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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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zeigen, und die Intensität der Erfahrung wird davon abhängen, welche Ziele sie verfolgt und welche Geheimnisse sie hat.
    Das Warten ist köstlich.
    Während der letzten paar Stunden der Fahrt verzichtet Vess darauf, das Radio einzuschalten, wenn auch nicht aus Angst, die Musik könne die Geräusche der Frau übertönen, falls sie durch das Wohnmobil vorwärts schleicht. Eigentlich hört er beim Fahren nur selten Radio. In seinem Gedächtnis ist ein gewaltiges Archiv von Aufzeichnungen der Musik gespeichert, die ihm am besten gefällt: das Schreien und Kreischen, die gehauchten Gebete, das feine Schluchzen, zart wie zerreißendes Papier, das pulsierende Gnadengewimmer und der erotische Anreiz der letzten Verzweiflung.
    Als er vom Highway auf die Landstraße abbiegt, erinnert er sich ganz besonders deutlich an Sarah Templeton in ihrer Duschkabine, an ihre Schreie und ihr hektisches Würgen, das von dem grünen Schwamm, den er ihr in den Mund gestopft hat, und den beiden Streifen Klebeband, die ihre Lippen versiegeln, gedämpft wurde. Nichts aus dem Radio, von Elton John über Garth Brooks und Pearl Jam bis hin zu Sheryl Crow – bis hin zu Mozart oder Beethoven, um genau zu sein –, kann sich mit diesem Unterhaltungsprogramm messen.
    Er folgt der regennassen, zweispurigen Landstraße zu seiner Privatauffahrt, die durch ein Tor gesichert ist und von Dickichten aus Fichten und dornigem Unterholz flankiert wird.
    Das Tor besteht aus Stahlrohr und Stacheldraht, seine rostfreien Stahlpfosten sind in Zementfundamente eingelassen. Es hat einen funkgesteuerten Elektromotor, und als Mr. Vess auf einen Knopf der Fernbedienung drückt, die er aus der Konsole gefischt hat, schwingt die Barriere majestätisch nach innen und links auf.
    Nachdem er das Wohnmobil aufsein Grundstück gefahren hat, hält er noch einmal an, dreht das Fenster herunter, hält die Fernbedienung hinaus und drückt erneut auf einen Knopf. Im Seitenspiegel beobachtet er, wie das Tor sich schließt.
    Die Auffahrt ist fast so lang wie die in den Weinbergen der Familie Templeton, denn sein Land umfaßt vierundfünfzig Morgen, und daran schließt sich kilometerweite Wildnis in Regierungsbesitz an. Allerdings ist er keineswegs so wohlhabend wie die Templetons; hier ist das Land viel billiger als im Napa Valley.
    Obwohl die Auffahrt nicht asphaltiert ist, besteht keine Gefahr, daß das Wohnmobil im Schlamm steckenbleibt. Der Mutterboden ist dünn, und die Fahrspur verläuft praktisch direkt auf dem darunter liegenden Schiefer. Der Weg ist ein wenig holprig, aber das ist schließlich nicht New York City.
    Vess fährt zwischen bedrohlich wirkenden Reihen hoher Kiefern, Fichten und vereinzelten Tannen einen flachen Hang hinauf, dann weichen die Bäume ein wenig zurück, und er erreicht die kahle Kuppe des Hügels. Die Straße fällt nun leicht in einer anmutigen Kurve ab und führt in ein kleines Tal, an dessen Ende sich das Haus befindet. Dahinter erheben sich im strömenden Regen und Morgennebel Hügel.
    Sein Herz schlägt schneller, als er das Haus erblickt. Zu Hause ist, wo seine Ariel geduldig wartet.
    Das zweistöckige Gebäude ist klein, aber solide, es besteht aus Baumstämmen, die mit Zement vermörtelt wurden. Die alten Stämme sind fast schwarz vor Pechschichten, und die Zeit hat den Zement tabakbraun gefärbt, einmal abgesehen von den hellbraunen und grauen Flecken, die von kürzlich erfolgten Reparaturen künden.
    Das Haus wurde in den späten zwanziger Jahren von einem Holzhändler errichtet, lange bevor die kleinen Unternehmen dem Verdrängungswettbewerb zum Opfer fielen und die Regierung das Holzfällen in den umliegenden öffentlichen Wäldern untersagte. Elektrifiziert wurde es irgendwann während der vierziger Jahre.
    Edgler Vess besitzt das Haus seit sechs Jahren. Nachdem er es gekauft hatte, hat er neue Leitungen gelegt, die sanitären Anlagen modernisiert und das Bad im ersten Stock ausgebaut. Und – natürlich völlig allein – umfassende und geheime Umbauten im Keller vorgenommen.
    Einigen Menschen mag das Grundstück abgelegen vorkommen, unangenehm weit von einem 7-Eleven oder einem Multiplex-Kino entfernt. Für Mr. Vess hingegen, dessen Vergnügungen die meisten Nachbarn sowieso nicht verstehen würden, war Abgeschiedenheit das wichtigste Kriterium beim Grundstückskauf.
    Doch selbst der überzeugteste Stadtbewohner würde an einem Sommernachmittag oder -abend eingestehen, daß auch die Abgeschiedenheit ihre Reize hat, wenn er in einem

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