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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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Mietvertrag? Sie wollen aber doch nicht sofort davon entbunden werden«, meinte Jury überrascht.
    »Genau das will ich. Davon entbunden werden. Dabei ist es eigentlich gar nicht viel Arbeit. Wenn ein Gehalt dabei herausspringen würde, könnte man es eine hübsche Pfründe nennen.« Er lächelte. »So viele Besucher kommen aber gar nicht.«
    »Die Massen zieht das Haus also nicht an, stimmt’s?«
    »Mehr, als man meinen würde, aber weniger, als James verdient.« Brunner lächelte. »Es ist zu abgelegen, außer für Leute, die es unbedingt besuchen wollen.«
    Bedächtig blätterte Jury die dünnen Seiten des Buches mit den Kurzgeschichten um, das er in der Hand hielt. »Es wird mit einer Art, hm, nun ja, Hochachtung behandelt, kann ich mir denken.«
    Brunner verschränkte die Arme über der Brust. »Ja, wir halten hier alle mehr oder weniger den Atem an.«
    Jury lächelte. Ein ziemlich treffender Ausdruck. Er musste daran denken, wie er vorhin am liebsten den Staub weggepustet hätte – hätte es denn unberührten Staub in diesem Raum gegeben.
    »Die erwarten also von mir, einen Nachfolger zu finden, als ob ich sie im Stich gelassen hätte, indem ich ihr Angebot ausgeschlagen habe. Fast als ob Billy sie im Stich gelassen hätte, indem er sich umbringen ließ.«
    »Was werden Sie also tun?«
    »Wieder nach London zurückkehren. In der Wohnung bleiben. Ich habe das Gefühl, ich brauche jetzt das Londoner Leben. Rye kann ganz schön einengend sein.« Er zog ein Kärtchen hervor und notierte etwas darauf. »Hier sind meine Adresse und Telefonnummer, falls Sie sich mit mir in Verbindung setzen müssen.«
    »Danke.« Er unterließ es, Kurt Brunner davon in Kenntnis zu setzen, dass die Polizei bereits in der Wohnung gewesen war. Nach einem kurzen Blick auf das Buch in seiner Hand sagte Jury: »Ich glaube kaum, dass es gestattet ist, sich Bücher auszuleihen, oder? Ein oder zwei davon würde ich gerne lesen.«
    »Ach, nehmen Sie es doch mit. Es ist übrigens meines.«
    »Danke. Ich lasse es Ihnen wieder zukommen. Wann fahren Sie?«
    »In zwei, drei Tagen, denke ich.«
    »Und Billys Haushälterin – die wird dann wohl eine andere Stelle finden müssen?«
    »Mrs. Jessup? Das ist die Köchin. Falls der neue Mieter sich bereit erklärt, sie einzustellen, bleibt sie.« In einem wenig überzeugenden Versuch zu scherzen sagte Brunner: »Ich nehme nicht an, dass Sie jemanden mit einer Vorliebe für abgekapseltes Einsiedlerleben kennen? Irgend so einen James-Fanatiker?«
    Jury schob das Kärtchen in seine Brieftasche. »Und ob ich jemanden kenne, der ein abgekapseltes Leben führt. Und was Henry James betrifft, veranstaltet dieser Jemand meines Wissens sogar Wettbewerbe.«
    »Wettbewerbe?« Brunner war verblüfft.
    »So etwas in der Art.« Jury streckte ihm die Hand hin. »Auf bald, Mr. Brunner, und haben Sie vielen Dank.«

    Er ging durch den leichten Regen zum Bahnhof, wobei er sich fragte, ob die Häuser anderer Schriftsteller bei einem das gleiche Gefühl hinterließen. Henry James wollte ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen, während der Zug durch Kent zuckelte und wieder eine Reihe von Darrenhäuschen passierte.
    Die Fahrt verbrachte er mit der Lektüre von »Das Muster im Teppich«. Dabei musste er unwillkürlich an Billy Maples denken, ohne recht zu wissen, weshalb. Es war dieses Gefühl, das ihn im Lamb House befallen hatte. Vielleicht war es Billys wandelbare Art, die dieses Gefühl in ihm hervorrief. Ein Londoner, offensichtlich äußerst großzügig, noch dazu jung, lässt sich in einem kleinen Dorf nieder, mietet sich in Lamb House ein, was auch die Bewirtschaftung des Hauses und kurze Besichtigungstouren für Besucher mit einschließt.
    Jury zog sein kleines Notizbuch hervor sowie einige Münzen, als er das Teewägelchen den Gang entlangrollen sah. Er zückte eine Fünf-Pfund-Note für eine Tasse Tee und einen Cadbury-Keks und sagte zu dem Zugbegleiter, er könne das Wechselgeld behalten. Nachdem dieser sich bei Jury überschwänglich bedankt hatte, rollte das Wägelchen weiter.
    Was war an Lamb House wohl so anziehend gewesen? Dass sich jemand die Aufgabe auflud, dort Besucher durch die Zimmer zu führen, verriet durchaus eine gewisse Hingabe an Bücher – und an die Bücher ebendieses Autors.
    Wieso war Billy in dieses Hotel in Clerkenwell gegangen? Wieso hatte er die Erlöserkirche aufgesucht? Und wieso das Dust?
    Dust.
    Die Bewegung des Zuges wiegte ihn in einen leichten Schlaf. Er träumte davon, dass sich im

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