Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
Handlungsstrang. Hängen die beiden miteinander zusammen? Ich weiß es nicht. Momentan verbindet sie nichts anderes als Aberdeen selbst. Aber das ist ein Anfang. Sie kennen mich nicht, Ludo, ein Anfang ist alles, was ich brauche.«
»Darf ich das Thema geringfügig wechseln?«
»Nur zu.«
»Hat Ihnen der Abstecher nach Shetland irgendwas gebracht?«
»Nur ein mieses Gefühl. Ein kleines Hobby von mir, ich sammel die.«
»Und morgen geht's nach Bannock?«
»Sie sind fleißig gewesen.«
»Ein paar Anrufe, mehr war gar nicht nötig. Wissen Sie was?« Lumsden ließ den Motor an. »Wenn ich Sie erst von hinten sehe, mach ich drei Kreuze. Bis Sie gekommen sind, war mein Leben einfach.«
»Keinen Augenblick Langeweile«, sagte Rebus und öffnete die Tür.
»Wo wollen Sie hin?«
»Ich geh zu Fuß. Hübscher Abend dafür.«
»Machen Sie, was Sie wollen.«
»Mach ich immer.«
Rebus sah dem Auto nach, bis es um eine Ecke bog. Er hörte das Geräusch des Motors immer leiser werden, schnippte seine Zigarette auf den Asphalt und marschierte los. Das erste Lokal, an dem er vorbeikam, war der Yardarm. Heute wurden exotische Tänzerinnen angepriesen, und eine Vogelscheuche kassierte an der Tür Eintrittsgeld. Rebus hatte das alles schon erlebt. Die Blütezeit der »exotischen Tänzerinnen« waren die späten Siebziger gewesen, jeder Pub in Edinburgh schien welche zu haben: Männer, die hinter Pintgläsern verbarrikadiert zuschauten, während die Stripperin sich ihre drei Songs auf der Jukebox aussuchte. Anschließend gab's eine Kollekte, wenn man wollte, dass sie ein bisschen mehr zeigte.
»Nur zwei Lappen, Kumpel!«, rief die Vogelscheuche, aber Rebus schüttelte den Kopf und ging weiter.
Ringsum waren dieselben nächtlichen Geräusche zu hören: grölende Betrunkene, Pfiffe, und die Vögel, die nicht kapierten, wie spät es war. Eine Streife interviewte gerade zwei Jugendliche. Rebus schlenderte an ihnen vorbei, ein einfacher Tourist. Vielleicht hatte Lumsden Recht, aber Rebus glaubte das nicht. Aberdeen fühlte sich zu sehr wie Edinburgh an. Manchmal kam man in eine Stadt und kriegte sie einfach nicht in den Griff; aber Aberdeen war nicht so.
Auf der Union Terrace trennte ihn eine niedrige Steinmauer von den tief in einem Graben liegenden Gartenanlagen. Er sah sein Auto, das noch immer direkt vor dem Hotel, auf der anderen Straßenseite, parkte. Er wollte gerade die Fahrbahn überqueren, als Hände seine Arme packten und ihn nach hinten zerrten. Er spürte, wie sein Kreuz gegen die Mauer stieß, wie er hintenüber kippte, einen Purzelbaum rückwärts schlug.
Und fiel und rollte... den steilen Hang hinunter in den Garten, unfähig, sich festzuhalten, also bewusst rollend und kugelnd. Er schlug gegen Sträucher, spürte, wie sie an seinem Hemd rissen. Seine Nase pflügte den Boden auf, Tränen schössen ihm in die Augen. Dann lag er in der Talsohle. Kurz getrimmter Rasen. Atemlos auf dem Rücken liegend. Weitere Geräusche: Krachen im Gebüsch. Sie folgten ihm. Er richtete sich halb auf den Knien auf, aber ein Fuß erwischte ihn, streckte ihn nieder. Dann knallte ihm der Fuß auf den Hinterkopf, nagelte ihn fest, so dass er Gras zwischen die Zähne bekam und seine Nase sich so anfühlte, als könnte sie jeden Augenblick brechen. Jemand drehte ihm die Hände auf den Rücken und dann nach oben, und zwar mit genau dem richtigen Druck: Der durchdringende Schmerz konnte das Wissen nicht ausblenden, dass die leiseste Bewegung genügte, um sich einen Arm auszukugeln.
Zwei Männer, mindestens zwei. Einer mit dem Fuß. Einer mit den Armen zugange. Die alkoholisierten Straßen schienen ganz weit weg, der Verkehr war nur noch ein fernes Summen. Jetzt etwas Kaltes an seiner Schläfe. Er kannte das Gefühl - eine Pistole, kälter als Trockeneis.
Dicht an einem Ohr eine zischende Stimme. Gerade dort hämmerte das Blut, so dass er Mühe hatte, sie zu hören.
Ein Zischen, fast ein Flüstern, schwer zu identifizieren.
»Eine Botschaft für dich - ich hoffe also, dass du zuhörst.« Rebus konnte nicht sprechen. Sein Mund war voller Erde.
Er wartete auf die Botschaft, aber sie kam nicht. Dann kam sie doch.
Seitlich gegen den Kopf geknallt, direkt über dem Ohr. Eine Lichtexplosion hinter den Augäpfeln. Dann Dunkelheit.
Er wachte auf, als es noch Nacht war. Rappelte sich hoch und sah sich um. Die Augen schmerzten, wenn er sie bewegte.
Er fasste sich an den Kopf - kein Blut. Das war nicht die Sorte Schlag gewesen. Nicht scharf,
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