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Inspector Jury bricht das Eis

Inspector Jury bricht das Eis

Titel: Inspector Jury bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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ihr reizvoller Körper in Bann geschlagen hatte als vielmehr ihre Gewöhnlichkeit. Vielleicht war Seaingham es manchmal leid, sich mit Künstlern und gelegentlich sogar mit Genialität auseinandersetzen zu müssen.
    Sie saßen in dem kleinen Arbeitszimmer vor dem Porträt seiner Frau. Jurys Blick fiel auf ein Buch, das auf dem Tisch neben Seainghams Sessel lag. «Auf Skiern» , sagte Seaingham. «Es ist das beste Erstlingswerk seit langem. Ich hoffe, MacQuades unerwiderte Liebe wird seiner Arbeit nicht schaden.»
    Jury lächelte. «Was wollen Sie damit ausdrücken?»
    «Er ist in Grace verliebt. Und er ist nicht der erste. Manchmal denke ich, sie hätte in den zwanziger Jahren leben sollen. Sie hätte dann einen Salon geführt und den Literaten als Muse gedient. Grace versteht es, Menschen Mut zu machen. Im Gegensatz zu mir. Zigarette?» Er hielt Jury ein schwarzes Lederetui hin. «Nein, ich fürchte, ich entmutige die Leute eher. Manchmal hasse ich meine Arbeit. Ich bilde mir längst nicht mehr ein, daß ich derjenige bin, der Künstler ‹entdeckt›. Ein echter Künstler schafft es früher oder später auch ohne meine Hilfe.»
    «Ich habe auch ein wenig in MacQuades Buch gelesen. Es ist ausgezeichnet. Er könnte sicherlich Überlebenstraining unterrichten. Was halten Sie von ihm als Mensch?»
    Seainghams Blick ruhte auf dem Manet, als hoffe er in dieser schwierigen Situation auf den Beistand großer Kunst.
    «Sympathischer Bursche. Und gutmütig, jedenfalls nach meinem Eindruck. Ich wage sogar zu behaupten, daß er mit einem Gewehr umgehen kann. Das können allerdings die meisten von uns. Wir schießen Moorhühner, Tauben und so weiter.»
    «Verzeihen Sie, aber der Mord an Beatrice Sleight scheint Sie nicht sonderlich erschüttert zu haben –»
    Seaingham fiel ihm ins Wort. «Der Mord schon. Ihr Tod weniger. Sie wurde allmählich … nun ja, lästig. Das klingt schrecklich, aber es ist nun mal so. Sie fing an, Ärger zu machen.»
    «Ärger? Inwiefern?»
    «Sie dachte anscheinend, sie könnte mich unter Druck setzen oder zumindest meine Meinung über ihre Schundromane beeinflussen. Sie drohte, Grace alles über uns zu erzählen.»
    «Und hätten Sie das um jeden Preis verhindert?»
    «Sie wollen wissen, ob ich sie umgebracht habe? Wahrscheinlich wäre ich dazu in der Lage gewesen. Aber ich hab’s nicht getan.»
    Die nächste Frage schien Seaingham zu überraschen. «Kommt Ihnen der Name Helen Minton bekannt vor?»
    Seaingham stand auf und schenkte sich einen Whisky ein. «Darf ich Ihnen einen Drink anbieten?»
    Jury vermutete, daß er Zeit gewinnen wollte. «Nein danke.»
    «Wie war der Name noch …?»
    «Helen Minton.»
    «Nein, tut mir leid.»
    «Haben Sie heute Zeitung gelesen?»
    «Ich habe seit Tagen keine Zeitung mehr gelesen. Wir waren eingeschneit. Wieso?»
    «Helen Minton stammte aus London und lebte in Washington. Vor zwei Tagen wurde im Schlafzimmer von Washington Old Hall ihre Leiche gefunden.»
    «Schrecklich.» Seaingham sah ihn verdutzt an. «Aber warum erzählen Sie mir das? Besteht denn irgendein Zusammenhang zwischen dem Tod dieser Frau und dem Mord an Beatrice Sleight?»
    «Helen Minton war Frederick Parmengers Cousine.»
    Jury hatte zum erstenmal den Eindruck, daß Seaingham Mühe hatte, eine Information zu verarbeiten: Er schüttelte nur ratlos den Kopf.
    «Hat Parmenger sie nie erwähnt?»
    «Nein, nicht daß ich wüßte. Parmenger redet wenig über sich. Haben Sie Grace schon gefragt? Ihr vertrauen die Leute sich eher an als mir.»
    Jury ließ diese Frage unbeantwortet. «Ich bin nicht etwa rein zufällig hier vorbeigekommen, wie Sergeant Cullen Ihnen sicherlich bestätigen wird. Ich wollte Frederick Parmenger ein paar Fragen stellen. Und seltsamerweise finde ich eine Leiche vor Ihrer Haustür.»
    Als Seaingham aufstand, um sich einen neuen Drink einzuschenken, bemerkte Jury, daß seine Hand zitterte. Es mußte wohl einiges zusammenkommen, bevor Charles Seaingham nervös wurde.
     
    MacQuade dagegen war wesentlich leichter zu verunsichern – zumindest gewann Jury diesen Eindruck. Bei den einfachsten Fragen geriet der Schriftsteller bereits ins Stottern. Nein, er habe nichts gehört, jedenfalls keinen Schuß oder dergleichen.
    Jury deutete auf Seainghams Exemplar von Auf Skiern . «Ich habe ein bißchen in dem Buch gelesen und kenne ein paar Rezensionen. Soviel ich weiß, ist es inzwischen für zwei weitere Preise nominiert worden. Sie scheinen im Aufwind zu sein.»
    «Und die Kritiker

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