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Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Titel: Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Öffentlichkeit dringen lassen wollte? Und als er wiederkam, hätte er für sein Schweigen Geld erpresst? Gut, so weit kann ich noch folgen. Aber warum schleppt er das Geld in Grimbles Haus? Warum geht er überhaupt dort hinein? Vermutlich war er doch mit einem Wohnwagen oder in einem Wohnmobil gekommen. Warum ist er nicht dorthin zurück?«
    »Und wenn er zum Obstpflücken keine Lust mehr gehabt hatte, nachdem er das Geld bekommen hat? Dann ist er in Grimbles Haus eingedrungen, wo er höchstwahrscheinlich schon früher gewesen war. Man kam ganz leicht hinein. Ganz Flagford scheint dort ein und aus gegangen zu sein. Ich habe keine Ahnung, warum er sich nicht in seinem Wohnmobil waschen konnte, oder auch in einer Dusche auf dem Campingplatz. Leider haben wir nur einen einzigen Beweis dafür, dass er dieses Bad je betreten hat. Und der stammt von Mrs. McNeil. Vielleicht ist es ja so gewesen. Vielleicht wollte er sich gründlich waschen und hat sich gedacht, dort gäbe es reichlich fließend Wasser. Seine abgelegte Kleidung war ziemlich abgetragen. Meines Erachtens wollte er sich an den Sachen aus dem Kleiderschrank des alten Grimble bedienen.«
    Anscheinend war Burden von dieser Theorie begeistert. »Was? Vielleicht einen Anzug? Wahrscheinlich aber eher eine Hose und das Sportsakko, das wir dort gesehen haben.«
    »Vermutlich. Aber bevor es dazu kam, bevor er sich noch waschen konnte, erscheint Ronald McNeil mit einem Gewehr auf der Bildfläche.«
    »Und auf dem Campingplatz hat ihn keiner vermisst?«
    »Hängt ganz von seinen Plänen ab. Vielleicht hat er seinen Kumpels erzählt, er wolle nicht mehr länger dort bleiben. Er sei ein bisschen zu Geld gekommen – wie und woher hätte er ja nicht unbedingt sagen müssen –, er wisse, woher er ordentliche Kleidung bekäme, und sobald er die hätte, würde er abhauen.«
    »Wäre denen nicht aufgefallen, dass er seinen Wohnwagen oder vielleicht sein Auto stehen gelassen hat?«
    Wexford schüttelte den Kopf. »Nicht zwangsläufig. Bei diesen Leuten hat nicht jeder ein Auto oder eine Art Wohnwagen. Manchmal sitzen sie zu dritt oder zu viert in einem Auto. Vielleicht haben sie gemerkt, dass er zum Beispiel einen Rucksack vergessen hat, in dem aber wohl kaum viel Brauchbares gewesen sein dürfte. Da die meisten von ihnen keinen festen Wohnsitz haben, würden sie niemanden als vermisst melden. Mike, meiner Ansicht nach handelt es sich um einen dieser Obstpflücker. Gehen wir mal bei unseren weiteren Ermittlungen davon aus.«
    Auf dem Heimweg hielt er noch bei Iman Dirir. Er wusste, dass sie zu Hause war. Er hatte ihren Schatten durchs Vorderfenster gesehen. Auf den ersten flüchtigen Blick hatte er sie für ihre eigene Tochter gehalten, denn diese Frau trug ihre langen schwarzen Haare offen, fast bis zur Taille. Es dauerte eine Weile, bis sie öffnete. Beinahe hätte er zum zweiten Mal geklingelt. Sie trug einen weltweit verbreiteten Einheitslook: schwarze Hose und eine lange Bluse. Sie gingen ins Wohnzimmer, in dem es haargenau so aussah wie bei einem in Turnbridge geborenen Akademikerpaar: weiße Wände, eine geblümte Couchgarnitur und ein gut gefülltes Bücherregal. Der Plasmafernseher hätte John Grimble neidisch gemacht.
    »Kann ich Ihnen etwas anbieten? Ein Glas Wein? Für Freunde haben wir Wein, auch wenn wir keinen trinken.«
    Er lächelte. »Danke, aber ich kann nicht bleiben. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass meine Kinderschutzbeamtin, die ihren Job ausgezeichnet macht, bei Mateas Eltern gewesen ist und ihnen dringend abgeraten hat, ihre fünfjährige Tochter in die Heimat mitzunehmen. Sie ist taktvoll vorgegangen und hat ihnen erklärt, dass es ein Verbrechen ist, ein Kind ins Ausland zu bringen und dort beschneiden zu lassen, und dass die Höchststrafe vierzehn Jahre Gefängnis beträgt.«
    »Wahrscheinlich haben sie es abgestritten«, sagte Iman Dirir.
    »Sie meinten, sie würden nur Ferien machen. Wie gut kennen Sie die Familie?«
    »Gut genug, um anzurufen und mit ihnen zu reden. Möchten Sie, dass ich das mache?«
    »Ja«, sagte er, »unbedingt. Außerdem sollte es bald geschehen. Sie reisen in wenigen Tagen ab.«
    Sie streckte ihm ihre lange hellbraune Hand mit den dunkelrot lackierten Nägeln hin. Es war mehr als nur ein Händeschütteln. Diese Geste war ein Versprechen, beziehungsweise eine Verpflichtung. »Ich werde mein Bestes tun«, sagte sie.
    Ein ehemals weißes T-Shirt, auf dem ein Skorpion und der Name »Sam« aufgedruckt waren. Eigentlich ziemlich

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