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Internet – Segen oder Fluch

Internet – Segen oder Fluch

Titel: Internet – Segen oder Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Sascha Lobo
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Urheberrecht nicht ganz abgeschafft werden soll, ist wenigstens im deutschsprachigen Raum derzeit einer der wenigen Punkte, auf die sich fast alle Diskussionsteilnehmer einigen können. Bitte gehen Sie leise weiter und wecken Sie den schlafenden Hund nicht.
     
    Stärkung der Freiwilligkeit
Eintrittswahrscheinlichkeit: Eventuell aus Versehen
    Die Einhaltung aller gesellschaftlichen Regeln, eigentlich sogar die gesamte Zivilisation, beruht auf Freiwilligkeit. Gut, hier und da haben Drohungen, Strafen und Ängste vermutlich einen messbaren Nebeneffekt verursacht. Aber insgesamt betrachtet funktioniert ein durchschnittlich zivilisiertes Land nur deshalb, weil die allermeisten Leute weder die öffentlichen Blumenrabatten plündern noch das Obst aus den Auslagen auf dem Wochenmarkt nehmen, ohne zu bezahlen. Es ist nicht verwegen zu behaupten, dass solche Dinge deshalb nicht passieren, weil die Mehrheit der Leute es irgendwie einsieht. Warum also sollte nicht auch das Urheberrechtsproblem im Netz so gelöst werden können? Man kann auf die Einsicht des größten Teils des Publikums setzen, dass für einen Film oder ein Musikstück bezahlt wird. Diese Haltung kann man stärken, zum Beispiel durch legale Downloadangebote, die nicht wesentlich komplizierter zu handhaben sind als ihre weniger legale Konkurrenz und nicht wesentlich teurer als das, was von der Mehrheit der Nutzer als angemessen empfunden wird. Man könnte das Verständnis für die Anliegen der Rechteverwerter mehren, indem man nicht ganz so ungebremst herumabmahnt [96] . Und man kann das freiwillige Mitmachen positiv sanktionieren durch Dreingaben, die nicht kopierbar sind wie Konzertbesuche oder T-Shirts. Uneinsichtige werden scheel angesehen, aber nicht erschossen. Letztlich muss eine Gesellschaft in fast allen Bereichen mit einer gewissen Quote Uneinsichtiger zurechtkommen, ohne dass deshalb ganze Landstriche veröden. Warum nicht auch hier?
     
    Nichts tun/Rumliegen
Eintrittswahrscheinlichkeit: Im Zweifel automatisch
    Der Jurist James Boyle verglich den Stand der Urheberrechtsdiskussion in einem 1997 erschienenen Text [97] mit dem der Umweltschutzdebatte in den fünfziger oder sechziger Jahren. Es fehlten ein theoretischer Rahmen und Instrumente zur Problemanalyse ebenso wie ein Bewusstsein für die gemeinsamen Interessen scheinbar grundverschiedener Gruppen, wie beim Umweltschutz etwa der Jäger und der Vogelbeobachter. Analog zum damaligen Mangel an Umweltbewusstsein fehle es uns noch an einer Vorstellung, was die Public Domain bedeutet. Auch bei der Umweltbewegung hat es einige Jahrzehnte gedauert, bis sich die nötigen Konzepte durchsetzten. Vielleicht dauert es also einfach – wie fast alles auf der Welt – länger, als man denkt, bis die Urheberrechtsdebatte mehr als nur unkonstruktives Geschrei hervorbringt. Abwarten hätte auch den Vorteil, dass nicht übereilt hierarchische Steuerungsmodelle eingeführt und Gesetze erlassen werden, die sich keine fünf Minuten später als überholt herausstellen. Es ist immer noch einfacher, eine fehlende Regelung einzuführen, als eine einmal bestehende wieder loszuwerden.

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    15. Mark Zuckerbergs Brille
    Filter und Empfehlungen
    Alle haben Angst vor der hyperpersonalisierten Onlinewerbung und ich bekomme Tiefbaumaschinenspam.
    Max Winde/@ 343 max, Twitter, 11 . April 2012
    Die Suchmaschinen der ersten Generation waren zwar ein großer Fortschritt gegenüber einer Welt ohne Suchmaschinen. Um mit ihrer Hilfe ein brauchbares Ergebnis zu finden, musste man sich aber immer noch durch ziemlich viele Ergebnisseiten klicken. Dann kam Google, und passende Treffer fanden sich fortan schon auf der ersten Seite. Die Internetsuche wurde so schnell und zuverlässig, dass viele Nutzer sich gar nicht mehr die Mühe machten, Bookmarks zu nutzen oder URL s einzugeben, sondern alles über das Google-Suchfeld ansteuerten. Ein goldenes Zeitalter brach an, und alle waren glücklich … nein, nicht alle. «Die Suchmaschine leitet – frei nach dem Motto ‹ 10  Milliarden Fliegen können sich nicht irren› – aus der schieren Zahl der Links, die auf eine Website verweisen, deren Relevanz in der Suchanfrage ab», kritisierte Frank Patalong schon 2002 im
Spiegel
. «Google liefert nicht wirklich ‹gute› Ergebnisse, sondern massenkompatible: Sie sind für die meisten Menschen ‹gut›.» Dadurch, dass diese Seiten jetzt ganz oben stehen, werden sie noch häufiger verlinkt und gewinnen damit immer mehr

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