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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Er schlug sich gegen die Stirn, «die sieht einiges, denk ich.»
    «Und was?»
    Er schüttelte jedoch nur vielsagend den Kopf.
    Streng bewacht von der kämpferisch aussehenden Katze mit dem einen Auge, schaute Melrose sich Percy Blythes Werkzeugsammlung an. Das Gesicht der Katze erinnerte ihn an das Schälmesser.
    «Percy», fragte Jury, «halten Sie es für möglich, daß Lily etwas über jemanden in Rackmoor weiß, was gefährlich für sie werden könnte?»
    «Ah, weiß ich nicht, Mann. Vielleicht.» Eine längeres Schweigen senkte sich über sie, während Percy Blythe sich wieder seinen Muscheln widmete. Erleichtert bemerkte Melrose, daß Jury sich zum Gehen anschickte.
    «Wir haben genug von Ihrer Zeit in Anspruch genommen. Wir machen uns jetzt mal wieder auf den Weg. Vielen Dank, Percy.»
    «Komm wieder vorbei, Junge – auf ’n Bier.»
    Melrose wurde nicht mit eingeladen, wie er sofort bemerkte.
     
    Draußen blies Jury sich die Hände. «Ein bärbeißiger alter Knabe.»
    Melrose betrachtete Jury aus dem Augenwinkel. «Schwarzer Kautabak, Strohdachdecker, Heckenmacher. Sie haben doch noch nie was von dem Mann gehört, bevor ich ihn erwähnte. Woher zum Teufel wußten Sie denn das alles?»
    «Ganz einfach. Ich hab Kitty gefragt, bevor wir aus dem ‹Fuchs› gingen.» Jury schaute auf seine Uhr. «Ich werde mal nach Wiggins schauen. Es gibt da noch jemanden, den ich aufsuchen muß: Maud Brixenham.»
    «Ich bin ihr schon begegnet. Erinnert mich an eine Antilope.»
    «Wollen Sie mitkommen?»
    «Nein, ich denke, ich werde auch mal meine Notizen sichten.»
     
    Wiggins war nicht gerade begeistert, als er aus seinem warmen Zimmer im ‹Fuchs› gezerrt wurde, um mit Jury im Nebel herumzulaufen.
    Als sie den Gasthof verließen, erzählte er Jury, daß einige Dienstboten sich noch vage an Dillys March erinnerten, daß aber alle hieb- und stichfeste Alibis für den Abend hatten, an dem der Mord geschehen war. «Das heißt, abgesehen von Olive Manning. Sie sagt, sie sei so gegen zehn – ungefähr zur selben Zeit wie Julian Crael – auf ihr Zimmer gegangen. Ihr Zimmer liegt aber in dem andern Flügel; sie kann es auch ganz einfach wieder verlassen haben. Das bringt uns nicht weiter. Auf Dillys March ist sie nicht gerade gut zu sprechen; Leo, ihr Sohn, hat wegen Dillys wohl einiges durchgemacht.»
    «Ja, ich weiß. Ich muß mit ihr sprechen.» Sie waren auf der andern Seite der kleinen Bucht angelangt, und Jury fragte: «Wo ist die Lead Street?»
    Wiggins zeigte auf eine halbmondförmige Häuserreihe; die Straße war so eng, daß zwei Personen gerade nebeneinander hergehen konnten. «Dort drüben. Umgebaute Fischerhäuser.»
    «Verdammt chic», sagte Jury.

13
    Wo Maud Brixenham auch entlangging, hinterließ sie Schleier und Haarnadeln.
    Zumindest gewann Jury diesen Eindruck; er beobachtete gerade, wie das graue Tülltuch auf den Boden flatterte, während ihre knochige Gestalt sich zwischen Couch und Bücherschrank bewegte. Er fragte sich, ob sie es trug, um irgendwelche Alterserscheinungen zu verbergen – die hervortretenden Adern am Hals, die winzigen Fältchen.
    «Sherry?» fragte sie über die Schulter.
    Jury und Wiggins, die beide auf der Couch saßen, lehnten ab.
    «Ich werd mir ein Gläschen einschenken, wenn Sie gestatten.» Ihre Stimme wehte wie das Tuch zu ihnen hinüber. Die Flasche, aus der sie sich eingoß, war nicht zu sehen. Jury blickte auf das Taschentuch, das aus ihrer Tasche oder ihrem Ärmel gerutscht war, als sie sich bückte, um die Flasche zurückzustellen. Und er betrachtete die Haarnadeln, die wie die Stacheln eines Stachelschweins aus ihrem braunen, lose im Nacken geschlungenen Knoten herausragten. Sie schienen jedoch wenig zu bewirken, da aus dem Knoten lauter kleine Strähnen heraushingen wie Hühnerfedern.
    Maud Brixenham kam zurück und setzte sich ihnen gegenüber, das Sherryglas auf dem Handteller. Sie seufzte. «Ich nehme an, Sie sind wegen dieser rätselhaften jungen Frau gekommen?»
    Jury lächelte. Sie hatte weder «unglückselige» noch «arme» junge Frau gesagt. Offensichtlich verschwendete Maud Brixenham keine Zeit darauf, Gefühle vorzutäuschen. Sie nahm einen Schluck Sherry und stellte das geriffelte Glas auf den Tisch. Jury bemerkte, daß die Flüssigkeit eigentlich zu hell war für einen Sherry. War es Gin? «Wieso rätselhaft, Miss Brixenham?»
    «Eine höfliche Umschreibung. ‹Intrigant› wäre richtiger.»
    «Intrigant?»
    «Ja, klar. Diese ganze

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