Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspektor Jury küsst die Muse

Inspektor Jury küsst die Muse

Titel: Inspektor Jury küsst die Muse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
nötig.» Lasko bewegte den Zahnstocher in seinem Mund. «Du weißt schon, diese Reisegesellschaft, zu der der kleine Farraday gehört.» Lasko steckte das Programm wieder in die Hülle. «Gwendolyn Bracegirdle gehörte auch dazu.» Sam Lasko ließ Jury diese Nachricht erst einmal verdauen, bevor er sein Notizbuch herauszog und darin blätterte. «Toller Name, was? Man denkt sofort an die alten Südstaaten, an Tara und so. Warst du schon einmal in Amerika, Jury?» Es war eine rhetorische Frage. Lasko wartete die Antwort gar nicht ab, sondern fuhr mit seiner Aufzählung fort.
    «Dieser Bursche namens Honeycutt hat die Sache aufgezogen, deshalb wohl auch der Name – wir versuchen schon die ganze Zeit, ihn ausfindig zu machen. Aber er ist ständig unterwegs. Jedenfalls gehören die Farradays zu dieser Reisegesellschaft, und laut J. C. der mit mir eigentlich gar nicht redet, gibt es außer ihnen und Honeycutt vier weitere Mitreisende: eine Lady Dew mit ihrer Nichte Cyclamen und – was für Namen! – George Cholmondeley, der mit Edelsteinen handelt, schließlich einen Harvey L. Schoenberg.»
    «Schoenberg?»
    «Kennst du ihn?»
    «Nein, aber der Bursche, mit dem ich heute abend gegessen habe.»
    «Aha?» Lasko steckte sein Notizbuch weg und versuchte, Jury den Weg hinunterzubugsieren, wahrscheinlich in Richtung des «Diamond Hill Guest House». «Ich dachte, wenn wir mit diesem « Diamond Hill» fertig sind – »
    «Wir?» Aber Jury wußte, daß er mit von der Partie sein würde.
    Und Sam Lasko wußte es auch. Er machte sich nicht einmal die Mühe, Jury zu antworten. «Ich dachte, du könntest mitkommen und dich im ‹Arden› etwas umsehen – das ist Honeycutts Hotel –, dich mit ihm unterhalten oder herausfinden, wo er steckt –»
    Jury drehte sich auf dem dunklen Weg um. «Sammy, ich hab dir doch gesagt –»
    Sam Lasko schüttelte den Kopf und streckte die Arme himmelwärts. «Richard. Schau dir diese Bescherung dahinten an. Denkst du vielleicht, ich hätte nicht genügend zu tun –?»
    «Nein, keineswegs.»
    Sie gingen eine Gasse hoch, die vom Theater durch die Altstadt zu den Straßen drum herum führte, die von Bed-and-Breakfast- Schilderngesäumt wurden wie eine Pappelallee.
    « Casablanca. Das war ein toller Film. Kennst du doch bestimmt?»
    Jury blieb stehen, zündete sich eine Zigarette an und sagte: «Louie, glaub ja nicht, daß dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft ist.»

9
    Mrs. Mayberry, die das «Diamond Hill Guest House» führte, trug nichts dazu bei, daß Jury seine Meinung von den Wirtinnen der Bed-and-Breakfast -Kategorie revidierte. «Ich weiß nichts, wie sollte ich auch? Sie gehörte zu einer dieser Reisegesellschaften. Ihr Zimmer war ganz oben – klein, aber gemütlich. Warm- und Kaltwasser und das Bad im Gang. Sie zahlte sieben Pfund inklusive Mehrwertsteuer für eine Übernachtung mit komplettem Frühstück.» Als wäre die Polizei nur gekommen, um bei Mrs. Mayberry Zimmer zu mieten.
    Jury wußte, was unter dem kompletten Frühstück zu verstehen war: Orangensaft aus der Dose, Cornflakes, ein Ei, eine hauchdünne Scheibe Speck und, wenn man Glück hatte, eine wäßrige «geschmorte» Tomate. Nur ein Oliver Twist würde sich trauen, um Nachschlag zu bitten.
    «Wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen, Mrs. Mayberry?» fragte Lasko mit seiner verschlafenen Stimme.
    «So gegen sechs, nehm ich an. Sie kam zurück, um sich zum Abendessen frisch zu machen. Das tun sie meistens.» Sie stiegen die Treppe hoch, die Wirtin mit ihrem Schlüsselbund voran. Der Polizeifotograf und der Experte für Fingerabdrücke bildeten die Nachhut. «So, da wären wir.» Mrs. Mayberry trat zur Seite und stieß die Tür auf. «Einfach Scheußlich, das Ganze.» Jury nahm an, sie meinte den Mord und nicht das Zimmer, das klein und ziemlich trostlos wirkte. «Daß so was aber auch passieren mußte.» Dieser Kommentar schien sich hingegen weniger auf Gwendolyn Bracegirdles Tod zu beziehen als auf ihre Unverschämtheit, das ‹Diamond Hill Guest House› dadurch in Verruf gebracht zu haben.
    Das Zimmer lag im obersten Stockwerk, und das winzige Mansardenfenster schien eher dazu gemacht, die sommerliche Brise auszusperren, als sie hereinzulassen. An der einen Wand stand ein Bett – eigentlich war es nur ein Feldbett – mit einer Chenilledecke. Von der gegenüberliegenden ragte ein Waschbecken in das Zimmer. Sonst gab es nur noch einen chintzbezogenen Sessel und einen alten Schreibtisch aus Eichenholz. Auf

Weitere Kostenlose Bücher