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Inspektor Jury küsst die Muse

Inspektor Jury küsst die Muse

Titel: Inspektor Jury küsst die Muse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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nickte Lasko und erklärte seinem Chief Superintendent das Prinzip von Honeysuckle Tours.
    «Was ist mit den anderen?»
    «Außer den Farradays – sie sind zu fünft – ist da noch eine Lady Dew mit ihrer Nichte und ein gewisser George Cholmondeley –»
    «Wollen Sie etwa behaupten, die seien auch Amerikaner?»
    «Nein, Lady Dew und ihre Nichte leben nur in Tampa, Florida –»
    «Von dort stammt doch auch diese Bracegirdle.»
    «Aus Sarasota, nicht aus Tampa.»
    «Sind das alle?» knurrte Sir George.
    «Und Harvey L. Schoenberg.» Lasko klappte sein Notizbuch zu. «Er schien sich mit dem kleinen Farraday am besten verstanden zu haben, aber er sagte, er habe ihn seit Tagen nicht gesehen. Offensichtlich war keiner von der ganzen Crew besonders eng mit der Bracegirdle befreundet.»
    «Also keinerlei Anhaltspunkte bis jetzt.» Sir George seufzte so tief auf, als sei Gwendolyn Bracegirdles Leiche bereits vor zwei Wochen und nicht erst vor vierundzwanzig Stunden gefunden worden. «Abgesehen von diesem hier.» Er nahm das Programmheft in die Hand. «Was in Gottes Namen hat das zu bedeuten?»
     
    Der Schönheit rote Nelken
sind Blumen, die verwelken.
     
    Sir George schüttelte den Kopf. «Was ist das?»
    «Ein Gedicht», sagte Lasko und schneuzte sich in ein riesiges Taschentuch.
    Sir George warf Detective Sergeant Lasko einen eiskalten Blick aus seinen blauen Augen zu: «Verdammt, daß das ein Gedicht ist, weiß ich auch. Die Frage lautet, was für eines und wieso?»
    Lasko zuckte die Achseln. «Tut mir leid.»
    «Gefällt mir gar nicht. Sieht aus wie eine Botschaft. Und Botschaften an die Polizei mag ich ganz und gar nicht.»
    Jury auch nicht. Dieses Stück Papier ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren, denn es war eine Art Unterschrift – genau die Art von kleinen Liebesbriefen, die Psychopathen wie Jack the Ripper mit Vorliebe an die Polizei adressierten.
    Das Problem war nur, daß solche Typen es nicht bei einem Brief bewenden ließen.

12
    Cyclamen Dew stellte das aufgesetzte, seelenvolle und selbstverleugnende Gebaren eines Menschen zur Schau, der, obwohl nicht als Heiliger geboren, ausgezogen ist, es zu werden.
    Neben ihrer Tante, der verwitweten Lady Violet Dew, in der Bar des «Hathaway Hotels» sitzend, hatte Cyclamen Dew (eine unattraktive, hagere Erscheinung) Melrose über ihr Leben ins Bild gesetzt – ein großes Tableau, das sich aus Szenen eines Lebens voller Ängste, persönlicher Katastrophen, verpaßter Gelegenheiten und zu nichts zerronnener Träume zusammensetzte, denn sie hatte sich immer nur für ihre Tante aufgeopfert.
    Lady Violet war eine schweigsame alte Dame mit boshaft funkelnden Augen. Sie saß, in schwarzen Batist und Spitze gekleidet, dazu ein Medaillon um den Hals, während dieses langen Vortrags zusammengekrümmt in ihrem Sessel. Ihr Atem ging keuchend.
    «Ja, so ist das», sagte die Nichte und zuckte zum hundertstenmal resigniert die Achseln. «Sie müssen uns eben so nehmen, wie wir sind.»
    Melrose wußte nicht, wie sonst man jemanden nehmen konnte, und hoffte, es handele sich um eine abschließende Bemerkung, da er selbst zur Sache kommen wollte. Aber dem war nicht so, Cyclamen legte nur einen neuen Gang ein.
    Sie holte tief Luft und fuhr fort: «Ich habe schon immer davon geträumt, dienen zu können –»
    «Ah, Sie wollen Kammerzofe werden …?» fragte Melrose mit gespielter Unschuld.
    Sie wollte sich fast ausschütten vor Lachen: «O nein, mein Lieber, wie komisch! Ich meine natürlich den Schwesternorden. Aber wie Sie sehen …» Sie machte eine kleine Handbewegung in Lady Dews Richtung, die Melrose mit ihren schwarzen Knopfaugen fixierte. Aber dann schien sich Cyclamen doch eines Besseren zu besinnen, oder vielleicht besann sie sich auch nur auf das beträchtliche Vermögen ihrer Tante, und schlug einen anderen Ton an. «Aber kann ich mich zu etwas Höherem berufen fühlen als dem Dienst an meiner Tante?»
    Die Tante gab die einzig vernünftige Antwort, die man Melroses Meinung nach darauf geben konnte: «Bestell mir einen Gin.»
    «Also hör mal, Tantchen, du weißt doch, was Dr. Sackville davon hält. Du sollst keinen Alkohol anrühren. Eine Tasse Tee, das wäre –»
    Der Ebenholzstock schlug hart gegen das Tischbein. «Ist mir scheißegal, was der geile alte Bock sagt –» Hier wandte sie sich an Melrose: «Es gibt keine in Tampa, mit der er es nicht getrieben hat–» Und zu Cyclamen gewandt: «Ich sagte Gin. Oder besser noch einen doppelten.»
    Melrose wollte

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