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Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders

Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders

Titel: Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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durchquerten in Scharen die Anlage - ein Verhalten, das sie dem Tierreich abgeguckt hatten. Vielleicht waren heute Nacht keine Raubtiere unterwegs, aber die Angst war deswegen nicht minder real. Die Behörden hatten gelobt, »die Furcht vor dem Verbrechen« zu bekämpfen. Die TV-Nachrichten brachten das unmittelbar vor dem neuesten HollywoodBallerfilm.
    Rebus wandte sich zu Jack. »Werden Sie mich verpfeifen?«
    »Das war meine Pflicht.«
    »Ja, das wär's. Aber werden Sie's tun?«
    »Ich weiß nicht, John.«
    »Na, lassen Sie sich nicht durch unsere Freundschaft beirren.«
    »Das ist mir eine große Entscheidungshilfe.«
    »Hören Sie, Jack, ich stecke schon so tief in der Scheiße, dass ich beim Wiederaufsteigen wahrscheinlich an der Taucherkrankheit sterben würde. Also kann ich genauso gut unten bleiben.«
    »Schon mal was vom Marianengraben gehört? Ancram hält wahrscheinlich so einen für Sie parat.«
    »Sie lassen nach.«
    »Wieso?«
    »Bislang war er Chick, jetzt ist er Ancram. Sie sollten besser aufpassen.«
    »Sie sind nüchtern, oder?«
    »Wie ein Stock.«
    »Dann kann es also kein Säufermut sein, was bedeutet, dass es schlichter Irrsinn ist.«
    »Willkommen in meiner Welt, Jack.«
    Sie hielten auf die Rückseite der Universitätsklinik zu. Rings um die Umfassungsmauer standen Parkbänke. Penner, Nichtsesshafte, Tippelbrüder, wie immer man sie nennen mochte, benutzten diese Bänke den Sommer über als Schlafstätte. Früher war da ein Alter gewesen, Frank. Rebus sah ihn jeden Sommer, und gegen Ende des Sommers verschwand er immer wie ein Zugvogel, nur um im darauf folgenden Jahr wieder zu erscheinen.
    Dieses Jahr aber war Frank nicht aufgetaucht. Die Obdachlosen, die Rebus sah - Franks geistige Kinder, wenn nicht sogar Enkel —, waren ein ganzes Stück jünger als er; und ein ganzes Stück anders, taf-fer und ängstlicher, angespannt und müde. Anderes Spiel, andere Regeln. Edinburghs »Gentlemen der Landstraße«: Vor zwanzig Jahren hätte man sie lediglich nach Dutzenden zählen können. Aber heutzutage nicht mehr. Heutzutage nicht mehr...
    Sie weckten ein paar Penner auf, die sagten, sie wären nicht Mick Hine und würden ihn auch nicht kennen. An der dritten Bank wurden sie dann fündig. Er saß aufrecht da, neben sich einen Stapel Zeitungen. Er hielt sich ein winziges Transistorradio ans Ohr.
    »Sind Sie taub, oder braucht das Ding bloß neue Batterien?«, fragte Rebus.
    »Nicht taub, nicht stumm, nicht blind. Er hatte gesagt, ein anderer Bulle würde vielleicht mit mir reden wollen. Möchten Sie sich setzen?«
    Rebus ließ sich auf der Bank nieder. Jack Morton lehnte sich dahinter an die Wand, als sei es ihm lieber, nicht alles mitzubekommen. Rebus zog einen Fünfer heraus.
    »Hier, besorgen Sie sich Batterien.«
    Mick Hine nahm das Geld. »Sie sind also Rebus?« Sein Blick ruhte lange auf ihm. Hine war Anfang vierzig; die Haare gingen ihm allmählich aus, und er schielte leicht. Sein Anzug sah soweit ganz ordentlich aus, wenn man die Löcher an den Knien übersah. Unter dem Jackett trug er ein ausgeleiertes rotes T-Shirt. Zwei Plastiktüten standen neben ihm auf dem Boden, prall voll mit irdischen Gütern. »Lenny hat von Ihnen erzählt. Ich hatte Sie mir anders vorgestellt.«
    »Anders?«
    »Jünger.«
    »Als Lenny mich kannte, war ich auch jünger.«
    »Tja, das stimmt wohl. Nur Filmstars werden mit der Zeit jünger, ist Ihnen das schon mal aufgefallen? Wir Normalsterbliche werden faltig und grau.« Nicht dass auf Hine das eine oder das andere zugetroffen hätte. Sein Gesicht war leicht gebräunt, wie poliertes Messing, und was er an Haaren noch besaß, wallte pechschwarz herab. Er hatte Schrammen an Wangen und Kinn, Stirn und Knöcheln. Entweder ein Sturz oder eine Schlägerei.
    »Sind Sie hingefallen, Mick?«
    »Manchmal wird mir schwindlig.«
    »Was sagt denn der Arzt dazu?«
    »Hä?«
    Also nicht beim Arzt gewesen. »Sie wissen doch, es gibt Heime, Sie brauchen nicht hier zu übernachten.«
    »Voll. Ich hasse es, Schlange zu stehen. Deswegen bin ich immer hier hinten. Ihre Anteilnahme ist von Michael Edward Hine zur Kenntnis genommen worden. So, wollen Sie jetzt die Geschichte hören?«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Ich hab Lenny im Gefängnis kennen gelernt. Wir saßen vielleicht vier Monate lang in derselben Zelle. Er war ein ruhiger, nachdenklicher Typ. Ich weiß, dass er schon vorher Ärger gehabt hatte, aber trotzdem passte er nicht ins Knastleben. Er brachte mir bei, Kreuzworträtsel zu

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