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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Dillys-March-Nummer.»
    «Nummer?»
    Sie schaute ihn an. «Spielen Sie immer Echo, Inspektor? Sie sind ja noch schlimmer als mein Psychiater, und der ist schon schlimm genug. Auch gut – ich tue so, als hielte ich Sie für völlig ahnungslos und erzähl Ihnen die ganze Geschichte: Eines Tages taucht also diese Temple im Old House auf, gibt sich als Titus’ lang vermißten Schützling zu erkennen und läßt sich inmitten von Kristall und den Goldrahmen häuslich nieder, fest davon überzeugt, in den Schoß der Familie aufgenommen zu werden.» Sie machte eine verächtliche Handbewegung und griff nach ihrem Glas.
    «Sie haben ihr das also nicht abgenommen?»
    «Keine Sekunde. Sie etwa?» Sie nahm eine Zigarette aus einer Lackdose und steckte sie in einen dreißig Zentimeter langen Halter aus Onyx. Ihre Hand war mit Ringen überladen.
    «Aber Sir Titus schien keinerlei Verdacht zu hegen?»
    «Er ist einfach zu leichtgläubig; ich muß das leider sagen, auch wenn er mein bester Freund ist. Er hat die Kleine als Kind ungeheuer verwöhnt, wohl aus Enttäuschung darüber, daß er selbst keine Enkelkinder hat. Julian scheint ihm diese Freude ja – nicht machen zu wollen.»
    «Sie sind mit Sir Titus befreundet?»
    Die Antwort waren zwei leuchtendrote Flecken, die auf ihrem breiten, flächigen Gesicht erschienen. Maud Brixenham war zwar keine Schönheit, aber sie hatte Charakter. Es war anzunehmen, daß der Colonel das zu schätzen wußte; sie kam aus einem guten Stall und würde sich immer auf die richtige Seite schlagen.
    «Sie waren auch auf dem Ball?»
    «Ja. Ganz Rackmoor war da. Er findet einmal im Jahr statt. Ein rauschendes Fest – aber das wissen Sie ja. Sie trug dieses Kostüm, als sie ermordet wurde. Ein sehr auffallendes Kostüm, schwarz und weiß. Lily hat sich das ausgedacht. Wirklich originell und sehr seltsam, wie eine Picasso-Zeichnung mit diesen gegeneinander verschobenen Hälften … Ich ging als Sebastian. Das fand ich ganz passend. Und Lily als Viola. Zugegeben, sie war der hübschere Zwilling von uns beiden, aber sie ist nun mal auch eine sehr hübsche junge Frau. Les – das ist mein Neffe – ging als Les. Er trägt immer ein Kostüm. Cowboyhut, Stiefel, Fransenjacke oder Jeansanzug. T-Shirts mit irgendwelchen furchtbaren Bildern drauf, eine herausgestreckte Zunge oder unerforschliche Botschaften wie Frizday. Ich hab mich immer geweigert, ihn nach der Bedeutung zu fragen. Wissen Sie denn, was das heißt?»
    «Frisbee», sagte Wiggins. Beide schauten ihn an. «Das ist dieses Plastikding zum Werfen.»
    Wiggins konnte eine wahre Fundgrube sein, was alltägliche Banalitäten anbelangte; Jury hatte das schon des öfteren festgestellt.
    «Wie scharfsinnig, Sergeant.» Sie blickte zur Decke. «Er ist oben. Ich frage mich, wieso keine Musik zu hören ist.»
    «Sie wollten uns mehr über die Party erzählen, Miss Brixenham.»
    «Ach, entschuldigen Sie. Es müssen ungefähr vierzig oder fünfzig Leute dort gewesen sein. Ein riesiges Buffet. So gegen neun ging es los. Die meisten Gäste waren im Bracewood-Salon versammelt – Titus hat die Räume nach seinen Pferden benannt, ist das nicht komisch? Der Rest war im Haus verstreut. Auf dem Treppenabsatz spielte sogar eine Band. Wie auf einer Empore sieht das aus. Und die Musiker hatten sich als fahrende Musikanten kostümiert. Manchmal mischten sie sich auch unter die Leute. Das Essen kam von … ach, ich weiß nicht. Überall standen befrackte Kellner herum. Die Leute aus dem Dorf hatten sich die komischsten Kostüme ausgedacht. Miss Cavendish, die Bibliothekarin, kam als Madame Dubarry – stellen Sie sich das vor! Die Steeds, das junge Paar, das in der Scroop Street wohnt, entschied sich für Heinrich den Achten und eine seiner Frauen. Ich erinner mich nicht mehr, für welche. Eine ziemlich langweilige Zusammenstellung. Und die Honeybuns –»
    «Um wieviel Uhr sind Sie angekommen?»
    «Ungefähr um halb zehn. Ich bin mir aber nicht ganz sicher. Vielleicht erinnert sich Les. Nein, bestimmt nicht. Er hat ein Gedächtnis wie ein Sieb. Aber Lily vielleicht. Wir sind bei ihr vorbeigegangen und haben sie abgeholt.»
    «Und wann sind Sie wieder gegangen?»
    «Ziemlich früh. Kurz nach zehn. Lily fühlte sich nicht wohl. Das Essen ist ihr nicht bekommen. Ich hab sie nach Hause begleitet und bin noch eine Weile bei ihr geblieben.»
    «Haben Sie an diesem Abend auch Gemma Temple gesehen?»
    «Nein, warum? Ich habe ja schon Inspektor Hawkins –»
    «Harkins.»
    «Ja.

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