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Inspector Jury bricht das Eis

Inspector Jury bricht das Eis

Titel: Inspector Jury bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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daß er es auch mit dem Finger hätte schneiden können. Auch eine Art, seine Aggressionen loszuwerden. Er stopfte sich ein großes Stück Fleisch in den Mund und wies mit der Gabel auf den Bericht.
    «Ich glaube, ich erinnere mich an einen ähnlichen Fall», sagte Jury. «Ist reines Akonit nicht ein kristallines Pulver?»
    Cullen nickte mit vollen Backen. «Stimmt. Es braucht nur auf die kleinste Wunde zu kommen, um einen zu töten.»
    Jury schob ihm die Zuckerdose zu. «Sieht es aus wie Zucker?»
    Cullen runzelte die Stirn. «Weiß nicht. Soll irgendwie süßlich schmecken, meinte der Leichenbeschauer.»
    «Helen Minton sagte, daß sie Besuchern von Old Hall gelegentlich Tee anbot.»
    «Und ein Besucher tut es in die Zuckerdose? Hm, das würde für eine Handvoll amerikanischer Touristen reichen.» Er kaute nachdenklich auf einem Stück Fleisch herum. «Schon mal Football gesehn? Die Washington Redskins, vielleicht?»
    «Ich habe dabei nicht an die Zuckerdose gedacht.»
    Die Bedienung kam wieder an den Tisch und nahm die Bestellungen für den Nachtisch entgegen. Trimm tunkte mit einem Stück Brot sorgfältig die letzten Reste der fetten Bratensauce auf. Nachdem das erledigt war, legte er Messer und Gabel ordentlich auf den Teller und verlangte nach Apfelauflauf. Als Jury wieder nichts bestellte, sagte Cullen: «Wenigstens einen Nachtisch müssen Sie essen, Mann. Hier ist alles frisch zubereitet. Das beste Essen im Umkreis und billig dazu. Haben Sie eigentlich diesen Maler gefunden?»
    Jury schüttelte den Kopf. «Ich habe jemanden auf ihn angesetzt. Der Bursche ist schwer greifbar.» Er beschäftigte sich wieder mit dem Bericht. «Ist der Tod sofort eingetreten?»
    «Mit Akonit könnte es Minuten gedauert haben, aber auch Stunden, je nach der Dosis.»
    «Kennen Sie einen Pub namens ‹Jerusalem Inn›?»
    Trimm griff nach einem Zahnstocher und rülpste. «So ’n Schuppen mitten in der Pampa? Liegt Richtung Spinneyton. Nichts als Keilereien und Besäufnisse.»
    «Da treibt sich ein Junge namens Robin Lyte rum.»
    Trimm zuckte die Achseln. «Sagt mir nichts», brummte er mürrisch, um ja keine falschen Vorstellungen über seine Hilfsbereitschaft aufkommen zu lassen.
    Jury wandte sich an Cullen. «Ist der Name Lyte häufig in dieser Gegend?»
    «Nicht daß ich wüßte.» Er lachte kurz auf. «Wenn Sie in der Spelunke nach dem Mörder von Helen Minton suchen, wundert mich das kein bißchen. Nur ist um Durham herum viel mehr Schnee runtergekommen als hier. Soviel ich gehört habe, ist Spinneyton eingeschneit.» Seine Miene verdüsterte sich. «Sogar das Spiel gegen Sunderland ist ausgefallen.»
    «Wollen Sie damit sagen, daß es nicht möglich gewesen wäre, durch den Schnee von Spinneyton nach Washington zu kommen?»
    «Es sei denn auf Skiern», sagte Cullen. «Sie glauben, es war jemand von dort, was?»
    Jury zuckte die Achseln. «Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Hier in der Gegend gibt es ein Hotel, das Margate …»
    «In Shields», sagte Trimm. «Sunderland-Küste.» Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter, als läge die Küste von Sunderland auf der anderen Straßenseite.
    «South Shields», sagte Cullen. «Ich kenn das Hotel. Ist jetzt ’n bißchen runtergekommen; früher war’s richtig elegant. Übrigens, Ihr Sergeant hat angerufen. Wiggins – so heißt er doch? Der Mann hat in einem fort geniest, er war so schlecht zu verstehn. Sie sollen Scotland Yard anrufen.»
    «Danke. Gehen Sie zurück aufs Revier?»
    «Ja. Na los, Trimm, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.»
    Trimm löffelte den Rest von Cullens Vanillesauce aus und ließ den Löffel klirrend in die Schale fallen. «Geschafft!» sagte er mit der Selbstzufriedenheit eines Mannes, der eine schwierige Aufgabe bewältigt hat.
     
     
    «Sie war schwanger damals» , sagte Wiggins. Es knisterte in der Leitung; entweder war die Verbindung schlecht, oder Wiggins riß gerade das Zellophan einer neuen Tüte Hustenbonbons auf. «Natürlich konnten sie sie nicht auf der Schule behalten, sagt die Direktorin. Die ehemalige Direktorin, meine ich. Ich hab ziemlich lange gebraucht, um sie ausfindig zu machen. Und dann wohnt sie auch noch an der Küste.» Es folgte eine Pause, um Jury Gelegenheit zu geben, ihn wegen seiner aufopfernden Arbeit zu bemitleiden.
    Aber Jury schwieg. Er konnte es in Wiggins’ gequälten Nebenhöhlen pfeifen hören. Manchmal schien es fast, als führten sie ein Eigenleben.
    Sergeant Wiggins fuhr beherzt fort. «Maureen hat mir

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