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Inspektor Jury küsst die Muse

Inspektor Jury küsst die Muse

Titel: Inspektor Jury küsst die Muse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Penny.
    Jahrelang hatte James Carlton ihr Spiel gutmütig mitgespielt. Er hatte nie ein Wort darüber verloren oder gar gefragt, warum sie ihn nicht nach Hause ließen. Aber jetzt sah er rot. Einmal gekidnappt zu werden war genug. Zweimal, das war zuviel, das sollten sie ihm gefälligst erklären.
    Die graue Katze schlummerte auf seiner Brust, und er atmete tief aus. Irgendwann hatte die Katze die Nase voll und sprang herunter.
    Es gab nichts zu tun, außer sich Fluchtwege auszudenken. Natürlich lagen keine Bleistifte oder Kugelschreiber im Zimmer herum, denn sonst hätte er ja Botschaften durch das Fenster werfen können. Vorübergehende hätten die Notrufe dann gefunden, sie gelesen und der Polizei gemeldet, daß in dem Turm ein Junge säße.
    Aber James Carlton hatte immer einen Bleistiftstummel in seinem Strumpf, denn er wußte, wie wichtig es war, ein Schreibwerkzeug zu besitzen. Wichtiger als eine Waffe! So etwas war notwendig, um SOS-Rufe an die Polizei abzuschicken oder um Botschaften hinterlassen zu können, wenn die Entführer ihre Gefangenen an einen anderen Ort bringen wollten.
    Falls er sich nicht dazu entschloß, Baseballspieler zu werden (er war überzeugt, daß sein Vater Baseballspieler war), wollte er Schriftsteller werden, und zwar Auslandskorrespondent. Er hatte schon oft daran gedacht. Schreiben war etwas, womit man sich die Zeit vertreiben konnte, wenn man sich langweilte.
    An den Wänden hing eine Reihe ziemlich langweiliger Bilder von irischen Settern oder weidenden Kühen. Er nahm eins von denen, die Kühe und einen Kuhhirten zeigten, herunter, setzte sich aufs Bett und legte das Bild umgedreht auf seine Knie. Dann holte er den Bleistift aus seinem Strumpf und schrieb an seinem Tagebuch weiter. Es war zwar nicht besonders interessant, was er da schrieb, aber es war notwendig für den Fall, daß seine Entführer ihn an einen anderen Ort brachten und die Polizei hier nach ihm suchte. Mit größter Mühe war es ihm gelungen, in dem Bild selbst einen Hinweis anzubringen – vorsichtig hatte er den Karton zur Verstärkung entfernt und dann die Köpfe der Kuh und des Kuhhirten herausgetrennt und vertauscht. Es war eine sehr schwierige, große Sorgfalt erfordernde Arbeit gewesen, für die er mehr als zwei Stunden gebraucht hatte, da er die Köpfe ohne Klebstoff einsetzen mußte und sie immer wieder unter dem Glas verrutschten. Schließlich hatte er Spucke statt Klebstoff genommen und war sehr zufrieden mit dem Resultat. Die Leute, die hier lebten, würden es bestimmt nicht bemerken, denn niemand sieht sich die Bilder an den eigenen Wänden wirklich an. Aber Scotland Yard würde es bemerken und sofort wissen, daß es etwas zu bedeuten hatte, und sich die Rückseite des Bildes genauer ansehen.
    Ganz oben auf dem Karton, den er wieder in den Rahmen geschoben hatte, stand in kunstvoller Schrift:
    James Carlton Farraday
    Er schrieb an seinem Tagebuch weiter: «7.13 Uhr Frühstück: Ei, Speck, Cornflakes.»
    Er schrieb das in kleinen, ordentlichen Buchstaben unter das Abendessen, das ihm gestern um 18.22 Uhr serviert worden war. Seine Armbanduhr hatten sie ihm gelassen.
    Dann widmete er sich seinen Fluchtplänen, die er wahrscheinlich in der Reihenfolge, in der er sie aufgeschrieben hatte, ausprobieren würde.
    1. Sich krank stellen; wenn das Essen kommt, wimmern und stöhnen.
    2. Sein/ihr Handgelenk durch den Türschlitz hindurch packen, wenn das Tablett reingeschoben wird.
    3. Auskundschaften, ob man durch das Fenster entkommen kann. Katze runterlassen???
    James Carlton hängte das Bild wieder an seinen Platz zurück und machte ein paar tiefe Kniebeugen. Es war wichtig, sich fit zu halten. Danach machte er Schattenboxen durch das ganze Zimmer und wieder zurück zum Bett. Er führte ein paar Schwinger gegen die Katze, ohne dabei die komplizierte Beinarbeit zu vernachlässigen. Die graue Katze rollte sich auf den Rücken, schlug ein paarmal halbherzig mit der Pfote nach seiner Faust und rollte sich dann gelangweilt wieder auf die Seite. James Carlton setzte seine Boxübungen fort.
    Er hörte auf, als er Schritte vernahm. Sobald das Tablett klappernd auf dem Boden abgestellt worden war, machte er sich daran, Plan eins in die Tat umzusetzen. Er legte sich auf den Boden und begann fürchterlich zu stöhnen.

8
    Der Speisesaal des «Schwarzen Schwans» – dieser etwas elegantere Teil der «Torkelnden Ente» – war voll besetzt mit Gästen, die vor der Vorstellung um halb acht noch einen Drink oder ein

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