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Inspector Jury bricht das Eis

Inspector Jury bricht das Eis

Titel: Inspector Jury bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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richtete sich auf und warf einen wutentbrannten Blick auf die Tür, durch die Chrissie soeben verschwand. «Jede Wette», sagte er, «daß Beatrice Sleight gemeint war und niemand anderes.»
    Vielleicht hatte er sich beim Snooker als Niete erwiesen, aber das Grinsen aus Jurys Gesicht verschwinden zu sehen bot ihm Entschädigung genug dafür.
     
     
    Sie standen draussen neben dem Granada, den die Ortspolizei Jury zur Verfügung gestellt hatte. Melrose zog fröstelnd die Schultern unter seinem dicken Anglerpullover ein. «Er hat das so eingefädelt, damit keiner dachte, daß er es tatsächlich auf Beatrice Sleight abgesehen hatte. Im wahrsten Sinne des Wortes ein Mord unter dem Deckmantel der Verwirrung: unter Grace Seainghams weißem Cape. Der Mörder hat die schwarze Kugel mit der weißen eingelocht. So einfach ist das. Allerdings mußte die gute alte Bea erst mal dazu gebracht werden mitzuspielen.»
    Jury lehnte sich gegen die Wagentür und sah zu den Fenstern des Pubs hinüber. «So was ist kinderleicht, wenn man ein Gewehr in der Hand hält.»
    «Sie glauben also auch, daß jemand Beatrice in den Wintergarten gelockt und sie gezwungen hat, das Cape umzulegen?»
    «Ich könnte mir vorstellen, daß es ein bißchen raffinierter eingefädelt war, aber im großen und ganzen, ja.»
    «Sie teilen also meine Meinung?»
    «Hundertprozentig. Es ist so viel einsichtiger als jede andere Erklärung für Beatrice Sleights merkwürdiges Verhalten – es wäre ihr doch nicht im Traum eingefallen, diese Kapelle aufzusuchen, und dann noch mit Grace Seainghams Cape. Irgendwer scheint mit aller Gewalt verhindern zu wollen, daß die Polizei gewisse Schlüsse zieht.»
    Melrose zog sich die Ärmel seines Pullovers über die Hände. Der Himmel war von einem unglaublich tiefen Blau; der Schnee begann in der Sonne zu schmelzen, und der Wind hatte sich gelegt. «Sie war ja nicht eben beliebt. Und wenn die Dame des Hauses nicht das Opfer sein sollte … na ja, Grace Seaingham hatte ein handfestes Motiv, sie umzubringen.»
    Jury schüttelte den Kopf.
    «Ach, kommen Sie schon! Sie halten sie für einen Engel und übersehen dabei das Nächstliegende.»
    «Nein, das ist es nicht», sagte Jury. «Selbst wenn sie Beatrice Sleight lieber tot gesehen hätte, welchen Grund hätte sie gehabt, Helen Minton umzubringen?»
    Melrose, der im Schnee auf und ab geschritten war, um sich warm zu halten, blieb stehen. «Wer sagt denn, daß es nicht zwei Mörder gibt?»
    Jury warf seine Kippe auf den vereisten Boden. «Ich.» Er blickte zum stahlblauen wolkenlosen Himmel empor. «Viele Gifte sind sehr unzuverlässig – sie machen einen einfach nur krank. Und so wirkt auch Akonit, wenn die Dosis nicht tödlich ist. Der Mörder dachte anscheinend, er könne es dem Zufall überlassen, wann Helen Minton die tödliche Dosis bekam. In diesem Fall hätte ein Besucher von Old Hall ihr Medikament mit dem Gift präparieren können, und ihr Tod hätte nach Herzversagen ausgesehen. Dann aber fand Helen Minton etwas über Robin Lyte heraus. Doch das hilft uns auch nicht viel weiter, stimmt’s?»
    «Wenn er wirklich Parmengers Sohn ist …?»
    «Hm. Parmenger bestärkt mich ebenfalls in der Annahme, daß wir es hier nur mit einem Mörder zu tun haben. Parmenger kannte sowohl Helen als auch Beatrice. Er ist das Bindeglied.»
    «Hätte Helen Minton seinem Ruf schaden können, wenn sie die Sache publik gemacht hätte?»
    «Das scheint mir nicht ihre Art – weder seine noch ihre. Sie hätte so was nicht getan, und ihm hätte es nichts ausgemacht. Wen haben wir denn sonst noch? Lady St. Leger? Eigentlich kaum anzunehmen, daß sie eine Bürgerliche abknallt, nur weil diese den Adel haßt …»
    «Da wäre immer noch Tante Agatha», sagte Melrose hoffnungsvoll.
    Jury überging diesen Einwand. «William MacQuade? Ein unbeschriebenes Blatt, keiner, der sich leicht unterkriegen läßt, aber ich sehe kein Motiv.»
    «Er konnte Beatrice Sleight nicht ausstehen. Sie machte ständig schnippische Bemerkungen über ‹literarische› Autoren. Und was ist mit den Assingtons? Sie scheinen sich nur am Rande des Geschehens zu bewegen. Kein Motiv weit und breit. Er ist der berühmte Arzt, und sie scheint von dem Schund, den Beatrice Sleight schrieb, beeindruckt zu sein. Spatzenhirn. Genau die Sorte, die Elizabeth Onions in Die dritte Taube zum Mörder auserkoren hätte.»
    «Wie bitte?»
    «Nichts. Ich finde es ziemlich unfair, Unzurechnungsfähige als Mörder auftreten zu lassen. Sie sind

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