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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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deswegen.»
    «Heute abend scheinen ja alle ziemlich knapp bei Kasse zu sein. Sind Sie sicher, daß Sie Mrs. Bicester-Strachan nicht nach Hause begleitet haben?»
    «Hören Sie, Inspektor, ich verbitte mir diese Anspielungen!»
    «Sie ist doch nicht mit Ihnen nach Hause gegangen?»
    «Nein!»
    «Ich verstehe. Zu dumm. Ich meine, wenn sie mitgekommen wäre, dann hätten Sie beide ein Alibi.»

    Lorraine Bicester-Strachan rückte ihren Stuhl so nahe wie möglich an Jury heran und schlug die seidenbestrumpften Beine übereinander. Da ihr langer Tweedrock nur von der Taille bis kurz über dem Knie zugeknöpft war, zeigte sie sehr viel Bein. «Nein, ich hab es noch nie gesehen», sagte sie von dem Armband. «Soll es denn mir gehören und ist am Tatort gefunden worden?»
    Die Gleichgültigkeit, die manche Leute an den Tag legten, erstaunte Jury immer wieder. «Der Tod des Pfarrers hat Ihren Mann sehr erschüttert. Die beiden müssen eng befreundet gewesen sein.»
    Auf diese Bemerkung hin klopfte sie einfach ihre Asche über dem Kamingitter ab. «Aber vielleicht bedeutet Ihnen das nichts, Freundschaft und Loyalität.»
    «Was soll das heißen?»
    «Diese Information, die damals in die falschen Hände gelangte – das waren doch Ihre Hände, nicht wahr? Oder zumindest haben Sie sie an jemanden weitergegeben, der nicht gerade ein Gentleman der alten Schule war.»
    Sie hätte eine Skulptur aus Eis sein können.
    «An Ihren Liebhaber, stimmt’s? Der sogleich ein ‹Freund› Ihres Mannes war. Um Ihren Ruf zu schützen, hat Mr. Bicester-Strachan seinen eigenen ruiniert. Immer wieder hat er sich vor Sie gestellt. Das verstehe ich unter Loyalität. Manche nennen es sogar Liebe –»
    Lorraine beugte sich plötzlich zu ihm hinüber; ihre Hand schoß auf ihn zu, aber Jury fing sie wie einen Ball in der Luft auf, und er drückte sie nicht gerade sanft in ihren Sessel zurück. «Sollen wir uns wieder der Gegenwart zuwenden? Sie haben sich heute abend wohl etwas gelangweilt, Mrs. Bicester-Strachan? Haben Sie deshalb Mr. Darrington mit nach Hause genommen?»
    Inzwischen war sie nicht nur wütend, sondern auch noch verunsichert. Von Jurys ausdruckslosem Gesicht ließ sich unmöglich ablesen, ob Oliver ihm etwas gesagt hatte oder nicht.
    «Nun?» fragte Jury, amüsiert über das Dilemma, in das Darrington und Lorraine geraten waren.
    «Er lügt, wenn er behauptet, ich sei mit ihm nach Hause gegangen.» Sie drehte an dem Diamantverschluß ihres Uhrarmbands.
    Jury lächelte. «Er hat es nicht behauptet, Mrs. Bicester-Strachan. Es ist nur eine Vermutung von mir.»
    Ihre Selbstzufriedenheit und dieses kleine Lächeln, das eher der eigenen Schlauheit als ihm galt, reizten ihn zum Lachen. Und als sie beim Hinausgehen herausfordernd die Hüften schwenkte, dachte er, daß allein schon die Vorstellung von Oliver und Lorraine, wie sie sich in einer dunklen Ecke liebten, unsäglich langweilig war.
    Pluck öffnete Simon Matchett die Tür.
    «Es gehörte Ruby Judd», sagte Matchett, ohne zu zögern. Er rollte seine dünne Zigarre im Mund.
    «Woher wissen Sie das so genau, Mr. Matchett?»
    «Weil das Mädchen ziemlich oft hierherkam, um Daphne zu besuchen. Sie hat es immer getragen.»
    Jury nickte. «Haben Sie heute abend das Haus verlassen? In der Zeit zwischen sechs und acht?»
    «Sie wollen wissen, ob ich ein Alibi habe? Geben Sie mir doch einen Anhaltspunkt, Inspektor.»
    Jury fragte noch einmal. «Haben Sie das Haus verlassen?»
    «Nein, ich bin nur mal kurz rausgegangen, um nach den Sicherungen zu schauen. In der Küche hat es einen Kurzschluß gegeben.»
    «Wann war das?»
    «Gegen sieben, halb acht.»
    «Hier steht –» Jury zeigte auf Plucks Bericht, «daß Sie nach Sidbury gefahren sind und ungefähr um halb sieben wieder zurückkamen.»
    «Ja, soviel ich mich erinnere. Die Läden schließen um sechs, und für den Rückweg braucht man ungefähr eine halbe Stunde.»
    «Ich verstehe.» Der Name des Geschäfts, das er als letztes aufgesucht hatte, war vermerkt. Es würde sich also leicht überprüfen lassen, ob er dort gewesen war. Jury änderte seine Taktik. «Mr. Matchett, wie stehen Sie zu Isabel Rivington?»
    «Zu Isabel !»
    «Ja, zu Isabel.»
    «Ich glaube, ich verstehe nicht.»
    «Doch, Sie haben richtig verstanden. Ich habe den Eindruck, daß die Gefühle, die sie für Sie hegt, nicht nur rein freundschaftlicher Natur sind. Das ist Ihnen doch bestimmt auch schon aufgefallen.» Jury lächelte dünn.
    Matchett ließ sich mit seiner

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