Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck
begegnet, Sergeant?«
»Ja, Mr. Lawrence.«
»Wenn Sie keine Anzeige wegen Körperverletzung kriegen wollen, würde ich Ihnen raten, Ihre Hand wegzunehmen.«
Troy ließ seine Hand sinken. »Und vielleicht ist Ihnen bekannt, Sir, dass es strafbar ist, sich zu weigern, die Polizei bei Ermittlungen in einem Mordfall zu unterstützen.«
»Aber selbstverständlich.« Lionel bewegte sich, obwohl er immer noch kaute, rasch auf die Tür zu. »Es geht nur darum, dass jeder das Recht hat, sich zu verteidigen.«
Als sie in die Diele kamen, wollte sich der Chief Inspector gerade auf den Weg machen, sie zu suchen.
»Wo zum Teufel waren Sie?«
»Tut mir Leid, Sir. Es ist alles ein bisschen hektisch ...«
»Hier rein.« Barnaby ging durch die erstbeste Tür. Es war ein kleines, achteckiges Zimmer mit ein paar einfachen Stühlen, mehreren Stapeln Noten, einer HiFi-Anlage und einem alten Bechstein-Flügel. Troy schlenderte zu dem Klavier hinüber, zog sein Notizbuch hervor, nur für den Fall, und legte es auf den schweren fleckigen Deckel aus Nussbaum.
Ganz in der Nähe stand ein in Silber gerahmtes Foto von einem grimmigen alten Mann mit einem Priesterkragen. Obwohl er fast kahl war, sprossen ihm reichlich graue Haare aus Nase und Ohren, und er hatte riesige Koteletten. Er starrte wütend in die Kamera. Sein Hund, ein Bullterrier mit Schweineaugen, hatte seine ledrigen Lippen hochgeklappt, vermutlich damit seine Zähne schneller zuschnappen konnten. Die beiden sahen wie füreinander geschaffen aus.
»Also, Mr. Lawrence. Wann haben Sie Ihre Frau zuletzt gesehen?«
»Was um alles in der Welt...«
»Beantworten Sie die Frage, Mann!«
»Heute vormittag.« Lionel verschluckte sich fast an den Worten. »Gegen elf.«
»Hat sie gesagt, wie ihre Pläne aussahen?«
»Nach Causton fahren. Ich nehme an, sie wollte einkaufen gehen. Sie hat nichts gesagt.«
»Haben Sie sich gestritten?«
»Woher wissen ... Ich versichere Ihnen, dass unsere ... Diskussion gestern nichts mit Ihren Ermittlungen zu tun hat.«
»Die Sache ist die, Sir«, sagte Sergeant Troy, der angefangen hatte zu schreiben, »es könnte für uns hilfreich sein zu wissen, in welcher Verfassung sie sich befand.«
»Warum?« Lionel wirkte völlig fassungslos. »Wobei?«
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, hat Mrs. Lawrence noch nie ein Treffen des Müttervereins verpasst.«
»Es gibt für alles ein erstes Mal.«
»Machen Sie sich denn keine Sorgen?«
Lionel schien jetzt nicht nur fassungslos, sondern auch ein wenig beunruhigt. Barnaby merkte, dass er die Stimme erhoben hatte, und versuchte sich zu beherrschen. Nur noch ein Dezibel vom Brüllen entfernt.
Lionels aufrichtige Verblüffung verpasste ihm einen Dämpfer. Er sah jetzt klar, wie sein Verhalten wirken musste. Denn in Wahrheit gab es keinen logischen Grund, weshalb er sich Sorgen machen müsste, Ann Lawrence könnte etwas passiert sein. Sie könnte eine Freundin getroffen haben, Bücher in der Bibliothek aussuchen, Kleider anprobieren ... Keinen logischen Grund. Nur dieser Eiszapfen, der langsam in seinem Magen rotierte.
Er versuchte, mit ruhigerer Stimme zu sprechen. »Könnten Sie uns sagen, wann sie losgefahren ist?«
»Ich fürchte nein. Ich war in meinem Arbeitszimmer. Wir haben heute nicht zusammen zu Mittag gegessen.«
Mannomann, diese Diskussion muss ja ganz schön heftig gewesen sein, dachte Sergeant Troy. Er stellte selbst eine Frage, auf die er die Antwort zwar kannte, doch er hoffte, damit ein bisschen Bewegung in die Sache zu bringen.
»Meinen Sie, Mrs. Lawrence ist selbst gefahren? Oder könnte Mr. Jackson sie in die Stadt gebracht haben?«
»Nein.« Leider sprang Lawrence nicht auf den Köder an. »Sie ist immer lieber selbst gefahren. Allerdings ...« Plötzlich konnte er nicht hilfsbereit genug sein. Es war unübersehbar, dass er sie loswerden wollte. »Jax könnte Ihnen vielleicht sagen, wann sie losgefahren ist. Ich glaube, er hat um die Mittagszeit an dem Humber gearbeitet.«
»Haben die mit dir gesprochen?«, fragte Jax. »Die Polizei?«
»Ja. Das heißt, sie sind vorbeigekommen.« Valentine saß auf der Sofakante. Jetzt, wo das Ringen und Kämpfen, ihn zu unterwerfen, vorbei war und das Blut in seine gequetschten Gliedmaßen und die überanstrengten Muskeln zurückkehrte, empfand er nur noch Schmerz und Verwirrung. Doch irgendwie steckte darin auch
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