Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten
und Geschichten aus seiner Zeit »im Feld«. Er erklärte ihnen, die Grundausbildung würden sie mit links schaffen.
Er hatte einen Schnauzer und eine Wampe und erzählte ihnen, sie würden »jede Menge zu ficken und zu saufen kriegen«: »Zwei gut aussehende Burschen wie ihr, da wird's euch bald aus den Ohren rauslaufen.«
Johnny Rebus war nicht ganz klar gewesen, was Letzteres genau bedeutete, aber Mitch hatte sich die Hände gerieben und war in das verschwörerische Lachen des Sergeants eingefallen.
Damit war's also erledigt gewesen. Johnny brauchte es jetzt nur noch seinem Dad und Janice zu erzählen.
Wie sich herausstellte, war sein Dad überhaupt nicht begeistert. Er hatte im Zweiten Weltkrieg eine Zeit lang im Fernen Osten gedient. Er besaß ein paar Fotos und einen schwarzen Seidenschal mit dem eingestickten Taj Mahal. Er hatte eine Narbe am Knie, die in Wirklichkeit nicht von einer Schussverletzung stammte, obwohl er das immer behauptete.
»Das ist nichts für dich«, sagte Johnnys Vater. »Was du brauchst, ist ein richtiger Job.« Das ging eine ganze Weile so hin und her. Dann hatte sein Dad den entscheidenden Satz ausgesprochen: »Was wird Janice dazu sagen?«
Janice sagte nichts. Rebus schob die Aussprache immer weiter hinaus. Und dann erfuhr sie es eines Tages von ihrer Mum, die mit Johnnys Dad geredet und erfahren hatte, dass Johnny mit dem Gedanken spielte, wegzugehen.
»Das ist ja schließlich nicht für immer«, argumentierte er. »Ich werde jede Menge Urlaub haben.«
Sie verschränkte die Arme, so, wie das ihre Mutter immer tat, wenn sie das Recht auf ihrer Seite wähnte. »Und ich darf dann so lange auf dich warten?«
»Mach doch, was du willst«, sagte Johnny und kickte gegen einen Stein.
»Das hab ich auch vor«, sagte sie und ließ ihn stehen.
Später vertrugen sie sich wieder. Er ging zu ihr nach Haus und hinauf in ihr Zimmer. Dies war der einzige Ort, an dem sie reden konnten. Ihre Mum brachte ihnen Saft und Kekse; ließ ihnen zehn Minuten Zeit und tauchte dann wieder auf, um nachzusehen, ob sie noch etwas brauchten. Johnny sagte, es täte ihm Leid.
»Heißt das, du hast es dir anders überlegt?«, fragte Janice.
Er zuckte die Achseln. Er wusste es selbst nicht. Wen sollte er hängen lassen: Janice oder Mitch?
Als der Tag der Abschlussfete kam, hatte er sich entschieden. Mitch konnte allein gehen. Johnny würde dableiben, sich irgendeinen Job suchen und Janice heiraten. Das würde kein schlechtes Leben werden. Viele hatten schon vor ihm das Gleiche getan. Er würde es Janice beim Fest sagen. Und Mitch natürlich auch.
Aber zuerst füllten sie sich noch ein bisschen ab. Mitch hatte ein paar Flaschen und einen Offner organisiert. Sie schlichen sich auf den Friedhof, der direkt neben der Schule lag, zischten jeder ein paar, lagen dann im Gras, inmitten von Grabsteinen. Und es war angenehm, gemütlich . Johnny schluckte sein Geständnis wieder hinunter. Das musste noch warten; er konnte unmöglich diesen Augenblick verderben. Mitch sprach über die Länder, die sie besuchen, die Dinge, die sie sehen und tun würden.
»Und die werden sich alle in den Arsch beißen, wart's nur ab.« Womit er all diejenigen meinte, die in Bowhill blieben, alle ihre Freunde, die aufs College, in die Zeche oder auf die Werft gehen wollten. »Kacke, wir werden in der ganzen Welt herumkommen, Johnny, die aber nie was anderes zu sehen kriegen als das hier.« Und Mitch breitete die
Arme aus, bis seine Fingerspitzen die raue Oberfläche zweier Grabsteine berührten. »Und das wird alles sein, was sie je zu erwarten haben...«
Als sie auf den Schulhof zurückmarschierten, fühlten sie sich unangreifbar. Ein Lehrer und der Konrex standen an der Tür und rissen Eintrittskarten ab.
»Ich rieche Bier«, sagte der Konrex. Erwischt! Dann zwinkerte er.
»Ihr hättet mir ruhig eins übrig lassen können.«
Johnny und Mitch lachten noch immer, als sie, jetzt total erwachsen, in die Aula spazierten. Musik spielte, Leute tanzten. Im Speisesaal Klapptische, mit Softdrinks und Sandwiches beladen. In der Aula ringsum an den Wänden aufgereihte Stühle; Getuschel, Blicke. Es fühlte sich - nur einen Moment lang - so an, als ob alle die beiden Neuankömmlinge ansähen... sie ansähen und beneideten . Mitch gab Johnny einen Klaps auf den Arm und steuerte auf seine Freundin Myra zu. Johnny wusste, dass er es ihm am Ende des Festes sagen würde.
Er schaute sich nach Janice um, konnte sie aber nirgendwo entdecken. Er
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