Intimitaet und Verlangen
zentrieren, würden ihnen die Atemzüge des Partners bewusst werden, ohne dass sie die Fokussierung auf den eigenen Atem aufzugeben bräuchten. Und wenn ihnen das gelungen sei, hätten sie eine wichtige Lektion darüber gelernt, wie Beziehungen wirklich funktionierten.
Als Kate und Paul zur nächsten Sitzung kamen, berichteten sie, das soeben Beschriebene sei ihnen mehrmals gelungen. Kate sagte, aufgrund meiner Vorbereitung hätte sie sich stärker auf sich selbst konzentrieren können. Mehrmals sei sie gleichzeitig ihrer selbst und Pauls gewahr gewesen. Einmal sei dies auch Paul gelungen. Ich erklärte ihr, sie hätte den Aufbau einer positiven körperlichen und emotionalen Verbindung zu ihrem Partner erlebt, ohne die Verbindung zu sich selbst zu verlieren. Es war ein Zeugnis der Vertiefung ihrer kollaborativen Allianz.
Augenblicke der Begegnung schaffen
Kate und Paul berichteten auch über einen besonderen Augenblick, in dem sie ihrer selbst und ihres Partners sehr bewusst gewesen seien und gemeinsam eine bestimmte Erlebensweise zugelassen hätten. Beiden war klar, dass ihr Partner daran interessiert war, dass ein solcher Augenblick entstand, und dass er dies genoss. Beide hatten ihr eigenes subjektives Erlebnis, das gleichzeitig ein sehr intensives gemeinschaftliches Erleben war.
Ich erklärte Kate und Paul, das Beschriebene sei ein »intersubjektives Erlebnis«, ein Augenblick der Begegnung . Solche Erlebnisse spielten in Beziehungen zwischen Menschen von ihrer Geburt an eine wichtige Rolle und insbesondere beim Sex. Kate und Paul bestätigten die Einschätzung, dass es sich um ein Erlebnis von anderer Qualität handle, und sie sagten, sie hätten beim Sex ganz sicher noch nichts Derartiges erlebt.
Kates und Pauls Körper, Geist und Gehirn hatten sich auf friedliche und sehr wirkmächtige Weise miteinander verbunden. Beim Genitalverkehr waren sie im Geiste gewöhnlich Millionen von Meilen voneinander entfernt gewesen. Katesagte, ihr gefalle es besser, mit Paul zusammen Umarmen bis zur Entspannung auszuführen, als mit ihm Sex zu haben. Paul war sich da nicht so sicher. Ich äuÃerte die Vermutung, wenn Kate sich auf Augenblicke der Begegnung beim Sex freue, finde sie wahrscheinlich auch am Sex selbst Gefallen.
Wir entwickelten ein neues und sinnreicheres Bild dessen, was beim Sex zwischen den beiden und in ihnen geschah. Als Kate und Paul sich am Ende unserer Sitzung verabschiedeten, sahen sie ihre Schwierigkeiten in einem günstigeren und hoffnungsvolleren Licht. Dieses Bild brachte alles, was sie gemeinsam erlebt hatten, in einen Zusammenhang und eröffnete ihnen Möglichkeiten, ihre Situation durch physische Handlungen zu verbessern. Statt sich dem Lauf der Dinge ausgeliefert zu fühlen, konnten sie nun ihrem Willen Ausdruck geben.
Das Bild, das Sie entwickeln, ist wichtig. Sie müssen etwas tun , um Ihr Gehirn zu veranlassen, anders zu denken. Dazu ist mehr erforderlich, als nur positivere innere Selbstgespräche zu führen und jeden Morgen Selbstaffirmationen zu rezitieren. Sie müssen Ihre Erlebnisse im Zusammenhang verstehen â insbesondere Ihre Erfolge. Wie Sie Dinge verarbeiten und organisieren, ist von erheblicher Bedeutung. In Anbetracht der Myriaden existierender psychologischer Theorien und Ansätze können Sie Ihr Erleben praktisch auf jede beliebige Art organisieren. Doch leider sind die Erklärungen, die Ihrem subjektiven Erleben entsprechen und Ihnen intuitiv einleuchten, nicht unbedingt zutreffend.
Wenn Sie wissen, warum Sie in bestimmten Fällen erfolgreich waren, können Sie Ihre weiteren Bemühungen gezielter organisieren. Wenn Sie die entscheidende Zutat erkennen, können Sie diese beim nächsten Mal gezielt einsetzen. Beispielsweise hätten Kate und Paul ihren intersubjektiven Augenblick in dem Sinne verstehen können, dass sie sich während ihrer Begegnung sicherer und geborgener fühlten. Nun ist dies zwar eine sehr verbreitete Deutung, doch sie führt häufig zu einer Katastrophe. Würden Sie dann nämlich das nächste Mal versuchen, den Zustand zu erreichen, in dem Sie sich »sicher und geborgen« miteinander fühlen, so würde dies zur Stärkung ihrer emotionalen Verschmelzung und ihrer Funktionsübertragung sowie zu unangenehmen Empfindungen führen, die noch demoralisierender wirken.
Ich erinnerte Kate und Paul daran, wo sie ihren Weg begonnen hatten
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