Inspiration – Du sollst mein sein!
können, der mir meine Tochter genommen hat. Der Gerechtigkeit muss zum Sieg verholfen werden.«
Die ansonsten sonore und kalkuliert ruhige Stimme von Senator Steven Wheeler erzitterte in kaum unterdrückter Wut. Seine kühl blickenden grauen Augen verengten sich wirkungsvoll, während er seine kleine Ansprache hielt.
Obwohl Rick sich um Verständnis und auch Mitgefühl bemühte, empfand er keines von beiden für diesen Vollblutpolitiker. Auf ihn wirkte die gewählte Ausdrucksweise geschraubt, die Wut aufgesetzt, so als ob sich der gute Senator mehr um den bestmöglichen Auftritt als um den Tod seiner Jüngsten sorgte.
Wie anders und ehrlich war doch die Reaktion von Dr. Corinne Wheeler gewesen. Ihre Trauer wirkte tief empfunden, ihre Tränen genauso echt wie das Bemühen, nicht zusammenzubrechen, möglichst keine Schwäche vor den Fremden erkennen zu lassen.
Ein kurzer Seitenblick zu seinem Freund und Partner Cooper Bradshaw gab Rick die Gewissheit, dass auch er starke Zweifel an der gekünstelt wirkenden Betroffenheit des Senators hegte. Beide behielten ihre Bedenken jedoch für sich. Es war schließlich Aufgabe ihres Captains, sich mit wichtigen Persönlichkeiten zu beschäftigen, und wie nicht anders zu erwarten, gab der auch die gewünschte Antwort.
»Sir, Sie können ganz gewiss sein, dass wir alle Kräfte mobilisieren werden, um den Entführer Ihrer Tochter so schnell wie möglich zu fassen. Ich bedauere außerordentlich, Ihnen noch keine näheren Erkenntnisse präsentieren zu können, aber wir arbeiten mit Hochdruck an diesem Fall. Die Detectives Valdez und Bradshaw sind zwei meiner besten Leute. Ich werde ihnen auch noch weitere Ermittlungsbeamte zur Seite stellen. Ich glaube ganz fest daran, dass wir bald Ergebnisse vorweisen können, die zu einer Ergreifung des Täters führen. Ich werde Sie natürlich auf dem Laufenden halten und Sie sofort informieren, wenn wir etwas Konkretes gefunden haben. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort, Senator Wheeler.«
Das ansonsten eher blasse Gesicht von Captain Carruthers rötete sich vor unterdrückter Aufregung. Er war mehr als bestrebt, dem Senator ein deutliches Bild von Autorität und Kompetenz zu vermitteln, denn anders als bei den gewöhnlichen Ermittlern, die vom Staat eingestellt wurden, stand sein Bürostuhl nur auf festem Boden, solange er den Senator und damit indirekt auch den Gouverneur von Kalifornien auf seiner Seite hatte. Den Rang eines Captains erhielt und behielt man nicht nur durch gute Polizeiarbeit. Man musste sich auch mit den Großen der Politik gut stellen, die schließlich die Auswahl für solche Posten trafen. Ein Versagen seiner Ermittler konnte für Carruthers ungeahnte Folgen haben, dessen war er sich sehr wohl bewusst.
Senator Wheeler hingegen verschwendete keinen Gedanken an die persönlichen Probleme, die der Tod seiner Tochter bei dem Captain des Los Angeles Police Department auslöste. Ihm ging es allein darum, den Täter möglichst schnell zu ergreifen und abzuurteilen. Und das möglichst publikumswirksam. Die kleine Geraldine war ihm durchaus wichtig gewesen. Eine kranke Tochter, die von ihrem Vater vergöttert wurde, machte sich ausnehmend gut im Wahlkampf. Das Volk brauchte solche Zeichen von Familiensinn, um sich leichter entscheiden zu können.
Mittlerweile war ihm die kleine aufsässige Göre allerdings längst lästig geworden. Kurz nach dem Tod seiner Frau Ruth hatte er es genossen, in ihrer Nähe zu sein. Geraldine sah schon mit vierzehn aus wie ihre Mutter in jungen Jahren. Allein das zog ihn an Geraldines Seite, denn Ruth – das konnte er mit Fug und Recht behaupten – war der einzige Mensch gewesen, den er je aufrichtig geliebt hatte, seine beiden Töchter eingeschlossen, die er eigentlich nicht hatte haben wollen. Schließlich störten sie die Zweisamkeit mit Ruth. Doch seine Frau wollte unbedingt Kinder, und für seine politische Karriere war es auch kein Nachteil. Also hatte er schließlich zugestimmt. Die Ähnlichkeit Geraldines mit ihrer Mutter brachte ihn dann auch dazu, sie nach dem Tod von Ruth ein Jahr lang maßlos zu verwöhnen und ihr jede Verfehlung durchgehen zu lassen.
Bald jedoch hatte er erkennen müssen, dass seine Jüngste keine über das Aussehen hinausgehende Ähnlichkeit mit ihrer Mutter aufwies. Wo Ruth sanft und duldsam gewesen war, rebellierte Geraldine gegen jede Art von Diktat. Wo Ruth bescheiden auf ihrem Platz geblieben war, ging Geraldine forsch nach vorne und forderte mehr Raum für sich.
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