Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
dass die Labortechniker die Möglichkeit hätten, Abdrücke zu nehmen und keinerlei Übereinstimmungen mit den an den Schauplätzen der Johnny-Bible-Morde gesicherten Spuren festzustellen.
Jetzt musste Rebus als Erstes seine Schuhe ausziehen. Man gab ihm dafür Plastiküberschuhe. Seine eigenen, so teilte man ihm mit, würde er zurückbekommen, wenn er ging. Die Überschuhe waren zu groß und schlenkerten an den Füßen, so dass er die Zehen gegen die Sohle stemmen musste, um sie nicht zu verlieren.
Man entschied sich gegen einen Speicheltest - es war der am wenigsten verlässliche - und rupfte ihm stattdessen Haare vom Kopf.
»Könnten Sie mir die, wenn Sie damit fertig sind, an den Schläfen implantieren?«
Die Frau mit der Pinzette lächelte und tat ihren Job. Sie erklärte, dass sie die Wurzeln brauchte - die PCR- Analyse funktioniere nicht mit ausgefallenen Haaren. Es gebe zwar auch für die einen Test, aber...
»Aber?«
Sie antwortete nicht, doch Rebus wusste, was sie gemeint hatte: Aber das war bei ihm alles sowieso nur Beschäftigungstherapie. Weder Ancram noch sonst jemand erwartete, dass die kostspieligen Tests irgendwelche positiven Ergebnisse zeitigen würden. Das einzige Resultat würde ein genervter, verunsicherter Rebus sein - und das war der eigentliche Zweck der Übung. Die Kriminaltechniker wussten das, Rebus wusste das.
Als Nächstes eine Blutprobe - auf einen richterlichen Beschluss war verzichtet worden - und Fingerabdrücke; außerdem wollten sie ein paar Fäden und Gewebefasern aus seiner Kleidung. Ich komme in den Computer, dachte Rebus. Obwohl ich nichts verbrochen habe, werde ich in den Augen der Nachwelt ein Verdächtiger sein. Jeder, der in zwanzig Jahren die Akten liest, wird feststellen, dass ein Polizist vernommen wurde und Proben abgenommen bekam ... Es war ein grauenhaftes Gefühl. Und hatten sie erst einmal seine DNS... tja, damit war er aktenkundig. Das schottische DNS-Archiv befand sich gerade im Aufbau. Allmählich wünschte sich Rebus, er hätte doch auf einem richterlichen Beschluss bestanden.
Bei jeder Probeentnahme stand Jack Morton herum und sah in eine andere Richtung. Zum Schluss erhielt Rebus seine Schuhe zurück. Er hatte das Gefühl, als starrten ihn die Kriminaltechniker an; vielleicht taten sie es ja wirklich. Pete Hewitt schaute vorbei - er war bei der Abnahme der Fingerabdrücke nicht dabei gewesen - und witzelte was von Greifern, die auch mal begriffen, wie das sei... Jack packte Rebus am Arm, ehe er zuschlagen konnte. Hewitt war in Rekordgeschwindigkeit verschwunden.
»Wir müssen nach Fettes«, erinnerte Jack Rebus.
»Von mir aus können wir.«
»Vielleicht sollten wir unterwegs noch irgendwo einen Kaffee trinken«, meinte Jack. Rebus lächelte. »Haben Sie Angst, ich könnte Ancram eine langen?«
»Falls ja, denken Sie daran, dass er Rechtsausleger ist.«
»Inspector, haben Sie irgendwelche Einwände dagegen, dass dieses Gespräch aufgezeichnet wird?«
»Was geschieht mit der Aufnahme?«
»Sie wird mit Datum und Uhrzeit versehen, und es werden Kopien angefertigt: eine für Sie. Abschriften dito.«
»Keine Einwände.«
Ancram nickte Jack Morton zu, der daraufhin das Gerät einschaltete. Sie befanden sich in einem engen Zimmer im dritten Stock von Fettes, das so aussah, als hätte man es eben erst hastig und widerwillig geräumt. Neben dem Schreibtisch stand ein Papierkorb und wartete darauf, geleert zu werden. Der Fußboden war mit Büroklammern übersät. An den Wänden sah man, wo Bilder mitsamt Tesastreifen und Tapetenfetzen heruntergerissen worden waren. Ancram saß am zerkratzten Schreibtisch, die Ermittlungsnotizen zum Spaven-Fall neben sich gestapelt.
Er trug einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug mit blassblauem Hemd und Schlips und machte den Eindruck, als käme er direkt vom Friseur. Vor ihm auf dem Schreibtisch lagen zwei Stifte - ein gelber Bic-Feinschreiber und ein kostspielig aussehender Lack-Kugelschreiber. Seine tadellos manikürten Nägel trommelten auf einen sauberen A4-Schreibblock. Rechts neben dem Block lag eine getippte Liste von Notizen, Fragen und anzuschneidenden Themen.
»Also, Herr Doktor«, sagte Rebus, »wie stehen meine Chancen?«
Ancram lächelte nur. Als er sprach, war es lediglich für das Aufnahmegerät.
»DCI Charles Ancram, CID Strathclyde. Es ist...«, er sah auf eine flache Armbanduhr, »...zehn Uhr fünfundvierzig, Montag, den vierundzwanzigsten Juni. Erstes Vorgespräch mit Detective Inspector John Rebus,
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