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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Thema. «Sie sind ungefähr zwei Wochen vor Weihnachten nach London zu Ihrer Schwester gefahren?»
    «Ja. Ich übernachte bei ihr, wenn ich Leo besuche  … dieser Kriminalbeamte, Inspektor Harkins, oder einer seiner Männer bestand darauf, mit Leo zu sprechen. Es ist wirklich schrecklich, können sie den armen Jungen denn nicht in Ruhe lassen? Er hat doch nichts getan …»
    Überrascht stellte Jury fest, daß sie den Tränen nahe war; ihr Sohn war wohl ihr schwacher Punkt. «Ja, ich weiß, sie haben mit ihm gesprochen, aber ich glaube nicht, daß Leo ihnen viel weiterhelfen konnte. Er hat sich an kaum was erinnert.» An nichts, wenn man Harkins Glauben schenkte. «Die Kosten für das Heim, in dem Leo sich befindet, trägt der Colonel, nicht wahr?»
    Sie blickte ihn scharf an. «Der Colonel war schon immer ein verantwortungsbewußter Mann. Ich glaube, er weiß, bei wem die Schuld zu suchen ist.»
    «Es wäre doch ziemlich ärgerlich, wenn Dillys March zurückkommen und ihn veranlassen würde, anders darüber zu denken.» Olive Manning starrte ihn wütend an, machte den Mund auf und machte ihn wieder zu. «Ich würde gerne noch mit Ihrer Schwester sprechen, Mrs. Manning. Könnten Sie mir ihre Adresse geben?»
    «Warum? Was hat denn sie mit der Sache zu tun? Glauben Sie, ich hätte Sie angelogen, was diesen Besuch betrifft?»
    «Nein, ein Anruf würde genügen, um das herauszufinden. Wo wohnt sie?»
    Sie war verwirrt; ihre Hände flatterten wie zwei kleine Flügel. «Ich kann mir nicht vorstellen, was Sie von ihr wollen. Sie heißt Fanny Merchent. Mrs. Victor Merchent. Sie wohnen in der Ebury Street, Nummer neunzehn. In der Nähe von Victoria.»
    «Vielen Dank, Mrs. Manning.» Jury stand auf, und Wiggins erhob sich mit ihm. «Vielleicht muß ich noch einmal mit Ihnen sprechen.»
    Olive Manning gab keine Antwort, und sie schaute sich auch nicht nach ihnen um, als sie aus der Küche gingen.
     
    «Haben Sie heute morgen schon Mr. Plant gesehen, Wood?»
    «Nein, Sir. Soviel ich weiß, ist er noch nicht heruntergekommen, Sir.»
    «Können Sie ihm bitte ausrichten, ich sei nach London gefahren?» Jury lächelte. «Und sagen Sie ihm bitte auch, er solle nicht den ganzen Tag im Bett verbringen.»
    Der Butler hatte ein kleines, verschwörerisches Lächeln aufgesetzt, als würden sie beide – Wood und Jury – die Gepflogenheiten des Landadels nur zu gut kennen.
    Als sie über die schwarzweißen Marmorfliesen der Eingangshalle gingen, sagte Jury zu Wiggins: «Während Sie einen Wagen auftreiben, werde ich Tom Evelyn einen Besuch abstatten. Ich bleibe nicht lange in London – höchstens einen Tag. Ich muß mit ein paar von diesen Leuten sprechen.»
    «Inspektor Harkins fühlt sich vielleicht auf den Schlips getreten. Als sei er seinen Pflichten nicht nachgekommen.» Wiggins lächelte.
    «Macht nichts. Er fühlt sich immer auf den Schlips getreten. Ich werde Sie aber in Pitlochary absetzen, dann können Sie ihm alles erklären.»
    «Nett von Ihnen, Sir», sagte Wiggins, ohne eine Miene zu verziehen; sein Gesicht war halb verdeckt von seinem Inhaliergerät.

19
    Melrose Plant lag zwar im Bett oder vielmehr auf dem Bett, aber Jury hatte sich trotzdem getäuscht.
    Er war voll angezogen und starrte auf die kunstvoll bemalte Decke mit ihren Göttern, Göttinnen und Putten. Er lächelte; er dachte an Julian Craels Räume – drei Türen von seinen entfernt.
    Melrose hatte das Foto, das er in der Hand hielt, aus genau diesen Räumen entwendet. Und er war zufrieden mit sich.
    Zuerst hatte Melrose sich vergewissert, ob Julian auch seinen Morgenspaziergang machen würde: Er bot ihm seine Begleitung an, worauf ihm Julian einen Blick zuwarf, als hätte er ihm vorgeschlagen, gemeinsam in die Badewanne zu steigen. Jemand, der es vorzog, eine Stunde lang im Moor herumzuirren (was Julians Absicht war), statt am Kaminfeuer zu sitzen und Cockburns Very Superior Port zu trinken, konnte nicht ganz normal sein. Für Melrose war es jedoch eine gute Gelegenheit gewesen, seinen Plan durchzuführen.
    Sie mochten sich nicht, das war klar. Auch Gemeinsamkeiten wie Alter, Rang, Reichtum und gesellschaftliche Stellung brachten sie einander nicht näher. Melrose fühlte sich schuldig: Es war wirklich seine Absicht gewesen, etwas über Julian in Erfahrung zu bringen, wenigstens einen Eindruck, was den Colonel beruhigt hatte. Er würde es zwar abstreiten, aber Melrose spürte, daß der alte Crael sehr besorgt um den Jüngeren war. Alibi hin oder her.
    Ein

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