Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
schon eins.« Sie winkte. Der Fahrer blinkte und hielt mit kreischenden Reifen an. »Halt mich auf dem Laufenden«, sagte sie.
»Ich ruf sofort danach an.«
»Danke.«
Sie gab ihm ein Küsschen auf die Wange, eine Hand auf seiner Schulter, um das Gleichgewicht zu behalten.
Dann stieg sie in das Taxi, schloss die Tür und nannte dem Fahrer ihre Adresse. Rebus beobachtete, wie das Taxi langsam wendete und sich in den Verkehr in Richtung Tollcross einfädelte.
Rebus stand einen Augenblick da und starrte auf seine Schuhe. Sie hatte ihn um einen Gefallen bitten wollen, das war alles. Gut zu wissen, dass er für das eine oder andere noch immer zu gebrauchen war. »Feardie Fergie«, Fergus McLure. Ein Name aus früheren Zeiten; einstiger Freund eines gewissen Lenny Spaven. Eindeutig eine morgendliche Spritztour nach Ratho wert.
Er sah ein weiteres Taxi kommen, winkte es heran, stieg ein.
»Zur Oxford Bar«, sagte er.
Je mehr Bible John über den Parvenü nachdachte... je mehr er über ihn in Erfahrung brachte... desto fester wurde seine Überzeugung, dass Aberdeen der Schlüssel war.
Er saß in seinem Arbeitszimmer und starrte auf die PARVENÜ-Datei auf dem Bildschirm seines Laptops. Der Abstand zwischen Opfer eins und zwei betrug sechs Wochen, zwischen Opfer zwei und drei nur vier. Johnny Bible war ein hungriger kleiner Teufel, aber bislang hatte er nicht wieder getötet. Oder falls doch, vergnügte er sich noch immer mit der Leiche. Aber das war nicht der Stil des Parvenüs. Er brachte sie schnell um, präsentierte dann der Welt die Leichen. Bible John hatte sich zurückgearbeitet und zwei Zeitungsartikel gefunden, beide in der Aberdeener Press and Journal . Eine Frau war auf dem Heimweg von einem Nachtlokal überfallen worden, ein Mann hatte versucht, sie in eine Gasse zu zerren. Sie hatte geschrien, er war in Panik geraten und geflüchtet. Bible John war eines Nachts zum Tatort gefahren. Er hatte in der Gasse gestanden und sich den Parvenü vorgestellt, wie er dastand und wartete, bis das Nachtlokal sich leerte. Nicht weit davon entfernt lag eine Wohnsiedlung, und der Weg dorthin führte an der Mündung der Gasse vorbei. Oberflächlich betrachtet, war es die ideale Stelle, aber der Parvenü war nervös gewesen, schlecht vorbereitet. Er hatte wahrscheinlich ein, zwei Stunden lang da gewartet, in einer dunklen Ecke versteckt, und die ganze Zeit befürchtet, jemand könnte über ihn stolpern. Seine Entschlossenheit war gekommen und gegangen. Als er sich endlich für ein Opfer entschieden hatte, war es ihm nicht gelungen, es schnell genug außer Gefecht zu setzen. Ein Schrei genügte, um ihn in die Flucht zu schlagen.
Ja, das konnte ohne weiteres der Parvenü sein. Er hatte seinen Misserfolg analysiert, war auf einen besseren Plan verfallen: in den Nachtklub gehen, mit dem Opfer ins Gespräch kommen... das Opfer in Sicherheit wiegen, dann zuschlagen.
Zweite Zeitungsmeldung: eine Frau, die sich über einen Spanner in ihrem Garten beklagte. Als die Polizei gerufen wurde, fand sie Kratzspuren an ihrer Küchentür, ungeschickte Versuche, ins Haus einzudringen. Vielleicht ein Zusammenhang mit der ersten Geschichte, vielleicht auch nicht. Story Nummer eins: acht Wochen vor dem ersten Mord. Story Nummer zwei: noch einmal vier Wochen früher. Ein zeitliches Muster formte sich heraus und ein weiteres Muster, das das Erste überlagerte: Aus Spanner wird Gewalttäter. Natürlich konnten ihm weitere Vorfälle entgangen sein, Meldungen aus anderen Städten, die abweichende Theorien erforderlich gemacht hätten, aber Bible John begnügte sich gern mit Aberdeen. Erstes Opfer: Das erste Opfer stammte häufig aus demselben Ort. Sobald das Selbstvertrauen des Killers gewachsen war, begann er weitere Kreise zu ziehen. Aber dieser erste Erfolg war ungeheuer wichtig.
Ein zaghaftes Klopfen an der Tür des Arbeitszimmers. »Ich habe Kaffee gemacht.«
»Ich komme gleich.«
Zurück zu seinem Computer. Er wusste, dass die Polizei damit beschäftigt war, Phantombilder zusammenzubasteln, Täterprofile zu erstellen, erinnerte sich an das seine, das ein Psychiater erstellt hatte. Dass er »eine Kapazität« war, hatte man an den vielen Buchstaben hinter seinem Namen gesehen: BSc, BL, MA, MB, ChB, LLB, DPA, FRCPath. Bedeutungslos im größeren Zusammenhang, ebenso wie es sein Gutachten gewesen war. Bible John hatte es vor Jahren in einem Buch gelesen. Die wenigen tatsächlich auf ihn zutreffenden Eigenschaften hatte er zu ändern versucht.
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