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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Grangemouth gebracht. Die Straßen, durch die sie schließlich fuhren, waren dunkel und eng, von Gebäuden gesäumt, die schon etliche Jahrzehnte auf dem Buckel hatten.
    »Zwei Welten geraten aneinander«, murmelte Rebus, während er das alles in sich aufnahm.
    »Ich fürchte, ihre Chancen, zum Freiluftmuseum zu avancieren, hat sich die Stadt gründlich verscherzt.«
    »Was die Einheimischen zweifellos zutiefst schmerzt.« Er sah nach den Straßenschildern. »Da wären wir.« Sie parkten vor einer Reihe von cottageartigen Häuschen mit durchweg ausgebauten Dachgeschossen.
    »Nummer elf«, sagte Siobhan. »Die Frau heißt Wilkie.«
    Mrs. Wilkie erwartete sie schon. Sie schien die Sorte Nachbarin zu sein, wie jede Straße eine aufweist: schamlos neugierig. Das konnte durchaus seine Vorzüge haben, aber Rebus wäre jede Wette eingegangen, dass manche ihrer Nachbarn das ganz anders sahen.
    Ihr Wohnzimmer war ein überheizter Schuhkarton, in dem ein großes kunstvoll gestaltetes Puppenhaus den Ehrenplatz einnahm. Als Siobhan aus Höflichkeit Interesse daran bekundete, hielt Mrs. Wilkie einen zehnminütigen Vortrag über dessen Geschichte. Rebus hätte schwören können, dass sie dabei nicht einmal Luft holte und dadurch keinem ihrer zwei Gefangenen die geringste Gelegenheit gab, das Gespräch in andere Bahnen zu lenken.
    »Na, ist das nicht wunderschön?«, sagte Siobhan und warf Rebus einen Blick zu. Als sie seine Miene sah, musste sie sich sehr beherrschen, um nicht laut loszuprusten. »Also, was diesen Jungen angeht, Mrs. Wilkie...?«
    Sie nahmen alle Platz, und Mrs. Wilkie erzählte ihre Geschichte. Sie kannte das Foto des Knirpses aus der Zeitung, und wie sie gegen zwei vom Einkaufen zurückkam, hatte sie ihn auf der Straße Fußball spielen sehen.
    »Kickte den Ball gegen die Mauer von Montefiores Autowerkstatt. Da ist so eine niedrige Steinmauer rund um den...« Sie machte entsprechende Gesten. »Wie heißt das noch mal?«
    »Tankbereich?«, schlug Siobhan vor.
    »Das ist das Wort.« Sie lächelte Siobhan zu. »Sie sind bestimmt ganz groß im Kreuzworträtsellösen, bei Ihrem Verstand!«
    »Haben Sie den Jungen angesprochen, Mrs. Wilkie?«
    »Eigentlich Miss Wilkie. Ich habe nie geheiratet.«
    » Wirklich nicht?« Rebus brachte eine überraschte Miene zustande. Siobhan hustete in ihre Hand, reichte dann Miss Wilkie ein paar Schnappschüsse von Billy Horman.
    »Nun, die sehen ihm ähnlich, keine Frage«, sagte die alte Frau, während sie die Bilder durchging. Eins davon hielt sie hoch.
    »Abgesehen von diesem hier.«
    Siobhan nahm ihr das aussortierte Foto ab. Rebus wusste, dass sie das Bild eines anderen Jungen hineingeschmuggelt hatte, um die Zuverlässigkeit der Zeugin zu überprüfen. Miss Wilkie hatte den Test bestanden.
    »Um Ihre Frage zu beantworten«, sagte Miss Wilkie, »nein, ich habe nichts gesagt. Ich bin nach Hause und habe mir das Bild in der Zeitung noch einmal angesehen. Dann habe ich die Nummer angerufen, die da angegeben war und mit einem sehr netten jungen Mann von der Polizei gesprochen.«
    »Und das war gestern?«
    »Richtig, und heute habe ich das Jungchen nicht gesehen.«
    »Sie haben ihn also nur das eine Mal zu Gesicht bekommen?« Miss Wilkie nickte. »Wie er ganz allein spielte. Er sah so einsam aus.« Sie hatte die Fotos zurückgegeben und war aufgestanden, um aus dem Fenster zu sehen. »In einer Straße wie dieser fallen Fremde auf.«
    »Ich bin sicher, dass Ihnen nicht viel entgeht«, meinte Rebus.
    »Die ganzen Autos heutzutage... es wundert mich, dass Sie überhaupt einen Parkplatz gefunden haben.«
    Rebus und Siobhan sahen einander an, dankten Miss Wilkie dafür, dass sie sich die Zeit genommen hatte, und gingen.
    Draußen blickten sie sich nach allen Seiten hin um. Am hinteren Ende der Straße gab es eine Autowerkstatt. Sie gingen in deren Richtung.
    »Wie meinte sie das mit den Autos?«, fragte Siobhan.
    »Ich schätze, dass ständig jemand vor ihrem Fenster parkt. Dadurch wird es für sie schwerer, alles zu beobachten, was draußen so vor sich geht.«
    »Ich bin beeindruckt.«
    »Nicht dass ich aus eigener Erfahrung sprechen würde...« Aber in Miss Wilkies' Häuschen hatte Rebus eine plötzliche Niedergeschlagenheit verspürt. Auch er war ein Beobachter, ein Zuschauer. All die Nächte, die er in seiner Wohnung bei ausgeschaltetem Licht verbrachte, aus dem Fenster schaute... Würde er mit zunehmendem Alter ebenfalls zu einer Miss Wilkie mutieren: dem neugierigen Nachbarn der

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