Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
uns daran die Schuld, und selbst die Gurkhas wussten, dass es wahrscheinlich ein britischer Soldat gewesen war. Es gab eine Untersuchung - zwei: eine zivile und eine militärische. Lächerlich eigentlich, ich meine, da versuchten wir alle, möglichst viele Leute umzulegen - dafür wurden wir schließlich bezahlt —, und da machten sich die Heinis wegen eines Mordes ins Hemd. Wie auch immer, einen Schuldigen haben sie nie gefunden. Allerdings wurde diese Nutte erdrosselt, und eine ihrer Sandalen blieb für immer verschwunden .
Rebus blätterte weiter.
Naja, das lag jetzt alles hinter mir. Ich war Bulle, wieder in Schottland und ganz zufrieden mit meinem Los .
Dann wurde ich auf den Bible-John-Fall angesetzt. Du erinnerst dich bestimmt, dass er am Anfang noch nicht so hieß. Erst nach dem dritten Opfer gab's die Zeugin, die aussagte, er hätte ständig aus der Bibel zitiert. Und da verfielen die Zeitungen auf den Namen. Tja, und als ich an jemanden dachte, der ständig aus der Bibel zitierte, an einen Würger und
Vergewaltiger, da erinnerte ich mich an Borneo. Ich ging zu meinem Chef und erzählte ihm die ganze Geschichte. Er meinte, sie sei alles andere als Booker-Prize-verdächtig, aber wenn ich wollte, könnte ich ihr ja in meiner dienstfreien Zeit nachgehen. Du kennst mich, John, einer Herausforderung habe ich nie widerstehen können. Außerdem hatte ich mir schon eine Abkürzung überlegt: Lenny Spaven. Ich wusste, dass er wieder in Schottland war, und er kannte bestimmt alle damaligen Kirchgänger. Also setzte ich mich mit ihm in Verbindung, aber er war in der Zwischenzeit nur noch schlimmer geworden und wollte nichts mit der Sache zu tun haben. Ich lass ja nicht so leicht locker, und schließlich beschwerte er sich bei meinem Chef. Das brachte
mir eine Verwarnung ein, aber ich wollte auf keinen Fall auch nur einen Gang runterschalten. Mir war klar, was ich wollte: Ich hatte mir überlegt, dass Lenny vielleicht noch Fotos aus seiner Zeit in Borneo besaß, vielleicht
mit ihm und seinen Mitchristlern drauf. Ich wollte sie der Frau zeigen, die mit Bible John im Taxi gesessen hatte. Aber der verdammte Spaven blockte einfach alles ab. Am Ende schaffte ich es schon, ein paar Fotos
aufzutreiben, aber auf die umständliche Tour: Erst musste ich mit der Army reden, dann den damaligen
Feldgeistlichen ausfindig machen... Hat mich Wochen gekostet .
Rebus sah Jack an. »Die Fotos, die Ancram uns gezeigt hat.« Jack nickte.
Wir zeigten die Fotos der Augenzeugin. Klar, sie waren acht, neun Jahre alt und von vornherein nicht besonders gut gewesen; ein paar davon waren zwischendurch auch nass geworden. Sie meinte, sie sei sich nicht sicher , aber einer von den Soldaten, sagte sie wörtlich, »sah ihm ähnlich«. Aber wie mein Chef erklärte, gab es
Hunderte von Männern auf der Welt, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Mörder auf-
wiesen. Die meisten von ihnen hatten wir vernommen. Aber das reichte mir nicht. Ich fand den Namen des Mannes heraus, er hieß Ray Sloane - weiß Gott kein besonders häufiger Name -, und so war es nicht schwer, ihn aufzuspüren. Bloß dass er inzwischen verschwunden war. Er hatte in einem möblierten Zimmer in Ayr gewohnt
und als Werkzeugmacher gearbeitet, aber kurz zuvor gekündigt. Keiner wusste, wohin er gezogen war. Ich hielt
es für sehr wahrscheinlich, dass es sich um den Mann handelte, nach dem wir suchten. Aber es gelang mir nicht, meinen Chef zu überreden, eine groß angelegte Fahndung nach ihm zu starten. Verstehst du, John: Dass ich so viel Zeit mit der Army-Bürokratie vergeudet hatte, war einzig und allein Spavens Schuld. Wenn er mir geholfen hätte, hätte ich Sloane erwischt, bevor er die Chance hatte zu verschwinden. Ich weiß es, ich spüre es. Ich hätte ihn haben können. Stattdessen hatte ich lediglich meine Wut und meine Enttäuschung, und die ließ ich beide
wohl etwas zu lautstark raus. Der Chef zog mich vom Fall ab, und das war's dann .
»Dein Kaffee wird kalt«, sagte Jack. Rebus nahm einen großen Schluck und blätterte eine Seite weiter. Zumindest war's das, bis Spaven wieder in mein Leben trat. Er zog praktisch zur selben Zeit wie ich nach Edinburgh. Es war so, als verfolgte er mich, und ich konnte ihm nicht verzeihen, was er getan hatte. Wenn überhaupt, verachtete ich ihn mit der Zeit nur noch mehr. Deswegen wollte ich ihn für den Mord an Elsie Rhind drankriegen. Ich gebe es zu, vor dir und jedem anderen, der das hier lesen wird: Ich war so versessen
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