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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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und spießte noch ein Brotstück auf die Toastgabel. «Toast und Eier.» Er summte vor sich hin und dachte: Aber ich glaube, die Löcher sind zu groß und zu weit auseinander … Er drehte das Brot auf die andere Seite und summte noch ein wenig, während der Toast goldbraun wurde. Er nahm ihn von der Gabel und spießte ein neues Stück auf. Plötzlich hielt er abrupt inne und betrachtete die Gabel. Zinken. «Was es auch war, es machte zwei Löcher, nicht, Arnold?» Arnold schnupperte. Die Toastgabel interessierte ihn nicht. Er wollte Toast und Speck.
    Plötzlich bekam Bertie große Augen und flüsterte: «Arnold!»
    Arnold, der sich unter seinem Halsband gekratzt hatte, horchte auf. Etwas in Berties Tonfall hatte seine Aufmerksamkeit erregt, als wäre eine Katze auf das Fensterbrett gesprungen. «Arnold! Der Schwalbenschwanz!»

9
    Am selben Abend nahmen Melrose Plant und Sir Titus Crael ihre Drinks im Bracewood-Salon zu sich. Julian blieb unsichtbar. Vielleicht war er spazieren, was Melrose nicht traurig stimmte. Inzwischen tat er ihm eher leid. Julians Reaktionen waren seit heute morgen besonders dumpf; er schien schon mit seinem Leben abgeschlossen zu haben. Aber auch das Mitgefühl, das Melrose für ihn empfand, änderte nichts an seiner Überzeugung. Für ihn war er der Schuldige. Wer hatte ein besseres Motiv als er? Julian hätte sie auf keinen Fall gewähren lassen. Vielleicht hatte Gemma Temple eine Art Erpressung vorgeschwebt: Wenn du mir das und das gibst, gehe ich weg.
    Colonel Craels Stimme unterbrach ihn in seinen Überlegungen: «Mein Junge, es tut mir leid, daß Sie in all die Schwierigkeiten hineingezogen wurden.»
    Melrose errötete ein wenig. Ihm schoß durch den Kopf, daß er bei «all diesen Schwierigkeiten» seine Hand mit im Spiel hatte. «Ich müßte mich eigentlich bei Ihnen entschuldigen, Sir Titus, weil ich Sie obendrein noch mit meiner Gegenwart belästige. Ich habe vor, Sie heute zu verlassen.» Letzteres war eine Lüge.
    Der Colonel gluckste und wedelte die Worte weg, als wären sie Rauch. «Aber keineswegs. Es freut mich außerordentlich, daß Sie hier sind. Haben Sie eine Ahnung, was eigentlich mit Julian los ist? Ich kann nicht glauben, daß er wegen der armen Olive so erschüttert ist. Er hat sie eigentlich nie gemocht, und sie war auch nicht unbedingt jemand, den man mochte … Aber ich will nicht schlecht von einer Toten sprechen.» Er nahm einen Schluck Whisky und fuhr sich mit einem riesigen Taschentuch übers Gesicht, wie ein Bauer, der auf seinem Feld steht. «Mein Gott, ich weiß es nicht. Es ist einfach zuviel.»
    «Das ist es in der Tat.»
    «Lassen Sie uns über etwas anderes sprechen.»
    «Wann wird Ihre nächste Jagd stattfinden?»
    «Nach dem, was geschehen ist, weiß ich nicht, ob es überhaupt noch eine geben wird.»
    «Aber es kommen doch noch so viele schöne Jagdtage. Man kann hier doch viel länger jagen als in Northants, nicht wahr?»
    «O ja. Bis weit in den April hinein.» Er nahm den roten Reitrock, den er über einen Stuhl mit der Lehne zum Feuer gehängt hatte, und schüttelte ihn aus.
    Melrose wunderte sich, warum er eine so häusliche Aufgabe wie das Trocknen der feuchten Kleider nicht den Dienstboten überließ. Aber vielleicht war dies ein kleines Ritual, das der Colonel am liebsten selbst durchführte.
    Sir Titus sagte etwas von einem kleinen Loch im Ärmel. Er gluckste wohlwollend, als könne der Ärmel ihn verstehen. «Das gute, alte Stück. Ich muß es zum Schneider in der Jermyn Street schicken. Eine Weile muß es der Schwalbenschwanz tun, obwohl der Jagdherr normalerweise keinen trägt. Was soll’s, heutzutage noch auf der Etikette zu bestehen hat ja keinen Sinn mehr. Kennen Sie Jorrocks?» fragte er Melrose, dessen Gedanken nicht bei der Jagd, sondern bei dem zerfetzten Körper Olive Mannings waren. Melrose schüttelte den Kopf.
    Der Colonel zitierte: «Ich kenne keinen wehmütigeren Augenblick als den, wenn ich am Ende der Saison die Schnur von meiner Kappe entferne und das gute, alte Stück zusammenfalte – ein Stück, mit keinem anderen vergleichbar; je älter und nutzloser es wird, desto mehr wächst es einem ans Herz.»
    «Schwalbenschwanz?» sagte Melrose plötzlich und starrte den Colonel an.
    «Wie bitte?»
    «Sie sagten gerade ‹Schwalbenschwanz›.»
    «Ja, warum. Das ist mein Reitrock, den ich benutze, wenn –»
    Der Colonel verstummte, weil Melrose so abrupt aufgestanden war, daß er seinen Drink verschüttet hatte, und dann beinahe

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