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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sie in einen langen, schwarzen Tunnel zu starren schien, an dessen fernem Ende die schäbige Schlafkammer des Wohnmobils lag.
    Sie sagte sich, daß der junge Mann im Schrank schon tot gewesen war, als der Mörder sich mit dem Nähzeug ans Werk gemacht hatte. Und sollte er nicht tot gewesen sein, war er bestimmt zumindest bewußtlos gewesen. Dann befahl sie sich, überhaupt nicht daran zu denken, weil der Tunnel um so länger und schmaler wurde, je mehr sie daran dachte, und das Schlafzimmer weiter fortrückte und die Lichter immer schwächer wurden.
    Sie legte das Gesicht in die Hände, und ihre Hände waren kalt, aber ihr Gesicht schien noch kälter zu sein. Aus irgendeinem mysteriösen Grund erschien ihr das Gesicht ihrer Mutter, so klar wie auf einem Foto. Und dann verstand sie.
    Für Chynas Mutter war die Aussicht auf Gewalt romantisch, ja bezaubernd gewesen. Eine Zeitlang hatten sie in einer Kommune in Oakland gewohnt, in der jeder davon gesprochen hatte, eine bessere Welt zu schaffen, und in der sich an den meisten Abenden die Erwachsenen um den Küchentisch versammelt, Wein getrunken, Pot geraucht und diskutiert hatten, wie sie das verhaßte System am besten zum Einsturz bringen konnten. Manchmal hatten sie Pinokel oder Trivial Pursuit gespielt, während sie die Strategien besprachen, die endlich ein Utopia herbeiführen würden; manchmal waren sie von der Revolution viel zu sehr eingenommen gewesen, um sich für irgendwelche niederen Spiele zu interessieren. Da gab es Brükken und Tunnels, die man mit absurder Leichtigkeit sprengen konnte, um den Verkehr zum Erliegen zu bringen; man konnte sich Einrichtungen der Telefongesellschaften zum Ziel nehmen, um die Kommunikation ins Chaos zu stürzen; Fabriken für Fleischkonserven mußten niedergebrannt werden, um der brutalen Ausbeutung der Tiere ein Ende zu machen. Sie planten raffinierte Banküberfälle und kühne Überfälle auf Geldtransporte, um ihre Operationen zu finanzieren. Der Weg, der sie zu Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit führen sollte, wurde stets durch Bomben freigesprengt und von unzähligen Leichen gepflastert. Nach Oakland waren Chyna und ihre Mutter ein paar Wochen lang durch die Gegend gezogen und schließlich wieder bei ihrem alten Freund Jim Woltz in Key West gelandet, dem enthusiastischen Nihilisten, der tief im Drogenhandel steckte und nebenbei illegale Waffengeschäfte machte. Unter seinem Häuschen am Ozean hatte er einen Bunker gegraben, in dem er eine persönliche Sammlung von zweihundert Feuerwaffen versteckt hielt. Chynas Mutter war eine wunderschöne Frau, selbst an schlechten Tagen, wenn Depressionen sie plagten und ein Elend, das sie nicht erklären konnte, ihre grünen Augen grau und traurig machte. Aber an jenem Küchentisch in Oakland und in jenem Bunker unter der Hütte in Key West – eigentlich immer, wenn sie mit einem Mann wie Woltz zusammen war – war ihre Porzellanhaut klarer als sonst, fast transparent; belebte Erregung ihre aparten Gesichtszüge, wurde sie auf magische Weise anmutiger, wirkte sie geschmeidiger und schlanker, lächelte sie mehr. Die Aussicht auf Gewalt, auf die Möglichkeit, irgendeinem Clyde die Bonnie zu sein, erfüllte ihr atemberaubend schönes Gesicht mit einem Licht, so prachtvoll wie ein Sonnenuntergang in Florida, und ihre smaragdgrünen Augen waren dann so hypnotisierend und geheimnisvoll wie der Golf von Mexiko, wenn er in der Dämmerung versank.
    Auch wenn die Aussicht auf Gewalt romantisch sein mochte: Die Wirklichkeit bestand aus Blut, Knochen, Verwesung, Staub. Die Wirklichkeit war Laura auf dem Bett und der unbekannte junge Mann hinter der Falttür, dem man den Mund zugenäht hatte, damit er auf ewig schwieg.
    Chyna saß da, und ihre kalten Hände bedeckten ihr noch kälteres Gesicht, und ihr wurde klar, daß sie niemals die seltsame Schönheit ihrer Mutter haben würde.
    Schließlich bekam sie ihre Atmung wieder in den Griff.
    Das Wohnmobil rollte weiter, und sie wurde an Nächte erinnert, in denen sie als Kind in Zügen, Bussen, auf Rücksitzen von Autos gedöst hatte, eingelullt von der Bewegung und dem Summen der Räder, ohne zu wissen, wohin ihre Mutter sie brachte, und davon träumte, Teil einer Familie wie im Fernsehen zu sein – mit konfusen, aber liebevollen Eltern, einem unterhaltsamen Nachbarn, der frustrierend sein mochte, aber niemals bösartig, und einem Hund, der ein paar Kunststückchen konnte. Aber gute Träume hielten nie lange an, und sie schreckte wiederholt aus

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