Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
du ein guter Menschenkenner, und du weißt genug über Spitzel.«
»Mein Spezialgebiet fürs Fernsehquiz.«
»Ich möchte nur wissen, ob du ihn für koscher hältst. Ich hab keine Lust, die ganze Ermittlungsmaschinerie anzuleiern - vielleicht eine Überwachung anzuordnen, Telefone anzuzapfen, am Ende noch einen Deal zu fingieren -, bloß damit mir anschließend jemand den Teppich unter den Füßen wegzieht.«
»Kapiert, aber dir ist doch klar, dass die SC-Squaddies ganz schön sauer sein werden, wenn du sie nicht einweihst. Sie haben die nötige personelle Ausstattung und Erfahrung für solche Aktionen.« Sie starrte ihn an. »Seit wann hältst du dich an die Vorschriften?«
»Wir reden nicht von mir. Ich bin das schwarze Schaf von Lothian und Borders - man dürfte der Meinung sein, dass eins schon mehr als genug ist.«
Ihr Essen kam; der Tisch füllte sich mit Tellern und Schüsseln. Sie sahen sich an und merkten, dass sie keinen so großen Appetit mehr hatten.
»Noch zweimal das Gleiche«, sagte Rebus und reichte dem Kellner sein leeres Glas. Zu Gill: »Also erzähl mir Fergies Story.«
»Da gibt's nicht viel zu erzählen. Irgendwelche Drogen kommen nach Norden, in einer Lieferung Antiquitäten versteckt. Die werden dann den Dealern übergeben.«
»Und die Dealer sind...?«
Sie zuckte die Schultern. »McLure glaubt, es seien Amerikaner.« Rebus runzelte die Stirn. »Wer? Die Verkäufer?«
»Nein, die Käufer. Die Verkäufer sind Deutsche.«
Rebus ging im Kopf alle größeren Edinburgher Drogenhändler durch, aber ihm fiel kein einziger Amerikaner ein.
»Ich weiß«, sagte Gill, als habe sie seine Gedanken gelesen.
»Neulinge, die sich in den Markt zu drängen versuchen?«
»McLure glaubt, dass der Stoff noch weiter nach Norden soll.«
»Dundee?«
Sie nickte. »Und Aberdeen.«
Schon wieder Aberdeen. Herrgott. Echt was los in der Stadt. »Und wie hängt Fergie da mit drin?«
»Eine seiner Auktionen wäre die perfekte Tarnung.«
»Er liefert die Deckung?«
Wieder ein Nicken. Sie kaute an einem Stück Hühnchen, stippte Nan-Brot in die Sauce. Rebus sah ihr beim Essen zu und erkannte vertraute Kleinigkeiten wieder; wie sich beim Kauen ihre Ohren bewegten, wie ihre Augen über die verschiedenen Gerichte huschten, wie sie anschließend die Finger aneinander rieb... An ihrem Hals entdeckte er Ringe, die vor fünf Jahren noch nicht da gewesen waren, und wenn sie zum Friseur ging, ließ sie sich vielleicht den Haaransatz färben. Aber sie sah gut aus. Sie sah toll aus.
»Nun?«, fragte sie.
»Ist das alles, was er dir gesagt hat?«
»Er hat Angst vor diesen Dealern, zu viel Angst, um sie einfach zum Teufel zu jagen. Aber das Letzte, was er möchte, ist, dass wir selbst auf die Sache kommen und ihn wegen Beihilfe einbuchten. Deswegen verpfeift er die.«
»Obwohl er Angst hat?«
»M-hm.«
»Und wann soll das Ganze über die Bühne gehen?«
»Wenn sie ihn anrufen.«
»Ich weiß nicht, Gill. Wenn das ein Kleiderhaken wäre, könntest du nicht mal ein Taschentuch dran aufhängen, geschweige denn deinen Mantel.«
»Anschaulich formuliert.«
Während sie das sagte, starrte sie auf seine Krawatte. Es war eine knallige Krawatte, und zwar absichtlich: Sie sollte die Aufmerksamkeit der Betrachterin von seinem ungebügelten Hemd mit dem fehlenden Knopf ablenken.
»Okay, ich werd morgen ein paar Takte mit ihm reden, mal sehen, ob ich mehr aus ihm rausquetschen kann.«
»Aber sanft.«
»Er wird Wachs in meinen Händen sein.«
Sie aßen nur zur Hälfte auf, fühlten sich trotzdem wie genudelt. Der Kaffee und die Pfefferminzbonbons kamen. Gill steckte beide Bonbons für später in ihre Umhängetasche. Rebus nahm einen dritten Whiskey. Er dachte voraus, sah sich und sie schon draußen vor dem Restaurant stehen. Er konnte anbieten, sie zu Fuß nach Haus zu begleiten, oder sie zu sich einladen. Nur würde sie nicht über Nacht bleiben können: Am nächsten Morgen könnten draußen Reporter lauern.
John Rebus: eingebildeter Dreckskerl.
»Warum lächelst du?«, erkundigte sie sich.
»Damit ich's nicht verlerne.«
Sie teilten sich die Rechnung, wobei die Getränke so viel wie das ganze Essen kosteten. Und dann waren sie draußen. Die Nacht war kühl geworden.
»Wie stehen meine Chancen, ein Taxi zu bekommen?« Gill sah links und rechts die Straße entlang.
»Die Pubs haben noch auf, dürfte kein Problem sein. Mein Auto steht bei mir vor dem Haus...«
»Danke, John, ich komm schon zurecht. Schau, da ist
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