Internat Lindenberg - Freundschaft in Gefahr
reiten gehen. Kann ich das tun, ohne dass du Blödsinn machst, während ich weg bin?“
„Klar, du kennst mich doch“, sagte Leonie.
Hanna fand, diese Bemerkung besagte nicht allzu viel. Sie hatte Leonie in den letzten Tagen von einer ganz anderen Seite kennengelernt. In ihrer Wut war ihr alles Mögliche zuzutrauen. Aber Hanna machte sich trotzdem auf den Weg. Das Wetter war viel zu schön, um sich den ganzen Tag herumzuärgern.
Als Sophie am späten Nachmittag aus ihrem Zimmer trat, machte sie eine schreckliche Entdeckung. Zuerst dachte sie, jemand wollte sich über sie lustig machen, denn vor ihrer Tür lag eine Querflöte aus Schokolade. Doch bei näherem Hinsehen musste sie feststellen, dass es noch viel schlimmer war. Sophie hob das Ding rasch auf und stürzte heulend ins Zimmer zurück.
Nina nahm es ihr aus der Hand und sah sofort, wofür Sophie ein paar Sekunden gebraucht hatte: Es war keine Querflöte aus Schokolade, sondern Sophies Flöte, die irgendein anonymer Scherzkeks in Schokolade getaucht hatte, sodass sie völlig damit überzogen war. Das heißt, so anonym war der Scherzkeks nun auch wieder nicht. Nina und Sophie waren sich schnell einig, wer einzig und allein dahinterstecken konnte. Niemand anderes als Leonie. Und Hanna hatte ihr vermutlich geholfen.
Nina wusste keinen besseren Rat mehr, als Frau Behrens Bescheid zu sagen. Die Lehrerin verstand zuerst kein Wort von dem, was ihr Sophie schluchzend vortrug. Aber als sie das Ding dann mit eigenen Augen sah, musste auch Frau Behrens schlucken. Sie beäugte das Objekt voller Anteilnahme und meinte dann: „Wir müssen eine Expertin hinzuziehen. Ich kenne nur eine Person, die mit so etwas klarkommen könnte.“
Die Köchin, Frau Grundmann, hatte die Schokolade schon vermisst. Ja, jemand hatte ein ganzes Stück Blockschokolade geklaut. Nein, das war garantiert erst heute passiert. „Ich habe mich schon gewundert. Auf dem Herd stand noch der Topf. Da habe ich gedacht, komisch, jemand hat sich heimlich Vanilleeis mit heißer Schokolade gemacht, bei dem Wetter, eigenartig, aber dann habe ich gesehen, dass vom Eis überhaupt nichts fehlt. Aber wer macht sich denn bei diesem Wetter heiße Schokolade? Jetzt wissen wir ja, was los war.“
„Fällt Ihnen auch etwas ein, wie wir die Querflöte wieder sauber kriegen?“, unterbrach Frau Behrens den Redefluss der Köchin. „Gibt es da ein spezielles Reinigungsmittel?“
Frau Grundmann schüttelte den Kopf.
„Mit Schwamm und Spülmittel können wir hier gar nichts ausrichten. In die Spülmaschine können wir die Flöte erst recht nicht stecken. Das gute Stück geht sonst völlig kaputt. Da muss man mit Bedacht rangehen. Lassen Sie mich nur machen.“
Sie füllte Milch in einen hohen Spargeltopf und stellte ihn in ein Wasserbad. Als die Milch ganz leicht zu dampfen begann, drehte sie die Temperatur zurück und ließ die Flöte vorsichtig in den Topf gleiten.
„Jaja, ganz vorsichtig machen wir das, mit Gefühl“, murmelte sie vor sich hin. „Ganz sanft erhitze n …“
Langsam schmolz die Schokolade und ein lieblicher Duft breitete sich in der Küche aus. Die Flöte schwamm in der schönsten heißen Schokolade, die man sich vorstellen konnte.
Frau Grundmann fischte das Instrument mithilfe einer hölzernen Grillzange aus dem hellbraunen Sud und wusch es vorsichtig mit lauwarmem Wasser ab. Ja, jetzt sah es auch wieder aus wie eine Flöte! Sophie fiel ein Stein vom Herzen.
„Eigentlich schade drum“, meinte Frau Grundmann. „Unsereins trinkt jeden Tag den billigen Kakao und hier hätten wir mal feinste Trinkschokolade. Aber wir schütten es trotzdem besser weg.“ Das Bedauern stand ihr ins Gesicht geschrieben. „Immerhin hast du diese Flöte ja ständig im Mund gehabt.“
„Am Mund“, verbesserte Sophie, der die Erleichterung anzusehen war.
Die Köchin wischte die Flöte sorgfältig mit einem weichen Baumwolltuch ab. Dann trocknete sie sie mit einem Föhn nach, der auf eine niedrige Temperatur, aber ein starkes Gebläse eingestellt war, und übergab Sophie stolz das fertige Produkt. Sophie wollte das Instrument sofort überprüfen und blies verschiedene Tonleitern. Die Mechanik schien noch in Ordnung zu sein, auch vom Klang her war kein Unterschied zu vorher festzustellen, aber die Polster der Klappen waren natürlich ruiniert. Sophie wusste nicht, ob sie sich freuen oder losheulen sollte.
Frau Behrens wusste als Lehrerin für Biologie und Chemie genau, was zu tun war. „Ich hole mal ein
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