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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sechzehn und noch nicht bereit.«
    Sie wissen nicht genau, was sie sagen sollen. Sechzehn – er ist doppelt so alt. Mit sechzehn ist man noch ein Kind. Sowas kann einen in den Knast bringen.
    Das Risiko, das er eingeht, ist gewaltig und erregend. Jeden Augenblick könnte ein anderer Kunde vom Highway abbiegen und es noch zusätzlich erhöhen.
    »Das schönste Ding auf Erden«, sagt Vess und leckt sich die Lippen. »Ariel, meine ich.«
    Er holt den Polaroid-Schnappschuß aus der Manteltasche und legt ihn auf die Theke. Der Verkäufer starrt das Foto an.
    »Der reinste Engel«, sagt Vess. »Haut wie Porzellan. Atemberaubend. Da vibriert dir der Hodensack wie ‘ne Baßgeige.«
    Mit kaum verborgenem Abscheu schaut der Kassierer auf den Bildschirm links auf der Theke, auf dem die Zapfsäulen zu sehen sind. »Ihre sechzig Dollar sind gerade in den Tank gegangen«, sagt er.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch«, sagt Vess. »Ich hab’ sie nie angerührt – nicht so. Ich hab’ sie seit einem Jahr im Keller eingesperrt, wo ich sie ansehen kann, wann immer ich will. Ich warte darauf, daß mein Püppchen etwas reifer wird, noch etwas süßer.«
    Sie starren ihn so glasäugig an wie Fische. Er genießt ihren Gesichtsausdruck.
    Dann lächelt er und lacht. »He«, sagt er, »da hab’ ich Sie aber reingelegt, was?«
    Keiner der beiden Männer erwidert sein Lächeln, und der Rotschopf sagt verkniffen: »Wollen Sie noch etwas kaufen, oder soll ich Ihnen Ihr Wechselgeld rausgeben?«
    Vess setzt seine aufrichtigste Miene auf. Fast gelingt es ihm sogar zu erröten. »Hören Sie, tut mir leid, wenn ich ihnen auf den Schlips getreten bin. Ich bin ein Scherzkeks. Ich kann einfach nicht anders, muß die Leute immer reinlegen.«
    »Tja«, sagt der Rothaarige. »Ich habe eine sechzehnjährige Tochter. Ich weiß nicht, was daran komisch sein soll.«
    Vess dreht sich zu dem Asiaten um. »Wenn ich auf die Jagd gehe, nehme ich Trophäen«, sagt er. »Sie wissen schon – wie ein Stierkämpfer den Schwanz und die Ohren des Stiers kriegt. Manchmal ist es nur ein Foto. Geschenke für Ariel. Sie werden ihr wirklich gefallen.«
    Während er spricht, hebt er die Mossberg hoch, die von dem Regenmantel wie von einem schwarzen Sargbehang verborgen wird, nimmt sie in beide Hände, schießt den rothaarigen Kassierer vom Stuhl und pumpt eine neue Patrone in den Gewehrverschluß.
    Der Asiate. Oh, wie seine Augen sich weiten. So einen Ausdruck wird man bei einem Fisch niemals sehen.
    Noch während der Rotschopf zu Boden stürzt, schiebt dieser junge asiatische Gentleman mit den wunderschönen Augen eine Hand unter die Theke und greift nach einer Waffe.
    »Tun Sie’s nicht«, sagt Vess, »oder ich schieb’ Ihnen die Kugeln in den Arsch.«
    Aber der Asiat hebt den Revolver trotzdem, einen Smith & Wesson Chief’s Special .38, Kaliber 9,5. Also stößt Vess das Gewehr über die Theke und schießt aus nächster Nähe auf seine Brust, um mit diesem perfekten Gesicht keine Schweinerei anzustellen. Der junge Mann wird vom Stuhl gerissen und fliegt durch die Luft, und der Revolver löst sich aus seiner Hand, noch bevor er Gelegenheit hat, auch nur einen Schuß abzugeben.
    Der Rothaarige schreit.
    Vess geht zur Klapptür in der Theke und auf die andere Seite.
    Der rothaarige Kassierer mit der sechzehnjährigen Tochter, die zu Hause wartet, hat sich zusammengerollt, als wolle er das fötusähnliche Muttermal auf seiner Stirn nachbilden. Er umklammert seinen Leib, hält sich zusammen. Im Radio singt Garth Brooks »Thunder Rolls«. Nun schreit und weint der Kassierer gleichzeitig. Die Schreie hallen vom Schaufenster zurück, und das Echo des Schusses dröhnt noch in Vess’ Ohren, und jede Sekunde könnte ein neuer Kunde den Laden betreten. Der Augenblick ist schmerzhaft intensiv.
    Ein weiterer Schuß erledigt den Kassierer.
    Der Asiate ist bewußtlos und liegt im Sterben. Zum Glück ist sein Gesicht unversehrt.
    Wie ein Pilger, der vor einem Schrein niederkniet, läßt Vess sich auf den Boden sinken, während der sterbende junge Mann einen letzten rasselnden Atemzug röchelt. Ein Geräusch wie das spröde Flattern von Schmetterlingsflügeln. Vess beugt sich hinab, um den Atem des anderen tief einzuatmen. Nun gehört ein kleiner Teil der Schönheit und des Anmuts des Asiaten ihm, getragen vom Duft der Slim Jim.
    Auf Brooks folgt ein alter Song von Johnny Cash, »A Boy Named Sue«, der so albern ist, daß er die Stimmung verdirbt. Vess schaltet das Radio

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