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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Windmühle aus Armen und Beinen, vor ihr das Ziel und rammte den Kopf gegen eine ungeschützte Nase. Zu ihrer Verblüffung erkannte sie in ihr Brian »Barney« Mich. Was ihm an Eleganz und Treffsicherheit fehlte, kompensierte er durch seine Berserkerwut. Er drosch wie eine Maschine auf die drei ein. Es dauerte höchstens eine Minute, aber schließlich wankten drei Figuren angeschlagen in die zunehmende Dunkelheit, während Barney erschöpft zu Boden sank und sich auf den Rücken legte, das Gesicht dem Mond und den Sternen zugewandt.
    Mitch hatte sich halb aufgerichtet und saß mit einer Hand an der Brust, der anderen auf einem Auge da. Beide Hände waren blutverschmiert. Seine Lippe war aufgeplatzt, aus seiner Nase tropfte Blut. Als er ausspuckte, hing an der dicken Speichelschliere ein halber Zahn. Janice stand über Barney Mich gebeugt. So, wie er jetzt dalag, sah er gar nicht mehr so klein aus. Er wirkte... kompakt, aber heldenhaft. Er öffnete die Augen und sah sie, schenkte ihr ein Lächeln.
    »Leg dich hier hin«, sagte er. »Da ist was, was du sehen solltest.«
    »Was?«
    »Im Stehen siehst du es nicht. Du musst dich schon hinlegen.«
    Sie glaubte ihm nicht, legte sich aber trotzdem hin. Was machte es schon aus, wenn ihr Kleid schmutzig wurde? Es war hinten sowieso schon aufgerissen. Ihr Gesicht war nur eine Handbreit von seinem entfernt.
    »Und, wo soll ich jetzt hingucken?«, fragte sie.
    »Da hinauf«, antwortete er und zeigte nach oben.
    Und sie guckte. Der Himmel war nicht schwarz, aber dunkel und mit Streifen von weißen Sternen und Wolken überzogen. Und der Mond sah riesig und orange statt gelb aus.
    »Ist das nicht Wahnsinn?«, fragte Barney Mich. »Das find ich jedes Mal wieder, wenn ich da hochsehe.«
    Sie wandte sich zu ihm. »Du bist Wahnsinn«, sagte sie. Er lächelte über das Kompliment. »Was hast du vor?«
    »Du meinst, nach der Schule?« Sie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Mir Arbeit suchen wahrscheinlich.«
    »Du solltest aufs College.«
    Sie sah ihn aufmerksamer an. »Warum?«
    »Du gäbst eine gute Lehrerin ab.«
    Sie lachte. »Wie kommst du darauf?«
    »Ich beobachte dich im Unterricht immer. Du wärst gut, das weiß ich. Die Kinder würden dir zuhören.« Jetzt sah er sie an. »Ich würd's jedenfalls tun«, meinte er.
    Mitch räusperte sich und spuckte blutigen Schleim aus. »Wo ist Johnny?«, fragte er.
    Janice zuckte die Achseln. Mitch nahm die Hand vorsichtig von seinem Auge. »Scheiße, ich bin blind«, sagte er. »Und es tut weh.« Er beugte sich vornüber und fing an zu weinen. »Es tut mir im Kopfweh.«
    Janice und Barney standen auf, halfen ihm auf die Beine. Sie holten einen Lehrer, damit er ihn ins Krankenhaus fuhr. Als Johnny Rebus wieder zu sich kam, war die Show schon vorbei. Er bekam nicht mal mit, dass Janice mit Barney Mich tanzte. Er wollte bloß eins: ins Krankenhaus.
    »Ich muss ihm unbedingt was sagen.«
    Schließlich kamen Mitchs Eltern und nahmen Johnny mit nach Kirkcaldy.
    »Was um Gottes willen ist passiert?«, fragte Mitchs Mum.
    »Ich weiß es nicht, war nicht dabei.«
    Sie sah ihn an. »Warst nicht dabei?« Er schüttelte beschämt den Kopf. »Wo hast du dann die Schramme her...?«
    Vom Jochbein bis hinunter zum Kinn: eine lange violette Spur. Und er konnte niemandem sagen, wo die herkam.
    Im Krankenhaus mussten sie lange warten. Es war von Röntgenbildern die Rede, angebrochenen Rippen.
    »Wenn ich rauskriege, wer das getan hat...«, sagte Mitchs Dad und ballte die Fäuste.
    Und dann, später, die böse Nachricht: partielle Netzhautablösung, vielleicht sogar Schlimmeres. Mitch würde die Sehfähigkeit eines Auges verlieren.
    Und als Johnny endlich zu ihm ins Zimmer durfte -»aber ja nicht zu lang, ihn ja nicht überanstrengen!« -, hatte Mitch bereits davon erfahren und war in Tränen aufgelöst.
    »Herrgott, Johnny. Auf einem Auge blind, wie findest du das?« Das fragliche Auge war mit einem Mullverband bedeckt.
    »Ich bin ein gottbeschissener Long John Silver Junior!« Einer der anderen Patienten im Mehrbettzimmer hustete, als er den lästerlichen Ausdruck hörte. »Und du kannst dich ins Knie ficken, du Wichser!«, schrie ihn Mitch an.
    »Herrgott, Mitch«, flüsterte Johnny. Mitch packte ihn am Handgelenk, drückte mit aller Kraft.
    »Jetzt musst du übernehmen. Für uns beide.«
    Johnny leckte sich die Lippen. »Wie meinst du das?«
    »Mich nehmen die nicht mehr, nicht mit nur einem Auge. Tut mir Leid, Kumpel. Tut mir echt Leid.«
    Johnny zitterte

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