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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Frösteln wie dort in der Stille des Wohnzimmers, als er Julian Crael zugehört hatte. «Ich dachte, Sie wüßten, daß sie tot sein könnte.» In den Worten schwang eine leise Frage mit, als verstehe der Sprecher selber nicht, was er gesagt hatte, als erwarte Julian eine Antwort von etwas, was außerhalb lag, von etwas Großem – von den Mooren vielleicht, oder der See.
    Wer könnte denn tot sein, fragte sich Jury.
    «Sie wollen nicht, daß er schuldig ist.» Plants Bemerkung unterbrach seine Gedanken, und er bemerkte, daß er die ganze Zeit über das Mädchen in Bordeauxrot, das immer noch an der Bar saß, angestarrt hatte.
    Verärgert über sich selbst, leerte er schnell sein Glas und sagte: «Es ist fast sieben. Wir sollten lieber losfahren. Die Fahrt zurück nach Rackmoor dauert sechs Stunden. Ich würde ganz gern noch mit Olive Manning sprechen.»
    Plants Blick glich einem Pfeil. «Ja, ich habe gehört, was Sie sagten. Ob ich will, daß jemand schuldig oder unschuldig ist, steht nicht zur Debatte. Vergessen Sie nicht, daß Crael ein Alibi hat.»
    Plant saß immer noch da und fixierte seinen Spazierstock. «Ist das alles? Es soll schon mal vorgekommen sein, daß ein Alibi durchlöchert worden ist.»

14
    «Sollen wir anhalten und Agatha aufstöbern? Sie wird nur Ihnen Bericht erstatten. Ich würde gerne wissen, wie sie mit der Suche nach dem Aufbewahrungsschein vorangekommen ist.»
    Unter seinem Hut hervor erwiderte Jury: «Ich glaube, ich werde auf dieses kleine Vergnügen verzichten, wenn Sie nichts dagegen haben.»
    Sie wechselten sich beim Fahren ab und lagen gut in der Zeit. Melrose fuhr, seitdem sie in einem Café einen Kaffee getrunken hatten mit einem fürchterlichen Stück Pie. «Es könnte ja auch sein», sagte Melrose, «daß der Mörder Gemma Temple mit Lily Siddons verwechselt hat. Aber welches Motiv könnte da dahinterstecken?»
    «Der Colonel hat Lily Siddons sehr gern», sagte Jury, seine Stimme wurde durch den heruntergezogenen Hut gedämpft. «Genauso gern wie Dillys March, glaube ich.»
    «Meine Güte, er hat ja die halbe Grafschaft gern. Ich hoffe, daß wir nicht überall in Yorkshire Leichen finden werden.»
    Jury gab keine Antwort.
    Melrose nahm an, er sei eingenickt, und beschleunigte den Jaguar auf hundertfünfundvierzig Stundenkilometer.

15
    Plant hatte sich diskret entschuldigt und war auf sein Zimmer gegangen. Wood, der seine Überraschung kaum verbergen konnte, ging Olive Manning holen.
    Alle anderen im Haus schienen zu schlafen, worüber Jury ganz froh war; er wollte sowenig Aufsehen erregen wie möglich.
     
    Jury stand im Red-Run-Salon, dem «Nest» des Colonels, als Olive Manning erschien. Im Bademantel, ohne Schlüsselbund und ohne ihre kunstvolle Frisur sah sie fast menschlich aus. Sie verschwendete auch keine Zeit, wie Jury mit Erleichterung feststellte.
    «Fanny hat schon immer zuviel geredet», war das erste, was sie sagte. Wie Jury zog sie es vor, beim Reden zu stehen.
    «Wie hat Gemma Temple Sie ausfindig gemacht?»
    «Durch Julian natürlich. Er war höchst indiskret. Wie auch immer, die ganze Sache hatte sich zu meinem Vorteil entwickelt – oder hätte es getan, sollte ich vielleicht lieber sagen, wenn nicht irgend jemand diese Frau ermordet hätte.»
    «‹Irgend jemand›? Nicht Sie, Mrs. Manning?»
    «Ich ganz bestimmt nicht. Obwohl es bestimmt schwierig wird, Sie davon zu überzeugen, da bin ich sicher.»
    «Ihre Verbindung zu Gemma Temple würde das vermuten lassen. Aber alles schön der Reihe nach, die Details zuerst: Woher wußte Gemma Temple, daß Sie Ihre Schwester besuchten?»
    «Sie rief erst hier an. Wood oder sonst jemand sagte ihr, ich sei in London bei meiner Schwester. Daraufhin rief sie mich dort an und sagte, sie hätte mir etwas von großer Wichtigkeit über Dillys March mitzuteilen. Ich war überrascht. Wer war diese Fremde, die etwas über ein Mädchen wußte, das vor fünfzehn Jahren verschwunden war? Sie wohnte im Hotel « Sawry». Julian war an diesem Morgen gerade nicht da, wie ich später herausfand. Als ich sie sah –» Olive Manning schloß die Augen. «Die Ähnlichkeit war frappierend. Nun, ich dachte natürlich, sie sei Dillys. Die Frau war wenigstens so schlau einzusehen, daß die Informationen, die sie über Dillys und über ihre Vergangenheit im Old House hatte, einer genaueren Prüfung nicht standgehalten hätten. Sonst hätte sie es wohl auf eigene Faust versucht. Sie brauchte sozusagen noch den letzten Schliff; da mußte so einiges

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