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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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bitte.»
    Sie blickte die Männer an, als hätten sie die Leiche des Mädchens in ihre Wirtschaft geschleppt, nur um ihr Unannehmlichkeiten zu bereiten. Sie schien sich auch zu fragen, ob Scotland Yard dafür aufkommen würde oder ob es zu ihren Bürgerpflichten gehörte, ihnen etwas aufzutischen. Als sie sich auf den Weg zur Küche machte, sagte Plant, «Wenn wir dazu eine Flasche Bâtard-Montrachet haben könnten, damit der Fisch auch schwimmt?»
    Sie starrte ihn an, und er fügte noch hinzu: «Jahrgang 1971?»
    Ihr Kinn schob sich etwas vor. «Wir haben keinen Weinkeller. Sie sind hier nicht im Savoy.»
    Plant blickte sich in dem einfach eingerichteten Raum um. «Seltsam, ich hätte schwören können …»
    Mr. Keeble schien das Wohlergehen seiner Gäste eher am Herzen zu liegen. «Wie wär’s mit einem Schoppen Bitterbier, Sir? Vom Feinsten, auf Kosten des Hauses.» Er senkte die Stimme und blickte zur Küche.
    «Sehr nett von Ihnen, Mr. Keeble», sagte Jury. Er nahm das Glas dankbar entgegen und leerte es bis zur Hälfte. Plant war aufgestanden und zu dem vorderen Giebelfenster des Gasthofs getreten. Er blickte hinaus. «Von hier aus kann man den ‹Toten Mann› nicht sehen, Inspektor. Wahrscheinlich kann man ihn von keinem der Fenster aus sehen, da ist diese Baumgruppe davor –»
    «Das heißt?»
    «Daß der Straßenarbeiter davon ausgehen konnte, daß ihn von hier aus keiner beobachten würde. Genausowenig wie von der Straße aus. Das Gelände ist ziemlich eben, und man sieht gut einen halben Kilometer weit in beide Richtungen. Es gibt natürlich diese Vertiefung in der Straße, dort, wo der schwarze Punkt ist, aber trotzdem …»
    «Mit anderen Worten, der Straßenarbeiter war gar kein Straßenarbeiter? Ja, der Boden hätte sich am Fünfzehnten nachts ziemlich einfach wieder ausheben lassen. Und wenn ihn jemand gesehen hätte, jemand, der zufällig vorbeifuhr, hätte er ihn für einen Arbeiter gehalten, der zurückgekommen war, um noch etwas zu erledigen. Er hätte sich sogar eine Laterne anzünden können.»
    «Ein fix und fertiges Grab, besser konnte er sich’s gar nicht aussuchen», sagte Plant. «Er brauchte sich nur ein bißchen umzuziehen, eine Mütze und so weiter, und niemand wäre etwas aufgefallen.»
    «Er hätte zwar gesehen werden können, als er die Leiche von – von wo wohl? Sagen wir, von der Baumgruppe – zu dem ‹Toten Mann› schleppte, was wirklich nicht sehr weit ist. Aber von wem? Von hier aus kann man vielleicht sehen, daß jemand auf der Straße arbeitet, wenn die Leiche aber in eine Plane oder etwas Ähnliches eingewickelt war, hätte man das aus dieser Entfernung nicht erkennen können.»
    «Und einer, der so kaltblütig zu Werke geht, würde auch ein Auto vorbeiwinken, falls eines auftauchte.»
    «Oder eine , Mr. Plant!»
    «Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine Frau so was gemacht hat.»
    «Es wäre aber möglich. Eine Frau kann sich genauso gut als Straßenarbeiter verkleiden.»
    «Ja, natürlich. Denkbar wäre es.»
    Mrs. Keeble kam mit einem Tablett aus der Küche hereingepoltert und stellte das Essen vor sie hin. Die drei saßen an einem Tisch an der Wand neben dem kalten Kamin, einen mit Besteck, Servietten und drei weißen Steinguttellern gedeckten Holztisch; auf ihren Tellern lagen gleich große Portionen von Fisch, Kartoffeln und breiigen grünen Erbsen.
    Melrose warf einen Blick darauf und schob seinen Teller beiseite; statt dessen verlangte er das Bier, das Keeble spendiert hatte. Auch Jury betrachtete entmutigt den Fisch, der bestimmt in einer dieser Fertigteigmischungen gebraten worden war. Nur Wiggins, der gegen den Boden der Malzessig-Flasche schlug, um etwas Essig aus den winzigen Löchern zu schütteln, schien es zu schmecken.
    «Der Wein», sagte Plant, «wird gleich kommen. Ich hoffe nur, sie läßt ihn auch etwas atmen.»
    Wiggins gab einen Laut von sich, der zwischen einem Kichern und einem Wiehern lag. Jury, der nicht daran gewöhnt war, Wiggins lachen zu hören, gelang es nicht, das Geräusch eindeutig zu identifizieren. «Bevor ich’s vergesse, Sir», sagte Wiggins, den Mund voller Pommes frites, «Kriminaldirektor Racer möchte, daß Sie ihn sofort zurückrufen. Ich hab ihm gesagt, Sie hätten kaum eine ruhige Minute gehabt, seit Sie hier sind, Sir.» Wiggins hatte offensichtlich ein schlechtes Gewissen, weil er einen Vormittag im Bett verbracht hatte, aber er schien ihm bekommen zu sein, zumindest hatte es ihm die Zunge gelöst. Er verschlang den

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