Inspiration – Du sollst mein sein!
und leise nach seinem Ausweis verlangte, war Miguel fast geblendet von der Flut dichter, rotblonder Locken, die sich seidig um ihr Gesicht ringelten – um ein durchaus interessantes Gesicht.
Nachdem sie seinen Ausweis intensiv studiert hatte, gab sie schließlich die Tür frei. »Ich weiß zwar nicht, was Sie von mir wollen, vor allen Dingen um diese Uhrzeit, aber ich bin neugierig. Und Sie sind mir was schuldig, Sie haben mich zu Tode erschreckt.«
Miguel verzog kurz schuldbewusst das Gesicht, betrat die kleine Wohnung und sah sich interessiert um. Was auch immer Bellinda Carlyle beruflich sein mochte, daheim mochte sie es offenbar ziemlich unkonventionell. Alte Möbel, offenbar liebevoll aufgearbeitet, mischten sich mit einfachen Billigregalen, vollgestopft mit Büchern und Papieren. Ihr schwarzes Sofa und ein passender Sessel sahen zwar sehr bequem aus, hatten aber eindeutig schon bessere Tage gesehen. An der Wand hing ein großer bunter Kunstdruck irgendeines abstrakten Malers. Die Deckenlampe, ein Glasball aus verschiedenen Blau- und Grüntönen, stammte wahrscheinlich von einem Flohmarkt, und der Teppich machte mit seinem verrückten Muster das Farbchaos perfekt. Ihr Einrichtungsstil war ziemlich gewöhnungsbedürftig, aber alles war sauber und ordentlich.
Miss Carlyles angenehme, aber immer noch leicht zittrige Stimme riss ihn aus seinen Betrachtungen. »Also, Mr. Velasquez, Sie sagten etwas davon, dass Sie der Bruder von Detective Valdez sind? Wieso die verschiedenen Nachnamen? Hat er Sie beauftragt, mich zu überwachen? Oder was bringt mich sonst zu der zweifelhaften Ehre Ihres späten Besuchs?«
Miguel zögerte kurz. Es wäre so einfach, ihr weiszumachen, dass er für seinen Bruder arbeitete. Aber es wäre auch dumm, anzunehmen, dass sie nicht nachfragen würde. Sie machte auf ihn nicht den Eindruck, alles leichtgläubig zu schlucken, was man ihr als Erklärung servierte.
»Wollen wir uns nicht erst einmal setzen? Ich muss etwas weiter ausholen, damit Sie verstehen, warum ich mich vor Ihrem Haus eingenistet habe. Und es redet sich einfach besser im Sitzen.« Wortlos wies Bellinda auf ihre Couch und zog für sich selbst den Sessel vom Fenster zurück an den niedrigen Tisch.
»Also bitte, Mr. Velasquez. Wir sitzen. Warum sind Sie hier?« Miguel beschloss, den direkten Weg zu gehen.
»Miss Carlyle, sicher haben Sie der Presse entnommen, dass die Tochter von Senator Wheeler einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Da mein Bruder bereits mit Ihnen gesprochen hat, dürfte Ihnen auch bekannt sein, dass der Täter eine weitere junge Frau, nämlich Miss Wheelers Freundin, umgebracht hat. Und zwar detailgenau nach Drehbüchern, die Sie geschrieben haben. Was Sie aber nicht wissen können, ist, dass ich Miss Wheelers Bodyguard war. Es lag in meiner Verantwortlichkeit, dass sie entführt und zu Tode gequält werden konnte. Miss Wheeler hat zwar ständig versucht, mir zu entwischen, aber das entschuldigt mich in meinen Augen nicht. Ich hätte sie trotzdem nicht aus dem Blickfeld verlieren dürfen. Ich betrachte es als meine persönliche Aufgabe, den Mistkerl aufzuspüren, der ihr das angetan hat, auch wenn mein Bruder und die gesamte Polizei von Los Angeles das wahrscheinlich gar nicht gern sehen. Und meine beste Chance, an den Kerl heranzukommen, sind Sie.«
Miguel stockte kurz und musterte sie prüfend. Sein Schuldeingeständnis hatte sie offenbar nicht schockiert. Bis jetzt schien sie einfach nur zuzuhören. Ihr Gesicht verriet einzig und allein Interesse. Er überlegte kurz, wie weit er mit seiner Geschichte gehen sollte, und beschloss dann, alle Karten auf den Tisch zu legen.
»Seitdem ich erfahren habe, dass er Ihnen Briefe schickt, sind Sie zur wichtigsten Person für mich geworden. Ich hatte keinesfalls vor, Sie zu beschatten. Ich warte vielmehr darauf, dass dieser Irre sich in Ihrer Nähe zeigt. Indem ich mich an Sie heranhänge, rechne ich mir ganz gute Erfolgsaussichten aus. Die Briefe, die er Ihnen schickt, sind offenbar sehr persönlicher Natur und werden nicht mit der Post verschickt. Soweit mir bekannt ist, hat er sogar erwähnt, dass er sich in Ihrer direkten Nähe aufgehalten hat. Es liegt also auf der Hand, dass er immer wieder versuchen wird, in Ihre Nähe zu kommen. Das ist für solche Typen einfach ein Grundbedürfnis. Sie sind für ihn die perfekte Frau, die er verehrt. Es ist nur natürlich, wenn er Ihnen nahe sein will. Diese Informationen hab ich von meinem Bruder, na ja, eigentlich
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