Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen
alle Zimmer einen. Und da seh ich ihn. Und da is der … tot!« Den letzten Satz stieß er mit Fistelstimme hervor.
Jury setzte sich ruckartig auf. »Benny, alles in Ordnung mit dir?«
»Mit mir schon, Mr. Jury. Kann ich von dem Typ in Zimmer 523 aber nich behaupten. Da bin ich nämlich grade.«
»Hast du schon jemanden verständigt?«
Benny seufzte. »Ja, natürlich. Sie, Mr. Jury. Sie haben doch gesagt, wenn’s mal Probleme gibt –«
»Du hast vollkommen recht. Ich bin froh, dass du dich bei mir gemeldet hast. Und jetzt –«
Benny dämpfte die Stimme, als könnte der Tote ihn belauschen. »Also, das is so. Ich hab denen verzapft, also, dem Typ, der mich eingestellt hat, ich war sechzehn. Und eben ’n bisschen klein für mein Alter. Aber das war denen vom Hotel ja egal, solang ich bloß den Müll rausgetragen hab. Aber einen Toten finden … die werden jetzt wahrscheinlich merken, äh, dass ich noch minderjährig bin.«
»Gib mir die Adresse, Benny.«
»In EC 1 isses, in der Clerkenwell Road 86–88.«
Jury notierte es sich, riss den Zettel ab und sagte: »Pass auf. Du musst jetzt sofort die Sache melden. Geh einfach runter zur Küchenmannschaft und sag, was du entdeckt hast. Soll einer von denen zur Geschäftsleitung gehen, und die soll dann die Polizei holen. Wahrscheinlich ist dort die Polizei von Islington zuständig. Auf die Art bist du aus dem Schneider. Vorläufig jedenfalls.« Sehr vorläufig. »Das machst du, ja?«
»Klar. Wenn Sie’s sagen. Der Typ heißt übrigens Maples. Steht in seinem Führerschein.«
» Was? «
»Der Tote. Der heißt Billy Maples.«
Jury steckte seinen Schreibstift wieder in die Tasche. »Benny, du sollst doch nichts anfassen.«
Am anderen Ende der Leitung ertönte ein genervter Seufzer. »Klar, weiß ich doch. Die Brieftasche hab ich mit ’ner Serviette als Handschuh rausgefischt. Konnte ich dem Kerl so aus der Tasche ziehen.«
»Hol die Geschäftsleitung, Benny.«
»Ich hab aber die Leiche gefunden, Mr. Jury. Die werden mir ’ne Menge Fragen stellen.«
»Keine Sorge. Ich bin in zwanzig Minuten da.«
»Und was is mit ’nem Doktor?«
»Bring ich mit. Rühr dich nicht vom Fleck.« Er legte auf.
Jury klopfte an die Badezimmertür. »Phyllis?« Er lächelte. Selbst die Luft im Badezimmer würde wie Tau auf ihren Schultern liegen.
Die Tür öffnete sich einen Spalt, dann noch ein Stück. Sie war immer noch in das große Badetuch gewickelt.
»Dr. Nancy. Wir werden gebraucht.«
Phyllis Nancy sagte: »Das ist ja wie im Film! Soll ich meinen Emma-Peel-Taucheranzug tragen? Wie in Mit Schirm, Charme und Melone? Oder lieber das rückenfreie Schwarze?«
Das »rückenfreie Schwarze« war das modische Seidenteil, das sie am selbigen Abend getragen hatte, als sie im West End zum Dinner ausgegangen waren. Der Stoff verhüllte vorneherum alles, hinten zeigte das Kleid vom Hals bis zur Taille jedoch reichlich nackte Haut.
Jury hatte sich eine Bemerkung dazu nicht verkneifen können.
»Wie wahr! Nicht gerade der Arbeitskittel einer Pathologin bei Scotland Yard«, hatte Phyllis entgegnet, als sie sich später in seinem Schlafzimmer aus dem Kleid schälte. Es glitt zu Boden.
Als sie jetzt die Tür etwas weiter aufmachte, hakte er seine Finger an der Stelle ins Badetuch, wo es übergeschlagen war. Und sah auch dieses zu Boden fallen.
»Zieh dich an. Billy Maples braucht uns.«
»Wer ist Billy Maples?«
Jury wollte gerade die Arme um sie schlingen, als ihm Benny einfiel, allein mit einer Leiche. Er hielt sich zurück. »Unser nächster Fall.«
2
Das Zetter, das Wert auf die Bezeichnung »Restaurant mit Gästezimmern« legte, lag in der Clerkenwell Road. Es besaß die schlichten, eckigen Konturen einer alten Lagerhalle, und hier war Schlichtheit in coole Eleganz verwandelt worden. Klare Formen galten nun als minimalistisches Interieur. Man musste dem Kind nur einen neuen Namen geben. So einfach war das.
Jury fragte sich, ob das Zetter womöglich Vorbote eines neuen Trends war. Vermutlich schon, wenn man bedachte, wie viele Spitzenrestaurants in letzter Zeit in London dazugekommen waren. Vor zwanzig Jahren wäre es jedenfalls undenkbar gewesen, dass die Leute allein des Restaurants wegen ein ganz bestimmtes Hotel wählten.
Da es in der Clerkenwell Road, die selbst zu dieser späten Stunde stark befahren war, keine Parkmöglichkeit gab, fuhr Jury beim St. James’ Green in eine Lücke.
Phyllis trug keinen Mantel, behauptete aber, ihr schwarzer Kaschmirschal böte
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