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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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zusammengepfuscht (was bestimmt nicht der Fall war) oder nicht für sie gemacht. So wie sie dasaß – in ihrem dunklen Kleid, an dessen Gürtel ein Schlüsselbund hing, mit ihren spitzen Ellbogen und Backenknochen und der geraden, scharfgeschnittenen Nase –, schien Olive Manning nur aus Kanten und Winkeln zu bestehen. Auch ihre Stimme klang hart und metallisch. Als sie Jury begrüßt hatte, verschwand auch das pflichtschuldige Lächeln; ihre Züge erstarrten und wirkten steif wie das Portrait auf einer Münze. Ihre Augen hatten die Farbe von angelaufenem Silber; ihre Lippen waren dünn, und auf ihrem dunklen Haar lag ein grauer Schleier wie auf alter Schokolade.
    Jury zog sich einen Stuhl heran; als sie ihm jedoch eine Tasse Tee anbot, lehnte er ab. «Mrs. Manning, ich möchte nicht noch einmal alles durchgehen, was Sie schon Sergeant Wiggins erzählt haben. Mich interessiert vor allem, ob Sie die junge Frau für Dillys March gehalten haben.»
    Sehr bestimmt schüttelte sie den Kopf. «Nein, eindeutig nicht.»
    «Wie konnten Sie sich so sicher sein, wo für Sir Titus überhaupt kein Zweifel bestand, daß sein Mündel zurückgekehrt war?» Olive Manning schien sich jedoch immer sicher zu sein, was ihre Gedanken und Gefühle betraf.
    Sie lächelte. «In diesem Fall war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens, Inspektor Jury. Julian Crael war übrigens ganz meiner Meinung, wie Sie wohl wissen.» Jury nickte. «Auf den ersten Blick sahen sie sich natürlich sehr ähnlich.»
    «Nicht nur auf den ersten Blick. Nach den Fotos zu urteilen, die ich von Dillys March gesehen habe, hätte Gemma Temple ihre Doppelgängerin sein können.»
    «Das stimmt schon. Nur sind diese Fotos von Dillys fünfzehn Jahre alt. Und es ist nicht nur das Aussehen. Es gibt auch noch andere Dinge, zum Beispiel, wie jemand sich bewegt, spricht –»
    «Nicht gerade aus einem guten Stall?»
    «So könnte man es ausdrücken. Ich fand sie ziemlich vulgär. Eine gute Kinderstube läßt sich schließlich nicht verleugnen.»
    «Könnte sie in den fünfzehn Jahren nicht auch einiges vergessen haben?» Sie schwieg. «Wie ich gehört habe, Mrs. Manning, ist Ihr Sohn in einer Anstalt?»
    Die kalten, stahlgrauen Augen luden sich auf; aber alles, was sie sagte, war: «Ja.»
    «Und Sie glauben, Dillys March hat ihn soweit gebracht?»
    Ihr Gesicht, ihre ganze Haltung wirkten wild entschlossen. Aber sie drehte nur an ihren Ringen, als wolle sie ihre Finger davon abhalten, sich um seinen Hals zu legen. «Sie kennen doch schon den ganzen Klatsch, Inspektor, was wollen Sie denn noch von mir hören?»
    «Es gibt einiges, worüber wir sprechen könnten, wenn das wirklich nur Klatsch ist. Was ist zwischen Dillys und Ihrem Sohn vorgefallen?»
    «Solange Leo hier gelebt hat – ein Jahr war das, er arbeitete als Fahrer für den Colonel –, war das Mädchen hinter ihm her.»
    «Mit Erfolg?»
    Schweigen. «Sie hat ihm die Hölle heiß gemacht, was ja nicht so schlimm gewesen wäre, wenn sie es nur auf ihn abgesehen hätte. Aber er war nur einer von vielen.»
    «War sie denn so attraktiv?»
    Olive Manning lächelte verächtlich. «Also wirklich, Inspektor. So attraktiv braucht man gar nicht zu sein, man muß nur –» Sie schaute Jury an, als müßte er es wissen. «Und wegen ihr hätte er nach einem Monat beinahe seinen Job verloren. Und dann gab es diese gräßliche polizeiliche Untersuchung. Jeder dachte, Leo hätte was damit zu tun gehabt …» Sie verstummte, und die Farbe wich aus ihrem Gesicht. Der Ärger, den sie wahrscheinlich nur mit großer Mühe unterdrückt hatte, schien sie innerlich explodieren zu lassen. «Das war zuviel für den armen Jungen; er war bis über beide Ohren in sie verliebt.»
    Das entsprang wohl dem besorgten Herzen einer Mutter, obwohl Olive Manning keinen sehr mütterlichen Eindruck auf Jury machte.
    «Damals, vor fünfzehn Jahren, haben Sie doch beobachtet, wie Dillys March weggefahren ist. Erzählen Sie mir bitte davon.»
    «Ich schlafe gewöhnlich ziemlich schlecht, das war schon immer so, und ich war auch an diesem Abend noch wach. Irgendein Geräusch veranlaßte mich, zum Fenster zu gehen. Vielleicht eine Autotür, die zugeschlagen wurde. Ich schaute hinaus und sah sie am Garagentor. Sie hielt den Kopf gesenkt und suchte anscheinend nach ihren Schlüsseln. Und dann sah ich, wie sie in ihr rotes Auto stieg und davonfuhr. Davon schoß. Wie immer.»
    «Das war das letzte Mal, daß Sie sie gesehen haben?» Sie nickte. Jury wechselte das

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