Intimitaet und Verlangen
braucht jedoch nicht »lauwarm« zu sein. Sie werden feststellen, dass er auf eine Weise angenehm sein kann, von der Sie sich bisher keine Vorstellung gemacht haben.
Zunächst möchte ich klarstellen, dass das, was hier mit sanftem und liebevollem Sex gemeint ist, keine bestimmte sexuelle Praxis ist, sondern eine Atmosphäre, die das sexuelle Erleben prägt. Sanfter und liebevoller Sex lässt sich nicht auf bestimmte Techniken reduzieren. Falls Sie nicht besonders liebesfähig sind oder es nicht ertragen können, zärtlich und sanft zu sein, werden Sie sich sanften und liebevollen Sex nicht erschlieÃen können.
Allerdings können Sie Ihre Fähigkeit, liebevoll und zärtlich zu sein, mit HilfeIhrer sexuellen Beziehung weiterentwickeln und verbessern. Sie können sich emotional heilen, Ihre Seele wiederbeleben und Ihre Beziehung stärken. Sie können das Gesicht, das Sie der Welt zeigen, verändern und die Kontrolle über Ihre Emotionen und insbesondere über Ihre Launen erlangen. Sanfter und liebevoller Sex kann aus Ihnen einen neuen Menschen machen. Und wahrscheinlich wird auch Ihr Gehirn dadurch »neu verdrahtet«.
Kate und Paul
Kate und Paul waren wegen Problemen mit dem sexuellen Verlangen zu mir gekommen. Sie waren seit acht Jahren verheiratet, und für beide war dies die zweite Ehe. Beide glaubten, sexuelle Probleme seien der Hauptgrund für ihre erste Scheidung gewesen. Doch Paul war auch in seiner zweiten Ehe frustriert darüber, dass es nur selten zum Sex kam, nämlich etwa einmal im Monat. Zwischen Kate und Paul bestand eine starke emotionale Verschmelzung, und die sexuellen Probleme machten ihnen sehr zu schaffen.
Kate hatte als Heranwachsende Sex mit vielen Partnern gehabt, doch in ihrer Ehe mit Paul war ihr Interesse an sexuellen Aktivitäten ebenso wie in ihrer vorigen Ehe schnell zum Erliegen gekommen. Sie hatte zwar gelegentlich Orgasmusprobleme, doch glaubte sie nicht, dass sich dies negativ auf ihr Interesse an Sex auswirkte. Vielmehr fühlte sie sich durch Pauls Orgasmusprobleme wesentlich stärker beeinträchtigt.
Paul kam häufig nicht zum Orgasmus, und wenn es ihm gelang, dauerte es 30 Minuten oder länger. Die Aufmerksamkeit beider Partner war dann ausschlieÃlich darauf konzentriert, ihn zum Orgasmus zu bringen. Im Anschluss daran fühlten Kate und Paul sich oft erschöpft und stellten deshalb unmittelbar nach der Ejakulation jede weitere Aktivität ein. Wenn Paul nicht zum Höhepunkt kam, rollte er sich irgendwann im Bett auf die Seite und brach den Kontakt zu Kate ab. So oder so war Sex für beide nicht besonders erfreulich, und sie fühlten sich danach noch schlechter als vorher. Kate lernte, dass Erregung sich nicht »auszahlte«, weil die Situation für sie letztendlich sowieso enttäuschend enden würde.
Beide Partner hatten auch Schwierigkeiten damit, ihre Emotionen zu regulieren. Paul hatte »emotionale Ausbrüche«, und Kate litt häufig unter plötzlich auftretenden depressiven Episoden. Dies ging einher mit einer erheblichen Schwächung ihres Selbstwertgefühls und starken Unzulänglichkeitsgefühlen. Beide Partner fühlten sich meist sehr unruhig und angespannt. Paul hatte in seinemganzen Leben Emotionsausbrüche in Form von Wutanfällen, heftiger Verteidigung sowie Anklagen und Beschuldigungen gehabt.
Dass zwischen Kate und Paul eine starke Anspannung bestand, war von Anfang an deutlich und erschwerte die therapeutische Arbeit. Beide waren sehr zurückhaltend. SchlieÃlich ergriff Kate die Initiative, indem sie erklärte, warum sie zum Sex mit Paul nicht bereit sei: Sie sei zu wütend auf ihn und habe kein Interesse daran, sich weiter mit sinnlosen und frustrierenden Versuchen abzumühen. Sie erklärte, ihre Beziehung befinde sich im Grunde eher in der Phase des »Händchenhaltens« als in der reifer sexueller Aktivität. Diese ÃuÃerung quittierte Paul mit einem gequälten Auflachen.
Daraufhin sagte ich, es könne sehr nützlich sein, einander an den Händen zu halten, je nachdem, wie man dies mache. Dann fragte ich beide, ob sie bereit seien, einander in diesem Moment die Hände zu halten. Kate hielt das für abwegig und Paul hielt es für kindisch â doch schlieÃlich erklärten sich beide dazu bereit.
Zunächst forderte ich sie auf, einander einfach die Hände zu halten, ohne dass ich konkretere
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