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Inspektor Jury küsst die Muse

Inspektor Jury küsst die Muse

Titel: Inspektor Jury küsst die Muse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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nicht darunter leiden … es wäre nicht gerade gut fürs Geschäft. Obwohl es ja ’ne Menge Geld kostet, kommen die Amerikaner jedes Jahr hier rüber. Stratford ist so beliebt wie eh und je, ja beinahe noch beliebter als früher. Während der Saison ist es – entschuldigen Sie den Ausdruck – die reinste Hölle.»
    Jury musterte sie kühl. «Für Miss Bracegirdle war es das bestimmt.»
     
    «Bitte unterschreiben Sie das, Madam», sagte Lasko, der ein paar Minuten später dazugekommen war. Der Spurensicherungsfachmann war mit einem Koffer voller Gegenstände – wahrscheinlich Gwendolyn Bracegirdles Habseligkeiten – verschwunden. «Das Zimmer ist natürlich versiegelt.»
    «Versiegelt!» empörte sich Mrs. Mayberry. «Aber es ist doch bereits reserviert.»
    Da konnte das Blut in Strömen durch Stratfords Straßen fließen – Geschäft war Geschäft.
    «Nicht bevor wir den Raum noch einmal sehr gründlich durchsucht haben.» Lasko steckte den Kugelschreiber ein, mit dem sie die Quittung unterschrieben hatte.
    «Das ist ja wunderbar! Und was, bitte schön, soll ich den Leuten sagen?»
    Lasko sagte freundlich: «Warum erzählen Sie ihnen nicht, daß der letzte Gast mit einem Rasiermesser aufgeschlitzt wurde?»
     
    Die breiten Eingangstreppen und das Foyer des Royal Shakespeare Theatre waren zum Brechen voll, und Jury hätte gewettet, daß es ausverkauft war und daß jemand mit einer Stehplatzkarte schon längst seinen freien Sitz entdeckt hatte und sich vielleicht gerade in diesem Augenblick darauf niederließ.
    Melrose Plant war in eine Ecke der Bar gedrängt worden, die den feineren Herrschaften im Parkett zur Verfügung stand.
    Er reichte Jury einen Brandy und sagte: «Ich habe in weiser Voraussicht Drinks bestellt, bevor der Vorhang hochging.»
    Jury leerte das Glas in ein, zwei Zügen. «Der Vorhang fällt, kommen Sie.»
    Plants eher gemurmelter Protest, er würde die zweite Hälfte eines sehr guten Hamlet versäumen, konnte nicht verbergen, daß er zweifellos froh darüber war, sich hinter Jury einen Weg durch die Menge bahnen zu können, wenn er auch keinen blassen Schimmer hatte, wohin oder zu wem sie gingen.
    Wohin , wurde ihm schnell klar: ins Herz Stratford-upon-Avons, das «Arden Hotel».
    Zu wem, war ein anderes Kapitel.

10
    «Meine Freunde», sagte Valentine Honeycutt – und sein eindringlicher Blick ließ vermuten, daß er Jury und Plant gern dazu gezählt hätte – «nennen mich Val.»
    «Meine», sagte Melrose, «nennen mich Plant.»
    «Oh!» rief Honeycutt und schien zu erschauern. «Nur bei Ihrem Familiennamen? Sie müssen ja schrecklich wichtig sein.»
    «Ja, schrecklich», sagte Melrose, während er seinen silberbeschlagenen Spazierstock über den Tisch neben seinem Stuhl legte.
    Valentine Honeycutt ordnete die Falten seines Halstuchs, das wie eine leuchtende Narzisse in dem V seines weißen, mit feinen grünen und gelben Streifen bedruckten Hemdes erblühte. Das blaue Leinenjackett sollte wohl seine himmelblauen Augen betonen. Alles in allem hatte man das Gefühl, durch einen elisabethanischen Blumengarten zu wandeln, wenn man ihn anschaute. Er schlug ein perfekt gebügeltes Hosenbein über das andere wie jemand, der sich vor allem durch Körpersprache verständigte. «Was kann ich Ihnen anbieten, meine Herren? Eine Zigarette?» Seine Hand beschrieb einen Bogen mit dem silbernen Zigarettenetui.
    «Mr. Honeycutt», sagte Jury, «wir hätten gern einige Auskünfte bezüglich Ihrer Reisegesellschaft.»
    «Honeysuckle Tours, richtig. Heißt so, weil mein eigener Name darin mitklingt und weil unser Firmensitz in Atlanta, Georgia, ist. ‹Honeysuckle›-Weine und so. Jeden Juni geht’s für sechs Wochen nach London, Amsterdam, aufs Land und wieder zurück nach London. Stratford darf nicht fehlen. Darin sind die Amerikaner ganz vernarrt. Das Theater und so.»
    «Sechs Wochen. Das klingt recht teuer.»
    «Ist es auch.»
    «Ich fürchte, ich habe unangenehme Nachrichten für Sie.»
    Honeycutt zog die weißblonden Augenbrauen über den unschuldigen blauen Augen hoch, während er etwas zurückwich. Er glich ein bißchen einem Engel, der über ein Loch in seiner Wolke gestolpert war. «Ist etwas passiert?»
    «Leider ja. Ein Mitglied Ihrer Gruppe. Eine Miss Bracegirdle –»
    «Gwendolyn?»
    «Ja. Ein Unfall. Ziemlich schlimme Sache. Miss Bracegirdle ist tot.»
    « Tot! Großer Gott! Ich erinnere mich, sie klagte über Schmerzen in – aber Sie sprachen von einem Unfall.»
    «Sie wurde

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