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Intimitaet und Verlangen

Intimitaet und Verlangen

Titel: Intimitaet und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schnarch
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einfach, was für dich selbst am besten ist. Du hast mir mehr Zeit gelassen, als ich verdient hätte.« Tom wirkte zerrissen, doch er hatte getan, was er für richtig hielt. Er wollte mit Helen zusammenbleiben, aber er war entschlossen, sie wie eine Freundin zu behandeln. Natürlich hatte sein Verhalten eine starke Wirkung auf Helen.
    Der Sex der beiden an jenem Abend war phantastisch und mit nichts, was sie vorher miteinander erlebt hatten, zu vergleichen. Tom verspürte Verlangen, und Helen fühlte sich gewollt. Sie liebten sich wie alte Freunde bei einem unverhofften Wiedersehen.
    Nach diesem Abend liebten sich Tom und Helen einen Monat lang mehrmals in der Woche. Danach kühlte die Situation wieder ein wenig ab, und die sexuellen Begegnungen gingen auf ein bis zwei pro Woche zurück. Sie verbrachten nun gemeinsam auch mehr Zeit mit anderen angenehmen Aktivitäten, so auch mit Gesprächen darüber, was der Sex jetzt für sie bedeutete. Aufgrund dieser Selbstkonfrontationen verlor Tom allmählich die Angst davor, dass Helen ihn zu kontrollieren versuche. Er fürchtete nicht mehr so sehr, durch ihre Zuwendung manipuliert zu werden.
    Drei Monate später fragte Tom Helen, ob sie ihn heiraten wolle. Daraufhin setzte Helen sich mit einigen wichtigen Fragen auseinander: Gab sie sich mit jemandem zufrieden, der sie eigentlich gar nicht richtig wollte? War Tom überhaupt in der Lage, einen anderen Menschen wirklich zu wollen? Würde sie einfach nur deshalb ja sagen, weil er sie darum gebeten hatte?
    Helens Bedenkzeit löste bei Tom eine Krise aus. Weil er nicht umgehend eine positive Antwort erhielt, brach er zusammen. Plötzlich wollte er so intensiv, dass er nicht damit umgehen konnte. Der bloße Gedanke an die Möglichkeit, dass Helen seinen Antrag ablehnen könnte, ließ ihn in einen tiefen Abgrund stürzen. Er fragte sich besorgt, ob nun vielleicht Helen das Spiel »Wenn du mich liebst, musst du …« spielte.
    Rückblickend sagte Helen sich, falls sie irgendwelche Zweifel daran gehabt habe, Tom zu heiraten, dann seien sie verschwunden, seit sie sah, wie er mit sich selbst umging. Tom sagte nicht: »Wenn du mich liebst, dann heiratest du mich«, sondern: »Helen, du musst tun, was du wirklich willst.«
    Dies war das genaue Gegenteil der typischen Reaktion seiner Mutter. Mit Toms Verlangen war nun ein völlig neuer Sinn verbunden, und der war: Du bist mir wichtig. Dieser war Ausdruck der Entwicklung, die die Vier Aspekte bei ihm durchlaufen hatten. Die Ursache hierfür war ein klareres Selbstempfinden und eine Verbesserung der Fähigkeit, mit den eigenen Ängsten umzugehen, nicht in reaktives Verhalten zu verfallen und »am Ball zu bleiben«, um zu bekommen, was er wollte . Toms Wollen war so stark, dass er es schaffte, bei sich zu bleiben, während Helen sich bemühte, ihre Entscheidung zu treffen.
    Hoffnung: »Dranbleiben«
    Der für eine Ehe charakteristische Prozess war in Toms und Helens Beziehung schon lange vor ihrer offiziellen Hochzeit in Gang gesetzt worden. Man könnte sagen, der Prozess der Ehe habe Tom und Helen geholfen, sich trauen zu lassen, weil Helen ihm das »Ja!« gegeben habe.
    Als Tom und Helen schließlich offiziell heirateten, waren sie in Wahrheitschon einige Zeit verheiratet. In ihrer Beziehung gelangte nun die Tatsache zum Ausdruck, dass Paare, wenn sie den Trauschein haben, »stärker verheiratet« werden. Dabei geht es nicht nur um eine Zeremonie zur Erneuerung des Treuegelöbnisses. Durch ihre Hochzeit bekannten sich Tom und Helen offiziell zu ihrer Wahl. Es ging nicht darum, ihrer Beziehung einen »offiziellen Anstrich« zu geben. 5
    Paare lernen generell, dass die Eheschließung ein Triumph der Hoffnung über die Erfahrung ist, und dies wird ihnen klar, indem sie gemeinsam eine emotionale Pattsituation durchleben.
    Es gibt Untersuchungen, aus denen hervorgeht, dass Paare, die kurz vor der Trennung stehen, aber dann doch zusammenbleiben, zehn Jahre später froh sind, zusammengeblieben zu sein, weil sich ihre Situation im Laufe dieser Zeit in der Regel gebessert hat. Warum das so ist, wissen Sie bereits: Die Ehe selbst ist die beste Ehetherapie, die durch Milliarden von Menschen im Laufe vieler Millionen Jahren »perfektioniert« wurde. Ich empfehle Ihnen dringend, dem Prozess der Ehe treu zu bleiben. Stellen Sie Ihre Bemühungen nicht übereilt ein. Wir schaffen

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