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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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sicher. Es ist nur so: Dieses Verbrechen liegt schon so lange zurück. Und Geld ist nicht das Motiv.«
    »Was ist mit Liebe? Einem Verbrechen aus Leidenschaft?«
    Davon wollte Jury aber lieber nicht anfangen. Er räusperte sich, schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
    »Was ist mit Kurt Brunner?«
    »Der war nicht in den Kindertransport verwickelt. Ich meine, abgesehen davon, dass er an dem Tag auf dem Bahnhof war. Er war zu klein. Nein, er begegnete Billy in München. Behauptet, sie hätten sich gleich so gut verstanden, dass Billy ihm diesen Job angeboten hätte. Kurt sagt, er hasste das Unterrichten und wollte sowieso damit aufhören. Also, ich weiß nicht. Ich weiß nicht, wie viel ich von dem, was er mir erzählt hat, wirklich glauben kann.«
    »Wenn man aber eine Geschichte gelten lässt – das, was Sir Oswald dir über Rodericks Vergangenheit erzählt hat –, müsste man dann nicht auch die von Brunner gelten lassen?«
    »Wieso?«
    »Weil es logischer ist. Die beiden Geschichten untermauern sich gegenseitig.«
    Die kleine Kellnerin stand dicht neben ihm, war unbemerkt herbeigehuscht. Sie stellte die Ente vor ihn hin. Er bedankte sich. »Du meinst, weil Roderick der Sohn des SS-Generals war und Kurt der Sohn der Brunners, deswegen wäre das erschossene Kind auf dem Bahnhof das Verbindungsglied zwischen ihnen. Ich glaube nicht, dass das eine aus dem anderen folgt. Da stimmt etwas nicht an der Logik, oder? Es ist, wie wenn man sagt, alle Frauen sind schön, Phyllis ist schön, deshalb ist Phyllis eine Frau.«
    »Hört sich für mich vollkommen logisch an.«
    Er lachte.
    »Trotzdem ein ziemlicher Zufall.«
    »Ja, schon möglich.«
    »Diese Bilder«, sagte Phyllis, »waren also Teil der Nazibeutekunst, und General Röhm bekam sie und hortete sie irgendwo, und sie gelangten erst kürzlich wieder in Rodericks Besitz.«
    »Ich werde Lu sagen, sie soll sich einen Durchsuchungsbefehl beschaffen, um sie inspizieren zu können.«
    »Lu?«
    »Aguilar. Von der Polizei in Islington. Ihr seid euch schon begegnet.«
    »Ah ja, die Schöne. Ich meine, wenn deine Schlussfolgerung Hand und Fuß hat, wäre sie ganz bestimmt eine Frau.«
    Jury spürte ihren prüfenden Blick und konzentrierte sich auf die genaue Begutachtung der wohlbekannten Ente.
    »Was willst du am meisten, Richard?«
    Er hob rasch den Blick. War das eine pointierte Jetzt-Entscheide-Dich-Bemerkung? »Was meinst du damit?«
    »Ganz einfach – was willst du am meisten im Leben?«
    Er lächelte unmerklich, griff über den Tisch und nahm ihren Glückskeks. Er brach ihn auf. »Seelenfrieden.«
    Sie runzelte die Stirn. »Das steht aber nicht drauf.«
    »Nein. Erinnerst du dich an diesen großartigen Film mit Bette Davis, Alles über Eva ? Es gibt da eine Szene, nachdem sich die intrigante Eva durch Trickserei Margos Rolle unter den Nagel gerissen hat und dann diese tollen Kritiken erntet. Margo flucht daraufhin natürlich die Bude zusammen. Jammert und heult. Ihr Regisseur rast zu ihr nach Hause, legt den Arm um sie und sagt: ›Ich bin den ganzen Weg gerannt.‹« Jury lächelte. »Das ist es, was ich will.«
    Sie saß wortlos da und sah ihn nur an.
    Er sagte: »Das Leben ist einfach zu verdammt schwierig. Man verliert so viel. ›Ich bin den ganzen Weg gerannt.‹« Jury lächelte düster. »Seelenfrieden.«

46
    »Ah! Superintendent Jury«, sagte Oberst Neame, hob den Blick von seinem Telegraph und stellte sein Whiskeyglas hin. Jurys Gegenwart verlieh ihm immer eine gewisse lebhafte Beschwingtheit. »Kommen Ihren Freund besuchen, was?«
    »Ganz recht.« Jury ließ den Blick umherschweifen. »Wo steckt denn Major Champs?« Die beiden traten gewöhnlich als Tandem auf, wie eine alte Varieténummer. Bei dem Gedanken musste Jury schmunzeln.
    »Ihm sei ein wenig blümerant, sagt er.« Oberst Neame hielt sich die Hand vor den Mund. »Nehmen Sie zum Mittagessen bloß nicht die Fischpastete, falls Sie vorhaben, hier zu speisen.«
    »Was wird sonst noch geboten?«, erkundigte sich Jury. Seine Augenlider waren schwer, und der weiche Ledersessel, in den er sank, schmiegte sich in dunkler blutroter Umarmung um ihn. Er versuchte, nicht an Lu zu denken, und dachte prompt an Lu.
    »Der Portobello-Champignon ist recht gut.«
    »Aber nicht der Fisch, stimmt’s?«
    »Nein, dabei ist es die Sterngucker-Pastete, war schon immer eins meiner Lieblingsgerichte.«
    »Was ist das?«
    »Oh, so eine raffiniert gemachte Pie: Mehrere kleine Fischköpfe werden so aufgelegt, dass sie

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