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Inspector Jury besucht alte Damen

Inspector Jury besucht alte Damen

Titel: Inspector Jury besucht alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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mit einem leeren Lächeln an, das aus einer fernen Vergangenheit zu kommen schien. Nie zuvor hatte er eine so eintönige Stimme gehört. Sie sprach, als würde sie von einer Stichwortliste ablesen. «Also hab ich zu ihr gesagt, sie täte gut daran, lieber Maggies Frisur zu kopieren statt Fergies.» Ein Stirnrunzeln huschte über ihr samtenes Antlitz.
    Carlos lachte und drehte und wendete sein gebräuntes Gesicht, schien sich an seinem Spiegelbild nicht satt sehen zu können. «Das reicht. Und nicht vergessen, Mrs. Durbin bekommt eine heiße Ölpackung. Ihr Haar steht ab, als hätte sie die Finger in der Steckdose. Pardon, Superintendent. Donna hat mir gesagt, Sie möchten sich nach einer Betty Sowieso erkundigen.»
    «Sadie, Sadie Diver.»
    «Ach ja. Da war Donna noch nicht bei uns; sie dürfte sie nicht kennen. Sadie hat uns vor ungefähr zwei Monaten verlassen.»
    «Aus welchem Grund?»
    Carlos hob die Schultern. «Das hat sie nicht gesagt. Nur daß es aus persönlichen Gründen wäre.»
    Jury zeigte ihm die Fotos von Sadie Diver und von Hannah und Simon Lean. «Ist sie das?»
    Carlos musterte beide. «Das ist sie.» Er hielt Sadies Foto hoch. «Furchtbarer Schnitt. Sieht wie eine Pilzkolonie aus.» Dann musterte er das Foto von Hannah. «Hmm.» Er verdeckte ihr Haar, so gut es mit der Hand ging. «Also, ich bin mir nicht sicher … Momentito.» Er wirbelte auf dem Fußballen herum und umrundete das schimmernde Eiland.
    Im Nu war er mit einem dicken Album wieder da. «Die hebe ich auf, um meinen Kundinnen vorzuführen, welche Wunder ich allein schon mit einem anständigen Schnitt bewirken kann.» Er zog ein Foto heraus, eine kleine Schere aus der Jackentasche und schnippelte geschickt um das Gesicht auf dem Bild herum. Dann legte er den schulterlangen Messerschnitt auf das Foto – eine geometrische und kantige Frisur, deren Pony wie von der Guillotine geschnitten wirkte. «Das ist sie.» Er zeigte Jury, wie sich Hannah Leans Aussehen verändert hatte. «Etwas Kohlstift und Rouge würden natürlich noch mehr bringen.» Dann sagte er stirnrunzelnd: «Warum fragen Sie?»
    «Routine.»
    Carlos wölbte die Brauen; Jury lächelte. «Wo hat sie gelernt? Sie muß doch Zeugnisse, eine Bewerbung und so weiter gehabt haben.»
    «Heiliger Bimbam.» Das kam mit einem Seufzer heraus. Carlos’ Stimme wurde eine Idee tiefer. «Ich sag’s Ihnen frei heraus, Superintendent, und kann nur hoffen, daß Sie mir keinen Strick daraus drehen. Also, ich war in der Ferienzeit in furchtbaren Schwulitäten; und als dann Sadie eines Tages hereinspaziert kam und ein erstaunliches Können bewies, da habe ich sie vom Fleck weg eingestellt.» Er blickte Jury ängstlich an.
    «Keine Bange. Wo hat sie ihre Schecks eingelöst?»
    «Schecks? Die Mädchen kriegen es von mir in bar, wann immer es sich machen läßt.»
    Jury steckte sein Notizbuch wieder weg. «Sagen Sie, hatten Sie den Eindruck, daß Sadie Diver, klug war? Intelligent?»
    Er schwieg. «Eher wie ein Schwamm. Sie hat kaum über sich geredet, sich nie auf diese Art Tête-à-tête eingelassen wie Jeannine da drüben mit ihren Kundinnen. Sie war beliebt, sie konnte nämlich wunderbar zuhören.»
    «Könnten Sie mir eine Aufstellung ihrer Kundinnen geben?»
    «Donna kann eine zusammenstellen. Sie hatte acht, neun Stammkundinnen. Aber ich glaube nicht, daß die irgend etwas wissen. Was ist denn bloß passiert?»
    «Sagen wir, ein Unfall.»
    Eine lange Pause. «Heiliger Bimbam.»
    «Ja», sagte Jury.
    Carlos blickte ihn immer noch starr an und fragte schließlich: «Und wer schneidet Ihnen die Haare?»
     

D RITTER T EIL
    S O GIB SIE MIR DENN ,
K LINGT ’ S VON S T . A NNE

28
    «D A HABEN S IE DOCH diesen Prozeß wahrhaftig angesetzt», sagte Dick Scroggs, ohne den Blick vom Kahlen Adler zu heben.
    «Was?» Melrose tauchte aus Pollys Thriller auf, der an den neuesten Gewinner des Booker-Preises gelehnt stand, den er gerade in «Wrenns Büchernest» erstanden hatte. Zunächst hatte er angenommen, Theo Wrenn Browne, der ihn mit bleichem Gesicht und zusammengekniffenem Mund anstarrte, würde sich grundsätzlich weigern, ihm das Buch zu verkaufen. Doch Theo war kein Prinzipienreiter, wenn es um Geld ging. Er nahm die Zehn-Pfund-Note entgegen, doch nicht das Konversationsangebot, das Melrose ihm machte. Er weigerte sich, den Mund zu öffnen, und gab Melrose so zu verstehen, wie man im «Büchernest» mit Verrätern verfuhr.
    «Das Schwein, M’lord. Ihre Tante und dieser arme, arme Jurvis von

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