Inspiration – Du sollst mein sein!
keinesfalls, dass sich irgendjemand an ihn erinnerte. Und seine Chancen standen gut. An ihm war nichts Auffälliges, er würde ein angemessenes Trinkgeld hinterlassen, er würde sich mit niemandem unterhalten. Er ließ sich auch nicht anmerken, dass er auf jedes Wort vom Nachbartisch lauschte. Einzig der Aufpasser-Gorilla machte ihm Sorgen. Er saß an der Bar und behielt permanent den Raum im Auge, während er an einer Coke nippte. Doch um dieses Problem würde er sich kümmern, wenn es so weit war.
»Wirklich machen …?« , drang an sein Ohr, und er widmete der Unterhaltung der beiden jungen Ladys wieder seine volle Aufmerksamkeit. Er wurde belohnt. Seine Darstellerin hatte offenbar etwas vor. »… Also, ich geh jetzt gleich auf die Toilette, und du bleibst schön hier sitzen. Das Fenster geht raus auf die Seitenstraße. Gib mir eine Viertelstunde …«
Schnell sah er sich um, entdeckte das dezente Schild an der Rückwand des Gastraums. Damentoilette rechts, Herrentoilette links. Der Kellner näherte sich mit der Bestellung, doch er stand auf und legte dem Mann den passenden Betrag auf das Tablett. »Tut mir leid, ich muss leider auf den Genuss Ihrer Köstlichkeiten verzichten. Ein dringender Termin …« Der Kellner nickte nur wenig überrascht. Offenbar kam das in diesem Lokal häufiger vor. Der vermeintliche Gast hatte seine Zeche bezahlt, auch wenn er keinen Happen davon verzehrt hatte. Allein das war wichtig.
Schnell, aber ohne übertriebene Eile bewegte er sich zum Ausgang, lief normal, solange man ihn durch die Fenster sehen konnte. Und dann rannte er die letzten Meter zu seinem Wagen. Wieder hatte er Glück, die Straße war frei, und er konnte problemlos wenden. Nicht einmal zwei Minuten, nachdem er das Lokal verlassen hatte, stand er neben dem Fenster dicht an die Hauswand gepresst. Dem Fenster, aus dem seine perfekte Darstellerin wahrscheinlich gleich klettern würde.
* * *
Stephanie Delainy warf einen verstohlenen Blick auf den attraktiven, finster blickenden, groß gewachsenen Mann, der an der Bar saß und sie und ihre Freundin nicht aus den Augen ließ.
»Und du willst das wirklich machen? Ich meine, wenn er dich dabei erwischt, also ehrlich, dann möchte ich nicht in deiner Haut stecken. Der sieht mir nicht so aus, als wär mit ihm gut Kirschen essen.«
Geraldine Wheeler, süße 19 und selbstsicher bis in die Haarspitzen, lachte nur. »Was will er denn bitte schön machen? Mir den Hintern versohlen? Der ist von meinem Vater engagiert worden, um auf mich aufzupassen. Wenn er das nicht schafft, dann ist das sein Problem. Ich hab jedenfalls nicht vor, die ganze Zeit mit diesem … diesem Muskelprotz durch die Gegend zu ziehen. Ich will mich amüsieren, wenn ich hier in L.A. bin. Also, ich geh jetzt gleich auf die Toilette, und du bleibst schön hier sitzen. Das Fenster geht raus auf die Seitenstraße. Gib mir eine Viertelstunde, dann kannst du meinetwegen gehen. Wir treffen uns dann heute Abend bei Peter … soll ja ‘ne super Party werden. Angeblich kommt sogar Billy Saint, du weißt doch, wie ich auf den stehe. Wenn da mein Gorilla in der Ecke sitzt, geht gar nichts. Also, bis dann …«
Mit einem überlegenen Lächeln stand sie auf und ging hinüber zu dem Mann an der Theke. Stephanie nahm nervös einen Schluck von ihrem Mineralwasser und beobachtete gespannt, ob ihre Freundin es wirklich schaffte, ihren Plan umzusetzen.
Geraldine blieb an der Bar stehen und fixierte ihren Bewacher kurz. Arroganz leuchtete aus jedem ihrer Knopflöcher. Fast verächtlich teilte sie ihm ihre Bedürfnisse mit. »Mr. Velasquez, wenn Sie gestatten … ich müsste mal dahin, wohin Sie mich nicht begleiten können. Ich hoffe, das verträgt sich mit Ihren Aufgaben?«
Mit großer Befriedigung nahm sie seine gespannte Haltung wahr. Seine vor unterdrücktem Unwillen geblähten Nasenflügel. Es machte wirklich großen Spaß, diesen Mann zu reizen. Wäre er nicht ihr Bewacher gewesen, wer weiß? Er sah wirklich gut aus mit all seinen Muskeln und dem schwarzen Haar. Doch sie wollte ihrem Dad beweisen, dass sie sich nichts mehr vorschreiben ließ. Dass dabei Bauernopfer gebracht werden mussten, war klar, in diesem Fall eben Mr. Miguel Velasquez.
Bis auf ein Stirnrunzeln und ein unterdrücktes »Machen Sie aber schnell!« bekam sie keine Antwort, was sie nicht weiter verwunderte, denn sympathisch war sie Mr. Aufpasser ganz bestimmt nicht. Mit einem strahlenden Lächeln und einem beinahe beleidigend freundlichen »Danke
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