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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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folgte.
     
    Die Tür öffnete sich, und Melrose Plant kam herein. Er ließ seinen Blick über die Köpfe schweifen, entdeckte Jury und kämpfte sich einen Weg durch die Menge, die sich mittlerweile schon an der Bar drängte. «Benderby, alter Knabe!» sagte Melrose.
    Jury stieß einen Stuhl vor. «Setzen Sie sich, Mr. Plant, Benderby und ich danken Ihnen für Ihre Benachrichtigung. Und für das Bild. Also, erzählen Sie schon, wie Sie das gemacht haben!»
    «Scotland Yard meine Methoden verraten? Warum um Himmels willen sollte ich? Ich bin dafür, daß ich einen Drink bekomme. Wollen Sie auch noch einen?» Plant zeigte mit dem Silberknauf seines Stocks auf Jurys Glas.
    «Ich hab nichts dagegen.»
    Melrose nahm das Glas, legte seinen Stock auf den Tisch und kämpfte sich zurück durch die Menge. Jury zog unter dem Tisch einen Stuhl heran und legte seine Füße darauf. Hundemüde war er. Er rollte den Stock hin und her, hob ihn hoch, wurde neugierig und spielte an dem Knauf herum. Er zog daran. Ein Stockdegen. Himmel noch mal.
    Melrose kam mit den Getränken zurück, setzte sich und erzählte, was sich in den letzten vierundzwanzig Stunden zugetragen hatte; er begann mit dem Bild, das er Jury hinüberschob. «Wir wissen also, daß Crael sie kannte. Aber welche von beiden kannte er? Ich meine, welche von beiden war sie?»
    «Gemma Temple», antwortete Jury und steckte das Bild in seine Tasche. «Sie fuhr mit dem Wagen ihrer Zimmergenossin nach Rackmoor, weil ihrer ein Anfängerschild hatte. Gemma Temple hatte gerade ihren Führerschein gemacht.»
    «Du lieber Himmel, und Dillys March fuhr immer diesen roten Wagen.»
    Jury nickte, und dann starrten beide schweigend in ihr Bier.
    Jury lehnte sich zurück und schaute durch den oberen Teil des bleiverglasten Fensters, durch den die Lampen draußen zu sehen waren. Das aprikosenfarbene Licht eines ungewöhnlich sonnigen, aber kalten Tages war von den Tulpenornamenten der Scheibe verschwunden, und London dämmerte in den frühen Abend hinein. Aber es erzeugte kein Gefühl der Melancholie in Jury, der sogar in dem verrauchten Pub den Schnee riechen konnte, der bald fallen würde. London im Winter war für Jury die beste Jahreszeit. Die Straßen feucht wie alte Handschuhe, der Geruch von Gummistiefeln; dampfende Pferde mit ihren Reitern vor dem Palast. Er liebte London und wurde manchmal von diesem Gefühl geradezu überwältigt.
    «Ich glaube, daß Julian Crael Gemma Temple irgendwo begegnet ist und von ihrer Ähnlichkeit mit Dillys March völlig geblendet war. Ich vermute, Dillys bedeutete Julian mehr, als er je zugeben würde. Er fing also mit Gemma ein Verhältnis an. Gemma sah darin die Möglichkeit, an ein Vermögen ranzukommen. Er muß ihr viel erzählt haben von sich, seiner Familie und seinem Zuhause – und von Olive Manning. Ich glaube, er wollte sie verlassen; vielleicht, weil er gemerkt hatte, wie fadenscheinig sein Phantasiegebilde war. Also setzte sich Gemma mit Olive in Verbindung, und die beiden arbeiteten diesen Schwindel aus.»
    «Warten Sie mal. Olive Manning bestritt vom ersten Augenblick an, daß die Frau Dillys March sei. Wie konnte sie da gleichzeitig den Colonel glauben machen wollen, Dillys sei zurückgekommen.»
    «Stimmt. Das verstehe ich auch nicht. Ich weiß nur, daß Gemma und sie gemeinsame Sache gemacht haben. Und wenn die Sache mit dem Diebstahl schiefging, dann hätte das ja ein verdammt gutes Motiv für einen Mord …»
    «Es gibt noch ein besseres, oder? Julian Craels Motiv.»
    «Ich weiß, er ist Ihr Kandidat. Aber warum sollte er sie ermorden? Warum nicht seinem Vater die ganze Geschichte erzählen? Julian wußte, daß die Frau nicht Dillys March war. Und vergessen Sie nicht sein Alibi …»
    «Sie glauben also wirklich nicht, daß er es war, oder? Immer verteidigen Sie ihn.»
    «Ich weiß nicht, wer es getan hat, mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Und ich ‹verteidige› ihn nicht.» Jury fragte sich, ob er nicht doch recht hatte. Was lag ihm an diesem Mann, der so distanziert, so kalt war und – genaugenommen – das einleuchtendste Motiv hatte. Julian Crael beschäftigte ihn, und wahrscheinlich wollte er Plants vollkommen berechtigten Verdacht einfach mit Argumenten aus der Welt schaffen. Er dachte an Julian, wie er im winterlichen Licht des Wohnzimmers stand, seine Arme auf dem Kaminsims, unter dem Bild jener schönen Frau mit dem Seidenschal, die seine Mutter gewesen war. Und er fühlte in dem Lärm des verrauchten Pubs das gleiche

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