Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
Geldverleih, Schutzgelderpressung, Straßenstrich, Wetten.«
»Drogen?«
»Vielleicht. Bei Uncle Joe gibt's jede Menge Vielleichts. Das werden Sie selbst feststellen, wenn Sie die Akten lesen. Er ist so aalglatt wie eine thailändische Badenutte - ein paar Massagesalons hat er nämlich auch. Dann gehört ihm ein großer Teil der Taxis, die von der Sorte, die das Taxameter nicht einschalten, wenn man einsteigt; oder falls doch, ist der Meilentarif nach oben verstellt. Die Fahrer sind durchweg arbeitslos gemeldet, kriegen Stütze. Wir haben etliche von ihnen angesprochen, aber die sagen nicht ein Wort gegen Uncle Joe. Das Problem ist, wenn das Sozialamt anfängt, nach Leistungsschnorrern zu schnüffeln, bekommen die Fahnder umgehend einen Brief. Darin steht haargenau aufgelistet, wo sie wohnen, wie der jeweilige Ehepartner heißt und wo er während des Tages jeweils anzutreffen ist, wie die Kinder heißen, in welche Schule sie gehen...«
»Alles klar.«
»Also stellen sie den Antrag, in eine andere Abteilung versetzt zu werden, und in der Zwischenzeit lassen sie sich wegen Einschlafproblemen krankschreiben.«
»Okay, Uncle Joe ist also nicht Glasgows Mann des Jahres. Wo wohnt er?«
Ancram leerte seinen Becher. »Das ist ein besonders hübsches Detail. Er wohnt in einem Haus, das mit öffentlichen Mitteln gebaut wurde. Aber vergessen Sie nicht: Verlagsmogul Robert Maxwell war auch so ein Nutznießer des sozialen Wohnungsbaus. Sie müssten den Schuppen einmal sehen.«
»Habe ich auch vor.«
Ancram schüttelte den Kopf. »Er wird nicht mit Ihnen reden, man wird Sie gar nicht erst reinlassen.«
»Wetten, dass doch?«
Ancram kniff die Augen leicht zusammen. »Sie klingen ziemlich selbstsicher.«
Jack Morton ging an ihnen vorbei und verdrehte dabei die Augen: eine Stellungnahme zum Leben im Allgemeinen. Er kramte in seinen Taschen nach Kleingeld. Während er darauf wartete, dass der Automat seinen Becher füllte, wandte er sich zu ihnen.
»Chick, in der Lobby?« Ancram nickte. »Um eins?«
»Gebongt.«
»Irgendwelche Mitarbeiter?«, fragte Rebus. Er stellte fest, dass Ancram ihn immer noch nicht aufgefordert hatte, ihn bei seinem Spitznamen zu nennen.
»Oh, davon hat er jede Menge. Seine Leibwächter sind Bodybuilder, handverlesen. Dann hat er noch ein paar Verrückte, richtige Psychopathen. Die Bodybuilder mögen gefährlich aussehen, aber diese anderen sind gefährlich. Es gab Tony El, Plastiktütenlieferant mit einer Schwäche für Elektrowerkzeuge. Uncle Joe hat immer noch ein, zwei von seiner Sorte. Und dann gibt's Joes Sohn, Malky.«
»Mr. Stanley Messer?«
»Von diesem speziellen Hobby können sämtliche Notaufnahmen von Glasgow ein Lied singen.«
»Tony El hat sich aber in letzter Zeit nicht blicken lassen?«
Ancram schüttelte den Kopf. »Aber ich hab Ihretwegen meine Spitzel ausgeschickt; ich müsste im Lauf des Tages Rückmeldung erhalten.«
Drei Männer stießen die zweiflügelige Tür am Ende des Gangs auf.
»Sieh da, sieh da«, sagte Ancram mit gedämpfter Stimme, »der Mann mit den Kristallnüssen.«
Rebus erkannte einen der Männer von einem Foto in einer Illustrierten her wieder: Es war Aldous Zane, der amerikanische Hellseher. Er hatte der Polizei irgendeiner Stadt in den USA bei der Fahndung nach Merry Mac geholfen, so genannt, weil jemand, der - ohne zu ahnen, was auf der anderen Seite der Mauer geschah - zufällig am Schauplatz eines seiner Morde vorbeigekommen war, ein tiefes gurgelndes Lachen gehört hatte. Zane hatte seine übersinnlichen Eindrücke vom Wohnort des Mörders geschildert. Als die Polizei den »Lustigen Mac« endlich festnahm, wiesen die Medien darauf hin, dass der Ort eine verblüffende Ähnlichkeit mit der von Zane gelieferten Beschreibung aufwies.
Ein paar Wochen lang war Zane überall auf der Welt in den Medien. Das genügte, um ein schottisches Boulevardblatt auf die Idee zu bringen, ihm ein Honorar zu zahlen, damit er seine parapsychologische Sicht des Johnny-Bible-Falls zum Besten gab. Und die Polizeibonzen waren verzweifelt genug gewesen, um ihre Kooperation anzubieten.
»Morgen, Chick«, sagte einer der anderen Männer.
»Morgen, Terry.«
»Terry« sah Rebus an und wartete darauf, mit ihm bekannt gemacht zu werden.
»DI John Rebus«, sagte Ancram. »DCS Thompson.«
Der Detective Chief Superintendent reichte Rebus die Hand. Er war Freimaurer, wie jeder zweite Bulle. Rebus gehörte nicht zur Bruderschaft, hatte aber gelernt, den Handschlag zu
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