinzulassen, die einen Korb mit der Times im Maul hatte. Sie vertrat Piers, der heute verschlafen hatte.
Mazeppa war ein gutes Mädchen, sogar berühmt - eins ihrer Jungen hatte den ersten Preis auf einer Ausstellung bei Crufts gewonnen -, aber sie hatte nie gelernt, eine Zeitung im Maul zu tragen. Ihr war diese Unfähigkeit peinlich, und sie schämte sich
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