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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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«Dr. Appleby –»
    Appleby seufzte. «Na schön. Nach dem Zustand der Leiche zu urteilen, liegt die Tat ungefähr drei Tage bis eine Woche zurück. Ist schwer zu sagen – die Leiche ist ziemlich gut erhalten, als hätte sie in einer Gefriertruhe gelegen.» Appleby zündete sich wieder eine Zigarette an, und Wiggins, der sich die Auskünfte des Arztes notiert hatte, nutzte die Gelegenheit, um sich zu schneuzen und eine neue Packung Hustenbonbons anzubrechen. Dr. Appleby setzte seinen Bericht in leierndem Tonfall fort. «Tötung durch Erdrosseln, diesmal mit Hilfe eines geknoteten, strickartigen Werkzeugs. Es könnte ein dünnes Kopftuch oder ein Strumpf gewesen sein: Blutungen im Gesicht und unter den Augenlidern. Sonst kann ich nichts feststellen. Hier versteckt sich nicht hinter jedem Busch ein Pathologe wie bei euch in London. Deshalb muß ich die Obduktion auch selbst durchführen. Was übrigens diesen Creed betrifft, kann ich Ihnen leider nicht viel weiterhelfen. Daß er zwischen zehn und zwölf Uhr ermordet wurde, wissen Sie ja bereits. Genauer konnte ich die Todeszeit auch nicht bestimmen.»
    Appleby überwachte noch den Abtransport der Leiche, dann schloß er seine Tasche und entfernte sich. Kriminalbeamte suchten links und rechts von der Straße die vereisten Wiesen nach Beweisstücken ab. Jury hoffte, irgendeine Tasche – ein Koffer vielleicht – würde im Wald oder auf den Wiesen in der Nähe des Hahns mit der Flasche gefunden werden. Er stellte sich vor, daß der Mörder sie vielleicht veranlaßt hatte, eine Tasche zu packen – wahrscheinlich hatte er ihr ein Liebeswochenende in Aussicht gestellt (was bedeuten würde, daß es sich um einen Mann handelte) –, weil dann zumindest ein paar Tage lang niemand nach ihrem Verbleib fragen würde. Appleby sagte, nichts deute darauf hin, daß eine «sexuelle Handlung» stattgefunden habe; ob sie schwanger gewesen sei, ließe sich jedoch erst nach der Obduktion sagen. Eine heiße Spur war nirgendwo in Sicht. Aber in einem Punkt hatte Jury recht behalten: Ruby Judd war keine Ortsfremde.

    Als Jury endlich den Hügel zum Hahn mit der Flasche hochgestiegen war und in die Gaststube trat, sah er Melrose Plant an der Bar sitzen, ein Glas Guinness vor sich. Der deftig aussehende Wirt lehnte über dem Tresen und unterhielt sich mit ihm. Sein Name war Keeble. Auf seinem Gesicht standen Schweißperlen, die er sich mit einer Serviette abwischte. Während er einen ziemlich aufgelösten Eindruck machte, zeigte seine Frau, die gerade durch eine Tür rechts neben dem Tresen hereingekommen war, keinerlei Emotionen.
    Plant bot Jury eine Zigarette aus seinem goldenen Etui an, und Jury bediente sich dankbar. «Was wissen Sie über diese junge Frau, Mr. Keeble?»
    «Wie ich dem Herrn Wachtmeister schon gesagt habe –» Er deutete auf Wiggins, der wie immer pflichtbewußt sein Notizbuch aufgeschlagen und zusammen mit dem Taschentuch auf den Tresen gelegt hatte. «Diese Ruby ist mir kaum über den Weg gelaufen, vielleicht ein- oder zweimal beim Einkaufen. Ich kann Ihnen also nicht viel weiterhelfen. Es dauerte ewig, bis sie ihren ‹Toten Mann› da draußen fertig hatten.» Mrs. Keeble fügte noch hinzu, wie schlecht das fürs Geschäft sei, wenn ständig die Straße aufgebuddelt würde.
    «Und wann hatten die Straßenarbeiter wieder alles aufgefüllt?»
    Keeble dachte angestrengt nach. «Moment, ich kann Ihnen das ganz genau sagen – ja, ja, am Fünfzehnten, nachmittags. Dienstag vor einer Woche. Ich erinnere mich, weil wir am Tag darauf einen Schwung voll Leute zum Abendessen hatten. Gott sei Dank war da die Straße nicht mehr aufgerissen.» Er feierte die Rolle, die er bei dem schrecklichen Geschehen spielte, indem er sich ein Bier zapfte; seine Frau schnaubte mißbilligend. «Am Abend kam dann noch einer von ihnen zurück und brachte die Sache vollends in Ordnung. Das war am Dienstagabend, Dienstag, den Fünfzehnten.»
    Am Dienstag war auch Ruby losgezogen, angeblich um ihre Familie in Weatherington zu besuchen.
    Als Keeble das Abendessen erwähnte, verspürte Jury plötzlich einen Riesenhunger. Er sagte: «Wir könnten eigentlich auch was vertragen. Wär’s denn möglich, daß Sie uns was zu essen richten? Sie sind doch bestimmt auch hungrig, Mr. Plant? Und Sie, Wachtmeister, wie steht’s mit Ihnen?» Beide nickten.
    «Wir haben aber nur Scholle», sagte Mrs. Keeble.
    Plant gab einen gutturalen Laut von sich, aber Wiggins nickte. «Mit Pommes frites und Erbsen,

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